Bad Berleburg. Amtsrichter Torsten Hoffmann verurteilt den psychisch kranken 52-Jährigen zu acht Monaten Haft auf Bewährung und 100 Sozialstunden.
„Ich habe meinen Ausweis zerklopft und wollte Reichsbürger werden. So ein Schwachsinn“, erinnert sich am Dienstagmittag ein Angeklagter im Amtsgericht Bad Berleburg an jenen Tag im September 2020 zurück, als er im Mittelpunkt eines Polizeieinsatzes gestanden hatte. Der 52-jährige Bad Berleburger scheint sein damaliges Verhalten selbst kaum fassen zu können.
Nun musste der Beschuldigte wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und vorsätzlicher Körperverletzung auf der Anklagebank Platz nehmen. Richter Torsten Hoffmann verurteilte den 52-Jährigen unter Berücksichtigung erheblich verminderter Schuldfähigkeit zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung. Außerdem ist der Angeklagte dazu verpflichtet, 100 Sozialstunden abzuleisten und mit einem Bewährungshelfer zusammenzuarbeiten.
Die Hintergründe
Polizeibeamte waren im September 2020 zur Bad Berleburger Wohnanschrift des Angeklagten gerufen worden, weil dieser im Garten mit einer Axt auf seinen Personalausweis eingeschlagen haben soll. Nach einem zunächst friedlichen Gespräch zwischen der Polizei und dem 52-Jährigen sei der Beschuldigte plötzlich aggressiv geworden.
Lesen Sie auch: Bad Laasphe: Widerstand und Beleidigung teuer bezahlt
„Der mag Polizei nicht“
Die Lebensgefährtin des Angeklagten soll die Polizeibeamten noch gewarnt haben: „Der mag die Polizei nicht.“ Doch weil der Umgang anfangs sehr freundlich war, habe niemand mit einer solchen Eskalation gerechnet. Der Beschuldigte geriet in den Jahren 1986 bis 2008 regelmäßig mit dem Gesetz in Konflikt – darunter im Jahre 2008 in einschlägiger Natur: Hier soll er Polizisten gekniffen und gebissen haben.
Dabei soll er einem Polizisten mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Der habe eine Schwellung am Kinn erlitten. Gegen eine Fixierung und weitere Maßnahmen habe sich der Angeklagte körperlich massiv gewehrt. Später sei der Bad Berleburger in einer Psychiatrie untergebracht worden, in der er freiwillig sechs Wochen blieb. „Ich gebe es zu. Es ist passiert. In der Zeit war ich manisch-depressiv. Es tut mir leid“, äußerte sich der 52-Jährige zu den schwerwiegenden Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft Siegen.
Am Tattag hat er laut eigener Aussage Schnaps getrunken — und das vertrage sich nicht mit den Medikamenten, die er wegen seiner psychischen Krankheit einnehmen müsse. Ein medizinisches Gutachten, das dem Gericht vorliegt, bestätigt eine akute Psychose, unter welcher der Angeklagte während der Straftaten gelitten hatte. In dem Gutachten ist weiterhin die Rede von einer paranoiden Schizophrenie.
Der geschädigte Polizist
Der geschädigte Polizist erinnert sich noch recht detailliert an den Vorfall vor gut einem Jahr. Als der Beamte mit seinen Kollegen an der Wohnanschrift des Angeklagten eingetroffen war, habe sich dieser in der Wohnung befunden. „Er war völlig ruhig. Wir haben normal miteinander gesprochen. Doch dann war es, als hätte man einen Schalter umgelegt“, so der Polizist. Die Situation sei plötzlich und ganz unerwartet aus dem Ruder gelaufen. Der Angeklagte sei auf den Polizisten zugegangen, habe ihn gefragt: „Soll ich dir eins in die Fresse hauen?“ und im gleichen Moment seine Worte in die Tat umgesetzt. „Er war außer Rand und Band“, berichtet der Beamte.
Lesen Sie auch: Saßmannshausen: 62-Jährige reagiert nicht auf Blaulicht
Auf Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel und auch auf Richter Hoffmann machte der mehrfach Vorbestrafte in der Hauptverhandlung einen vernünftigen Eindruck. Aber sie sind sich einig: „Sie müssen die Medikamente nehmen, damit Sie sich benehmen, wie Sie es heute tun — und damit es zu keinen weiteren Straftaten kommt.“
Aktuell befinde sich der 52-Jährige laut eigenen Anhaben in psychologischer Behandlung und nimmt seine Medikamente regelmäßig. Er entschuldigte sich bei dem zu Schaden gekommenen Polizisten. „Ich glaube Ihnen, dass es Ihnen leid tut. Sie waren nicht mehr Herr Ihrer Sinne“, kommt der Polizeibeamte dem 52-Jährigen entgegen.