Wittgenstein/Bad Berleburg. Krebs gehört zu den häufigsten Todesursachen – so auch in Wittgenstein. Die Zahlen steigen an. Die wichtige Vorsorgeuntersuchung wird gebremst.

Nach wie vor ist Krebs die Todesursache Nummer 1. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamts ist Krebs für ein Viertel aller Todesfälle in Deutschland verantwortlich. So starben 2019 rund 231.000 Frauen und Männer an den Folgen einer Tumorerkrankung. Im Alter zwischen 45 und 65 Jahren ist Krebs die häufigste Todesursache in Deutschland.

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Die Zahl der Sterbefälle durch eine „bösartige Gewebeneubildung“ ist im Kreis Siegen-Wittgenstein sogar steigend. Das legen Auswertungen des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik zwischen 2010 und 2020 nahe. Darin schneidet der Kreis sogar schlechter ab als die südwestfälischen Nachbarn und als der Landesschnitt NRW.

Das Landesamt IT.NRW stellt diese Statistik zur Verfügung. Wichtig sind die vergleichbaren Zahlen pro 100.000 Einwohner.
Das Landesamt IT.NRW stellt diese Statistik zur Verfügung. Wichtig sind die vergleichbaren Zahlen pro 100.000 Einwohner. © funkegrafik nrw | Anda Sinn

Umso größere Bedeutung kommt Vorsorgeuntersuchungen zu. Interessanterweise veröffentlichten zwei Krankenkassen zu diesen Thema jüngst ganz unterschiedliche Ergebnisse für Siegen-Wittgenstein. Diese Zahlen haben wir mit den Beobachtungen des Bad Berleburger Krankenhauses abgeglichen. In der Vamed-Akutklinik und dem angeschlossenen MVZ mit seinen diagnostischen Möglichkeiten können viele Vorsorgeuntersuchungen gemacht werden.

Das sagt die AOK

Die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) richtet jetzt zum Weltkrebstag am vergangenen Freitag, 4. Februar einen dringenden Appell an die Bevölkerung: „Ausgefallene Termine zur Krebsvorsorge wegen der anhaltenden Corona-Pandemie sollten schnellstens nachgeholt werden. Denn die Chance der frühen Diagnostik sollte unbedingt genutzt werden“, sagt AOK-Serviceregionsleiter Dirk Schneider. Besonders Männer sind beharrliche Vorsorgemuffel. Nach einer aktuellen Auswertung waren 2020 im Kreis Siegen-Wittgenstein nur 17,7 Prozent der Männer über 45 Jahren bei der Krebs-Früherkennung. Im Vorjahr waren es 20 Prozent.

Das sagen Klinik und MVZ

„Die Ergebnisse der AOK-Studie können wir für das Medizinische Versorgungszentrum Bad Berleburg in dieser Form nicht bestätigen: Wir verzeichnen keinen signifikanten Rückgang der in Anspruch genommenen Vorsorgeuntersuchungen seit Beginn der Pandemie, wenngleich die Anzahl immer einer normalen Schwankung unterliegt. Dennoch ist es uns wichtig zu betonen, dass in keinem Fall auf eine Vorsorgeuntersuchung oder eine Akutbehandlung verzichtet werden sollte! Viele schwere Erkrankungen lassen sich gut behandeln, wenn sie rechtzeitig diagnostiziert und therapiert werden. Die Zeit ist dabei ein entscheidender Faktor.“, sagt der ärztliche Direktor der Bad Berleburger Vamed-Akutklinik, Dr. Lars Pietschmann.

Ärztlicher Direktor der Vamed Akutklinik: Dr. Lars Pietschmann.
Ärztlicher Direktor der Vamed Akutklinik: Dr. Lars Pietschmann. © WP | Vamed

„In der Vamedklinik Bad Berleburg mussten wir in den vergangenen Jahren der Pandemie feststellen, dass viele Patienten erst sehr spät den Weg in die Klinik gewagt haben – die Befunde waren dadurch gerade bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder den Krebsleiden im Durchschnitt schwerer und die Prognosen schlechter. Wir vermuten, dass in vielen Fällen die Angst vor dem Coronavirus ein ausschlaggebender Grund war, um eine Akutbehandlung aufzuschieben oder zu vermeiden. Dabei werden gerade Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter medizinischer Einrichtungen regelmäßig in der Einhaltung von Hygiene- und Schutzmaßnahmen geschult – ganz unabhängig von einer Pandemie gehört die gründliche Desinfektion von Händen oder die Sterilisation von Oberflächen und Instrumenten zu den Grundlagen der ärztlichen und pflegerischen Tätigkeit. Zögern Sie daher nicht, bei Beschwerden einen Arzt oder ein Krankenhaus aufzusuchen - neben Covid-19 gibt es noch weitere Krankheiten, die unbehandelt schwer oder gar tödlich verlaufen können“, sagt der Mediziner.

Das sagt die DAK

Die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) zieht eine positive Bilanz: In der Pandemie nutzen die Deutschen wieder verstärkt Krebsvorsorgeuntersuchungen. So wurden im ersten Halbjahr 2021 rund 14 Prozent mehr Screenings als im Vergleichszeitraum des Vorjahres durchgeführt. Besonders stark war die Zunahme bei Mammographie-Untersuchungen. Sie stiegen um 44 Prozent. Das ist das Ergebnis einer Sonderanalyse der DAK-Gesundheit für die ersten Halbjahre 2019, 2020 und 2021 – auf Basis der aktuell verfügbaren Daten. Laut Studie nahmen auch Hautkrebs-Screenings um 18 Prozent zu. Insgesamt lag die Inanspruchnahme von Krebsvorsorgeuntersuchungen 2021 aber noch rund zwölf Prozent unterhalb des Vor-Corona-Niveaus von 2019. „Die Zunahme von Krebsvorsorgeuntersuchungen ist ein positives Signal“, sagt Frank Filipzik von der DAK Gesundheit. „Unser Ziel muss es sein, bei der Krebsprävention den Stand vor der Corona-Pandemie zu erreichen.“