Bad Berleburg. „Ich habe ihn nur drei oder vier Mal als Arschloch bezeichnet.“ Der Rentner, im Gerichtssaal laut und ungezügelt, sieht sich dennoch im Recht.

„Ich habe ihn nur drei oder vier Mal als Arschloch bezeichnet“, sagt am Freitagmorgen ein uneinsichtiger 68-jähriger Bad Laaspher vor dem Amtsgericht Bad Berleburg, der sich wegen Beleidigung in sechs und wegen Hausfriedensbruchs in drei Fällen verantworten muss. Für die Hausfriedensbrüche verurteilt Richter Torsten Hoffmann den Rentner unter Berücksichtigung erheblich verminderter Schuldfähigkeit zu einer Gesamtgeldstrafe von 250 Euro. Hinsichtlich der sechs Beleidigungen gibt es einen Freispruch, denn: Durch eine paranoide Schizophrenie ist der Angeklagte vollumfänglich schuldunfähig.

Die Unzurechnungsfähigkeit des 68-Jährigen belegt ein Gutachten von Dr. med. Bernd Roggenwallner, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, der während des Hauptverhandlungstermins anwesend ist.

Der Lautstärkepegel im Sitzungssaal ist ungewöhnlich hoch, der Beschuldigte reizbar, teilweise ungezügelt. Die Staatsanwaltschaft Siegen legt dem 68-Jährigen zur Last, im Zeitraum September bis November 2020 drei Mal in Bad Laaspher Geschäften oder Einrichtungen verblieben zu sein, obwohl er mehrfach aufgefordert worden war, sie zu verlassen. Außerdem habe er eine Lokalität betreten, in der er bereits Hausverbot hatte. Im Zuge der Hausfriedensbrüche soll der Angeklagte Zeugen als „Arschloch“, „Betrüger“, und „Dreckschwein“ betitelt haben.

Die Taten

Im Dezember 2020 habe der Beschuldigte der Staatsanwaltschaft Siegen und der Polizei außerdem ein Schreiben mit Beleidigungen zukommen lassen. „Ich habe ‚hallo Fotze‘ gesagt, das war keine Beleidigung“, äußert sich der 68-Jährige, der sich seiner Schuld offensichtlich nicht bewusst ist.

Laut eigener Aussage fühlt sich der Bad Laaspher von sämtlichen Menschen betrogen und benachteiligt. Daher stamme auch seine Motivation, diverse Menschen zu beleidigen.

Der Sachverständige

Der Sachverständige Bernd Roggenwallner weiß eine Erklärung für das Verhalten des Angeklagten: Der 68-Jährige leide an einer paranoiden Schizophrenie mit ausgeprägter Symptomatik. Sein Denken und Ideen seien wahnhaft und verworren, sein Verhalten häufig affektiv.

„Er neigt dazu, Dinge auf sich zu beziehen. Er handelt aus einer paranoiden Welt heraus“, so der Gutachter. Der 68-Jährige glaube, Menschen handeln zu seinem Nachteil und sämtliche alltägliche Dinge geschehen, um ihm persönlich zu schaden. Er sehe sich stets im Recht und könne das Unrecht seiner Taten — zumindest im Hinblick auf die Beleidigungen — aufgrund seines Wahns nicht sehen.

Doch hinsichtlich der Hausfriedensbrüche erkennt der Sachverständige noch eine gewisse Steuerungsfähigkeit bei dem Angeklagten. Dem 68-Jährigen sei bewusst gewesen, dass er die Räumlichkeiten hätte verlassen müssen oder gar nicht erst hätte betreten dürfen.

Der Angeklagte

„Das ist kein Wahn, das ist die Logik. Ich bin nicht wahnerkrankt und war es auch nie. Das wurde mir angehängt“, sagt der Beschuldigte — und fällt dem Gericht wiederholt ins Wort. Die Verhandlung sei nach seinem Geschmack zu kurz gewesen: „Ich möchte ins Detail gehen und ich möchte ein Urteil, das ich akzeptieren kann.“

Die Geldstrafe von 250 Euro erscheint dem 68-Jährigen jedenfalls nicht gerechtfertigt. Er kündigt an, in Berufung zu gehen. Seiner Ansicht nach hat er keine Hausfriedensbrüche begangen, da es sich um Geschäfte und Einrichtungen gehandelt habe, nicht aber um das „Zuhause“ von jemandem. Das Gesetz definiert Hausfriedensbruch allerdings anders.