Bad Berleburg. „Wir haben seit fast einem Jahr geschlossen und die Kosten laufen weiter“, berichtet Barbetreiber Jürgen Struth.
„Wenn ich daran denke, kommen mir die Tränen“, sagt Jürgen Struth. Der Besitzer von Wittgensteins einzigem Nachtclub bietet die „Bar l’Amour“ jetzt zum Kauf an. „Nicht weil ich verkaufen will, sondern weil es so nicht weitergehen kann“, sagt der 65-Jährige im Gespräch mit dieser Zeitung.
Schuld an der Misere ist wie bei vielen anderen Gastronomen auch die Corona-Pandemie: „Wir haben seit fast einem Jahr geschlossen und die Kosten laufen weiter“, berichtet Struth. „Wenn ich bis Juli oder August nicht wieder öffnen kann, bleibt mir gar nichts anderes übrig, als zu verkaufen. Am liebsten wär es mir aber, wenn ich das Geschäft weiterführen könnte oder jemanden finde, der es weiterführen will“, sagt Struth.
Kaufpreis steht fest
Für 319.000 Euro ist die Kombination aus „liebevoll saniertem Einfamilienhaus und Gewerbeimmobilie“ bei Immobilienscout24 im Internet inseriert. Dafür bekommt man dann 350 Quadratmeter Wohnfläche, Baujahr 1957, die zuletzt 2010 saniert worden sind. Die Wohnfläche oder Gewerbefläche erstreckt sich mit acht Zimmern – davon vier Schlafzimmer und ein Bad – über zwei Etagen. Dazu gehören außerdem 400 Quadratmeter Grundstück und ein Carport. Das Inserat verfügt über 14 Fotos von innen und außen.
„Wir haben aber bewusst nicht so viele Innenaufnahmen aus dem Club eingestellt“, sagt Jürgen Struth. Ein beauftragter Makler habe ihm geraten, das Haus jetzt zu inserieren, selbst wenn er es im Grunde jetzt noch gar nicht verkaufen wolle. So aber seien die Chancen am größten, Interessenten zu finden. Aber auch da hat Jürgen Struth klare Vorstellungen. Nicht jeder komme infrage. Dafür habe er in der Vergangenheit zu viel investiert.
Stolz auf sauberes Haus
„Ich verfüge über eine Lizenz für einen Nachtclub“, berichtet Jürgen Struth, der die Bar seit dem 15. April 2012 betreibt. Er ist stolz darauf, ein sauberes Haus zu führen, in dem die Frauen einen Gewerbeschein und eine Krankenversicherung vorweisen können müssen. Struth vermietet ihnen dann Zimmer. Nur eine Frau ist bei ihm fest angestellt: „Das ist die Bardame, die den Laden schmeißt“, sagt er. Die Bardame bekommt inzwischen Arbeitslosengeld. Für die meisten Prostituierten gilt das aber nicht, wenn sie in ihre Heimatländer zurückgereist sind. Auch um diese Frauen macht er sich Sorgen. Aber die Hoffnung, sein Etablissement fortführen zu können, will er nicht aufgeben.
„Wir durften ja im November schon einmal unter strengsten Auflagen für fünf Wochen öffnen – und das ging gut“, berichtet Struth. Die meisten Gäste kämen ja nicht wegen Sex, sondern wollten Party machen. „Ich habe kräftig investiert in Hygienemaßnahmen und wir haben nur drei Gäste gleichzeitig hineingelassen. Mit Abstand ging das. Und auch beim Sex wird Maske getragen. Die meisten Frauen küssen Kunden ja ohnehin nicht“, so Struth.
Scharfe Kontrollen
Angst vor Corona brauche man im Gewerbe auch nicht haben: „Nennen sie mir einen Fall, der sich in einem Nachtclub angesteckt hat“, fordert Struth und verweist auf scharfe Kontrollen durch das Gesundheitsamt. Dankbar ist der Geschäftsmann dafür, dass die Stadt Bad Berleburg die Grundsteuern stunde. „Die sind wirklich hilfsbereit. Aber Strom, Wasser und Heizung laufen ja weiter, die wollen ihr Geld.“ Auch Hilfen vom Staat hat der Barbetreiber über seinen Steuerberater beantragt. „Aber wann kommt das Geld?“, fragt er und hat Angst, dass es zu spät ist. „Bis Ende des Jahres kann ich das noch machen. Dann ist Schluss“, sagt er. Und deshalb hat er sich jetzt schon entschlossen, einen Käufer zu suchen.