Wittgenstein. Der Neubau fürs DRK soll hinter dem Berufskolleg entstehen. Am Espeweg regt sich jedoch Widerstand. Dazu ein „Pro & Kontra“ unserer Redaktion.
Diskutiert wird über die Zukunft der DRK-Rettungswache in Bad Berleburg schon länger. Jetzt jedoch soll es mit der Umsetzung offenbar ganz schnell gehen: Auf einem kreiseigenen Grundstück Ecke Am Breitenbach/Espeweg, gleich hinter dem Berufskolleg Wittgenstein, soll ein kompletter Neubau entstehen – mit Anbindung an den Espeweg. Vor ein paar Tagen erst ist das Gelände für das neue Gebäude abgesteckt worden – zur Überraschung der Anwohner, die sich inzwischen mit „Fragen und Bedenken“ und etwa 30 Unterschriften sowohl an Bad Berleburgs Bürgermeister Bernd Fuhrmann als auch an den Siegen-Wittgensteiner Landrat Andreas Müller gewendet haben. Sie fürchten „einen erheblichen Einschnitt unserer Lebenqualität“ – aber nicht nur das.
Standort Espeweg
Bauprojekt Thema im Haupt- und Finanzausschuss
Zum geplanten Neubau der DRK-Rettungswache in Bad Berleburg hat die CDU eine Anfrage zum Haupt- und Finanzausschuss gestellt, der am heutigen Donnerstag, 17. März, zusammenkommt. Der öffentliche Teil der Sitzung im Bürgerhaus am Markt beginnt um 18 Uhr.
Wurde die Stadt um Stellungnahme gebeten? Und: Wie ist der derzeitige Stand der Planungen? Zu diesen Fragen der CDU möchte die Stadtverwaltung in der Sitzung Stellung nehmen.
Bauherr der Bad Berleburger Rettungswache, derzeit noch in einem Gebäude „Am Seifchen“ untergebracht, ist der Kreis Siegen-Wittgenstein. „Der Bauantrag für die Rettungswache wurde Anfang März gestellt“, heißt es auf Anfrage unserer Redaktion zum Projekt. Und: „Wir gehen von einer Verfahrensdauer von etwa zwei bis drei Monaten aus. Dann werden die Ausschreibungen für die Baugewerke veröffentlicht und es wird ein Baubeginn im Sommer 2021 angestrebt. Die Bauzeit wird etwa ein Jahr betragen.“ Baukosten: rund zwei Millionen Euro.
Standort „Am Seifchen“
Eine Erweiterung der bestehenden Wache in direkter Nähe des Krankenhauses sei „aufgegeben“ worden, „weil dadurch die erforderlichen räumlichen Anforderungen an den zukünftigen Betrieb der Rettungswache nicht hätten erreicht werden können“, argumentiert die Kreisverwaltung.
Standort alte Tennisplätze
Zuletzt als alternativer Standort diskutiert wurden auch die ehemaligen Tennisplätze „An der Odebornskirche“, gelegen in unmittelbarer Nachbarschaft des Feuerwehrgerätehauses an der Sählingstraße. Sicher: „Das genannte Grundstück wäre grundsätzlich für eine neue Rettungswache geeignet gewesen“, so der Kreis – jedoch: „Ein Erwerb der für eine Rettungswache benötigten Grundflächen war wegen anderer Planungen des Grundstückseigentümers nicht möglich.“
Bauprojekt Pflegeheim
Auf dem bislang städtischen Grundstück soll das schon länger angedachte Pflegeheim des Trägers „MENetatis“ entstehen. Jedenfalls geht die Stadt auf Anfrage „nach wie vor von einer Umsetzung des beabsichtigten Projektes aus“. Aufgrund eines politischen Beschlusses bereits vom Dezember 2019 gebe es dazu vertragliche Bindungen mit einer Projektentwicklungsgesellschaft. Sie habe ihre Pläne „zwischenzeitlich weiterentwickelt und für die Umsetzung konkretisiert“. Nun sei „eine erneute Beteiligung der politischen Gremien“ vorgesehen, „um von Seiten der Verwaltung eine weitere Umsetzung des Projektes begleiten zu können“.
Im Haupt- und Finanzausschuss am heutigen Donnerstag steht das rund 6000 Quadratmeter große Gelände unter dem Stichwort „Allgemeines Grundvermögen – Verkauf“ auf der Tagesordnung. Allerdings nur im nicht-öffentlichen Teil.
