Bad Laasphe. Am Städtischen Gymnasium läuft die „Juniorwahl“ parallel zur Bundestagswahl. Welche Parteien Schüler der Oberstufe wählen würden.
Warteschlange vor dem Wahlraum. Die Wahlzettel gibt’s bei den Wahlhelfern. Wahlkabine und Wahlurne sind aufgebaut. Im Städtischen Gymnasium Bad Laasphe wurde schon am Montag gewählt – und zwar im Rahmen der „Juniorwahl“ parallel zur Bundestagswahl. Dazu aufgerufen waren 175 Schülerinnen und Schüler der Oberstufe. Eine gute Übung – auch, um „das Wahlsystem zu verstehen“, findet Nick Leineweber (19). Er stimmt auch bei der echten Bundestagswahl mit ab – als Erstwähler.
Lesen Sie auch: Bad Laasphe: Städtisches Gymnasium jetzt „Naturpark-Schule“
Leineweber ist aber außerdem selbst politisch aktiv – als FDP-Mitglied in seiner hessischen Heimat Eschenburg. Und es sei „eine starke Forderung“ seiner Partei, das Wahlalter grundsätzlich auf 16 herunterzusetzen. „Dann könnte jetzt unsere ganze Oberstufe an der Bundestagswahl teilnehmen.“
David macht aus seiner Wahl kein Geheimnis
David Koch zum Beispiel. Er ist 17 und hat die letzten Wochen im Fach Sozialwissenschaften (Sowi) „einen Crashkurs“ mitgemacht, in dem auch alle im Kreis Siegen-Wittgenstein wählbaren Parteien und ihre Kandidaten vorgestellt worden seien. Denn sie stehen auch in der simulierten „Juniorwahl“ ganz außer Konkurrenz zum echten Vorbild zur Auswahl. Aus seiner ganz persönlichen Wahl macht David jedoch kein Geheimnis. Er habe „Die Partei“ gewählt, verrät er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Das ist eine Spaßpartei, die aber auf wichtige Probleme hinweist.“
Lesen Sie auch: Birgit Klinkert verlässt Städtisches Gymnasium Bad Laasphe
Davids Mitschüler Schüler Stefan Schneider findet „Die Partei“ ebenfalls „witzig“ und „beliebt“. Auch der 20-Jährige gehört zu den Erstwählern. Bei ihm im Sowi-Leistungskurs sei es vor allem um die finanz- und wirtschaftspolitischen Positionen der Parteien gegangen – aber durchaus auch um die „Triells“, die Streitgespräche der drei Kanzler-Kandidaten live im Fernsehen.
Zentrale Frage im Unterricht: Was bietet die Politik der Jugend?
Diese Runden waren im Unterricht von Emmy Eith ebenfalls ein Thema. Die 16-Jährige hat außerdem in den TV-Nachrichten der „Tagesschau“ einiges über die Bundestagswahl mitbekommen. Richtig wählen darf sie aber erst beim nächsten Durchgang in vier Jahren. Und wie wird Emmy da wohl wählen? Darüber macht sie sich heute noch keine Gedanken. Schließlich: „Man weiß ja nicht, was die Parteien so zeigen in den nächsten Jahren“, sagt sie.
Lesen Sie auch: Bad Laaspher Schüler machen Planetenpfad digital erlebbar
Über die letzten vier Wochen hinweg sei die „Juniorwahl“ – an der in Wittgenstein übrigens nur das Städtische Gymnasium Bad Laasphe teilnimmt – Thema im Unterricht der gesamten Oberstufe mit den Jahrgangsstufen 11 bis 13 gewesen, berichtet Sowi-Lehrer Andreas Glink. Zentrale Fragen: Was bieten die Wahlprogramme speziell der Jugend? Was bedeuten Erst- und Zweitstimme? Und die EF-Schüler der Jahrgangsstufe 11 seien in einem Planspiel selbst als Kandidaten angetreten, ergänzt Glinks Sowi-Kollege Martin Schelberg.
Bürgermeister: Gut, dass sich die Schüler mehr Gedanken machen
Schulleiterin Corie Hahn sieht die „Juniorwahl“ auch als gute Vorbereitung auf das Projekt „Schüler in der Politik“ im nächsten Jahr. Dabei solle den Jugendlichen vermittelt werden, wie es ist, politisch tätig zu sein – etwa im Stadtrat.
Lesen Sie auch: Bad Laasphe: Luftfilter an Schulen bleiben eher die Ausnahme
Mit dem Wissen rund um die Wahl werde für die Schüler auch deutlich, dass so ein gewählter Stadtrat „nicht vom Himmel fällt“, sagt Bad Laasphes Bürgermeister Dirk Terlinden, der auch im Wahlraum vorbeischaut. Er begrüßt es, wenn sich die Schüler in Sachen Politik „viel mehr Gedanken machen“ – und dann gar nicht erst auf die Idee kämen, „ich brauche nicht zur Wahl zu gehen“.
Mehr Infos im Internet: www.juniorwahl.de
Kommentar: Nur so retten wir die Demokratie
Wählen gehen – aber wie? Ist das nicht zu aufwändig? Wie beantrage ich eigentlich Briefwahl? Wer auf diese und andere Frage keine Antworten findet, könnte tatsächlich ganz schnell auf die Idee kommen, einfach gar nicht zu wählen. Allerdings: Wenn das jeder täte, käme unsere Demokratie und die damit verbundenen Bürger-Freiheiten schnell unter die Räder.
Umso wichtiger ist es, beispielsweise jugendliche Wahl-Anfänger mit den Regeln rund um die Stimmabgabe vertraut zu machen. Die „Juniorwahl“ im Städtischen Gymnasium Bad Laasphe ist ein gutes Beispiel dafür. Ein Gewinn nicht nur für die Politik, sondern auch für die jungen Wähler.
Eberhard Demtröder