Bad Berleburg. Warum die Anbindung ein „Ewigkeitsthema“ sei, erklärt EJOT-Chef Christian Kocherscheidt im Gespräch mit SPD-Landespolitiker Thomas Kutschaty.

Die schlechte Verkehrsanbindung Wittgenstein, vor allem an das Siegerland, aber auch hinüber nach Hessen – für Christian Kocherscheidt, Geschäftsführer der EJOT-Unternehmensgruppe mit Sitz in Bad Berleburg, ist sie ein klassisches „Ewigkeitsthema“. Die Wege über den Rothaarkamm seien „beschwerlich“, die Fahrt ins 42 Kilometer entfernte Siegen könne tagsüber bei viel Lkw-Verkehr schon mal anderthalb Stunden dauern. „Wäre das Projekt ,Route 57’ also ein Meilenstein?“ Thomas Kutschaty, der SPD-Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten in NRW, möchte es bei seinem Besuch in dem Wittgensteiner Unternehmen wissen.

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Gemeinsam mit dem heimischen SPD-Landtagskandidaten Samir Schneider aus Bad Laasphe ist Kutschaty im Altkreis unterwegs – und erkundigt sich hier bei EJOT nach der wirtschaftlichen Situation des weltweit aktiven Unternehmens. Die sogenannte „Route 57“ als einer Reihe von Ortsumgehungen, die Wittgenstein mit dem Siegerland im Westen und Hessen im Osten verbinden sollen, sind für Kocherscheidt ein Traum – aber schon viel zu lange. Denn die Pläne, die es dafür schon seit Jahrzehnten gibt, würden von Gegnern immer wieder ausgebremst. „Man kann ja sofort alles verhindern“, kritisiert der Unternehmer „unser System“. Und deshalb drehe sich die Entwicklung im Kreis, „was die Anbindung nach Siegen angeht“.

Kutschaty: Planungsverfahren für den Straßenbau beschleunigen

Was tun? Vielleicht die marode Verkehrsinfrastruktur modernisieren, auch auf der Schiene? So regt es Kandidat Samir Schneider an. Doch Christian Kocherscheidt ist nicht unbedingt optimistisch mit Blick auf die nächsten zehn, 20 Jahre, was die „Route 57“ betrifft.

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„Wir müssen auch besser werden in den Planungs- und Genehmigungsverfahren“, findet SPD-Landespolitiker Kutschaty. Und dabei vor allem schneller. Der Ansatz der Sozialdemokraten auf NRW-Landesebene: eine ganz frühe Bürgerbeteiligung, noch ehe die Reinzeichnungen der Baupläne da seien. Und dann verkürzte Stichtagsregelungen für Einsprüche gegen die Bauprojekte, weniger Klage-Instanzen. Allerdings sei das Geld in den öffentlichen Haushalten knapp, räumt Thomas Kutschaty ein – den Bau neuer Straßen müsse man auch bezahlen können.

Im lockeren Gespräch: die beiden Sozialdemokraten Samir Schneider (links), Thomas Kutschaty (Mitte) und EJOT-Geschäftsführer Christian Kocherscheidt.
Im lockeren Gespräch: die beiden Sozialdemokraten Samir Schneider (links), Thomas Kutschaty (Mitte) und EJOT-Geschäftsführer Christian Kocherscheidt. © Eberhard Demtröder

Firmen-Sprecher: „Oft bewerben wir uns bei den jungen Leuten“

Stichwort Fachkräfte-Mangel? Hier fragt SPD-Landtagskandidat Samir Schneider bei Geschäftsführer Kocherscheidt nach. „Schon aufgrund der Demografie“ werde es immer schwieriger, geeignete Fachkräfte zu finden, bedauert der EJOT-Geschäftsführer ein. Nicht günstig sei, dass viele Jugendliche lieber studierten, als eine Ausbildung zu beginnen. „Oft bewerben wir uns bei den jungen Leuten“, ergänzt Unternehmenssprecher Andreas Wolf. Zum Glück habe Bad Berleburg eine gut funktionierende Hauptschule, lobt Kocherscheidt. Und: EJOT sei „so ein Leuchtturm in Wittgenstein – bei uns will man gerne arbeiten“, merkt er an.

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Möglichst klimaneutrale Produkte – sie würden bei Unternehmen verschiedener Branchen auch in unserer Region immer stärker nachgefragt. „Merken Sie das schon?“, hakt Kutschaty beim Geschäftsführer nach. Natürlich habe EJOT den CO2-Fußabdruck der Schraube im Blick, macht Kocherscheidt deutlich. „Die Herausforderung ist da“, sagt er mit Blick etwa auf den „Green Deal“ – der politischen Selbstverpflichtung der EU, möglichst bald klimaneutral zu wirtschaften. Hier sei nicht zuletzt die Produkt-Entwicklung im eigenen Hause gefragt, so Kocherscheidt.

Kocherscheidt: Elektro-Mobilität bietet „Riesenchancen“

Die EJOT-Unternehmensgruppe mit Sitz in Bad Berleburg habe 2021 bei einem Umsatz von rund 617 Millionen Euro ihr „bestes Jahr in der Firmengeschichte“ gemacht, berichtet deren Geschäftsführer Christian Kocherscheidt. „Riesenchancen für unser Unternehmen“, um mehr eigene Produkte bei den Auto-Zulieferern abzusetzen, sieht er derzeit in der Elektro-Mobilität.

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Derzeit beschäftige EJOT, Hersteller von Spezial-Schrauben für die Automobil- und Bau-Industrie, in 38 Gesellschaften rund 3870 Mitarbeiter und strebe hier die 4000er-Marke an, erläutert Kocherscheidt. Ziel sei es, den eigenen Anteil am Geschäft vor allem in Amerika und Asien deutlich zu steigern.

Acht Prozent des Umsatzes sind 2021 in das Unternehmen reinvestiert worden. In diesem Jahr feiert die Unternehmensgruppe ihr 100-jähriges Bestehen.