Das sagt die Projektplanerin
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Bei der Offenbacher Immotec Projektentwicklung für das geplante Pflegeheim der MENetatis GmbH aus Bergheim auf den ehemaligen Tennisplätzen „An der Odebornskirche“ ist Diplom-Designerin (FH) Erika Rose zuversichtlich, dass es „weitergeht wie vorgesehen“. Dazu stünden jetzt Entscheidungen der Bad Berleburger Politik an. Die Einreichung des Bauantrags durch den Bauherrn stehe unmittelbar bevor. Zur weiteren Umsetzung des Projekts verweist Rose auf die Corona-Pandemie: Sie lasse derzeit keine seriösen Zeitangaben zu. Rose lobt die Stadt Bad Berleburg, die bislang sehr konstruktiv mitgewirkt habe.
Das sagt das DRK
„Wir begrüßen es natürlich, dass der Kreis investiert und für moderne Rettungswachen sorgt“, sagt Marcus Sting, Sprecher des DRK-Kreisverbandes Siegen-Wittgenstein. Damit würden die Arbeitsbedingungen für das Personal der Wachen auf dem neuesten Stand gebracht. So würden die Standorte dann auch so gewählt, dass die Eintreffzeiten im Notfall „noch optimaler sind“. Und es sei viel mehr Platz in den neuen Wachen, freut sich Sting. Darüber hinaus werde Geld in neue Schulungsräume vor Ort gesteckt.
Das sagen die Anwohner
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Derweil fürchten die Anwohner des Baugrundstücks am Espeweg Lärm und mehr Verkehr mit „Gefahrenpotenzial“ vor ihren Haustüren – zumal der bislang schmale Espeweg noch ausgebaut werden solle. Sie fürchten auch um ihre Kinder und um Fußgänger auf dem Espeweg als beliebtem Spazierweg zum Tretbecken an der Espequelle. Außerdem werde es gerade „Am Breitenbach“ schnell eng, wenn die Straße im Umfeld von Berufskolleg und Kleinem Kreishaus „zugeparkt“ werde.
Dass es laut Kreis keine Grundstücksalternativen gebe, wollen die Anwohner nicht gelten lassen. So regen sie den Bau der Wache auf dem städtischen Rest-Grundstück neben den Tennisplätzen an, bislang für Wohnmobil-Stellplätze reserviert.
Pro & Kontra: Muss die neue Wache an den Espeweg?
Ein Sachverhalt, zwei Meinungen: Unsere Redaktion kommentiert an dieser Stelle aus zwei Blickwinkeln.
Pro: Zeit für ganz neuen Anfang
Über den Ort für die neue Rettungswache lässt sich sicherlich streiten. Aber es gibt gute Gründe, die für eine neue Rettungswache sprechen. Die aktuelle Wache mag zwar noch den Standards entsprechen, aber sie stammt aus einer anderen Zeit, in der das Rettungsdienstkonzept auch räumlich noch stärker an das Krankenhaus als Standort der Ärzte gekoppelt war. Mit einer neuen Wache am Espeweg rückt die Basisstation der Ersthelfer zwar vom Krankenhaus ab, bewegt sich aber weiter Richtung Zentrum und – so makaber das klingt – in Richtung Kunden. Da der Rettungswagen meist vom Notarzt-Einsatzfahrzeug flankiert wird, besteht auch schon lange nicht mehr die Notwendigkeit, den Notarzt erst am Krankenhaus aufzunehmen. Der steigt irgendwo, am Krankenhaus, in seiner Praxis oder Zuhause zu.
Für den Neubau am Espeweg spricht außerdem, dass es sich um ein Grundstück des Kreises handelt. Das spart Geld, das an anderer Stelle in den Rettungsdienst investiert werden kann, und Zeit. Am Neubau wird immerhin schon sehr lange geplant.
Lars-Peter Dickel
Kontra: Alternativen ausschöpfen
Schnelle Einsätze mit dem Rettungswagen im Notfall, bei laufendem Martinshorn – die Anwohner der Rettungswache „Am Seifchen“ sind es sicherlich schon seit langen Jahren gewohnt. Und hören es auch schon gar nicht mehr, wenn die Wagen vom Einsatz zurückkommen und Verletzte ins Krankenhaus bringen. Warum also jetzt auf einen Ausbau vorhandener Bausubstanz verzichten und an den Espeweg wechseln?
Zumal die Anwohner des angepeilten neuen Standorts in ihrem gemeinsamen Schreiben an Bürgermeister und Landrat noch viele weitere Areale in der Kernstadt ausgemacht haben, die gut als Alternativen denkbar wären – etwa in der Herrenwiese, an der Mühlwiese oder im Bereich des ehemaligen 1A-Marktes an der Schulstraße. Interessant auch ihre Idee, die Wache doch noch „An der Odebornskirche“ zu bauen – direkt neben das geplante Pflegeheim. Das könnte gelingen – allerdings nur, sofern dort noch ausreichend Platz für einen weiteren größeren Baukörper ist. Und die Stadt Stellplätze für Wohnmobile anderswo im Stadtgebiet ausweisen würde.
Eberhard Demtröder