Wittgenstein. Kundinnen und Kunden berichten über ihren ersten Friseur-Termin nach dem wochenlangen Lockdown. Und einer von ihnen hat ihn sogar ersteigert.

Hurra, die Friseure in Wittgenstein haben wieder geöffnet! Diese Gelegenheit haben viele Menschen aus dem Altkreis buchstäblich beim Schopf gepackt – und sich gleich einen Termin im Salon ihres Vertrauens geben lassen. Wir haben in Bad Laasphe und Feudingen vorbeigeschaut.

Der Meistbietende

Unser Gewinner Gerhard Klinkert ohne Mund-Nasen-Schutz, aber mit dem ersteigerten Haarschnitt. 
Unser Gewinner Gerhard Klinkert ohne Mund-Nasen-Schutz, aber mit dem ersteigerten Haarschnitt.  © Eberhard Demtröder

Auf eher ungewöhnliche Weise zu seinem Termin gekommen ist der gebürtige Feudinger Gerhard Klinkert (81): Er bot bei der Haarschnitt-Aktion unserer Redaktion mit dem Feudinger Friseursalon „Haar-Genau Irini“ 250 Euro für den guten Zweck – und ergatterte damit den allerersten Termin des Teams um Friseurmeisterin Irini Wickel.

„Mit Freude“ habe er gespendet, bekennt Klinkert im Gespräch. Schließlich geht seine Summe – plus der 100-Euro-Spende einer weiteren Kundin des Salons – direkt an den Förderverein des Feudinger Freibades. Also an jene Einrichtung im Ort, in der er das Schwimmen gelernt habe, so Klinkert. „Das war so 1946, 1947. Damals war ich sechs oder sieben Jahre alt.“ Klassenweise seien die Volksschüler damals in den Sommermonaten zum Freibad marschiert. Gut erinnert er sich noch, „als wir dort auf dem Rasen gesessen und die ersten Trocken-Übungen gemacht haben“.

Gerhard Klinkert lebt zwar heute in Siegen, besucht aber immer noch regelmäßig seine Schwester in Feudingen. Und die Eltern auf dem Friedhof. Auf unsere Haarschnitt-Aktion aufmerksam geworden war er übrigens per Handy über das Online-Portal unserer Zeitung. Apropos: 81 Jahre? Gehören Sie da nicht zur aktuellen Zielgruppe des Siegener Impfzentrums, Herr Klinkert? Der Senior nickt. Und seine Impftermine hat er auch schon: den ersten am kommenden Sonntag, den zweiten am Freitag, 2. April – dank seiner Enkelin und ihrem Know-how bei der Buchung per Internet.

Die Zufriedene

Luisa Häuser (70) aus Feudingen, früher im Team der Kita-Erzieherinnen 
Luisa Häuser (70) aus Feudingen, früher im Team der Kita-Erzieherinnen  © Eberhard Demtröder

Die Haare machen lässt sich heute auch Luise Häuser (70) aus Feudingen. Dabei wäre der Termin eigentlich schon Mitte Februar fällig gewesen. Doch wegen Corona habe sie ihn eben verschoben. Aber jetzt, nach immerhin zwölf Wochen, „musste unbedingt geschnitten und gefärbt werden“, so die 70-Jährige über die Notwendigkeit einer frischen Frisur. „Man fühlt sich irgendwie gar nicht mehr wohl“, hat Luise Häuser während des Lockdowns festgestellt. Und: „Die Leute sehen alle etwas ungepflegt aus.“ Kein Wunder. Umso zufriedener ist die Feudingerin heute mit dem Ergebnis auf ihrem Kopf. „Die haben hier ein Händchen dafür“, lobt sie das Team.

Die Geschockte

Wie stets nach dem Besuch im Salon am Dernbach zufrieden ist auch Britta Bracke (46), Erzieherin aus Niederlaasphe, jedoch ebenfalls gebürtig aus Feudingen. Für sie kommt der Termin heute aber nicht überraschend, denn: „Den hatte ich schon im Dezember.“ Ihr Horror während des Lockdowns beim Blick daheim in den Spiegel: „Die grauen Haare sprießen – und auf dem Kopf sieht es aus, als hätte man in die Steckdose gepackt“, schmunzelt sie. Alles irgendwie außer Form. Was hilft? „Improvisieren“, sagt Bracke. „Augen zu und durch.“

X-Hair Bad Laasphe

Strähnen in Bad Laasphe: Regine Fritschi ist froh, dass ein Friseur von X-Hair wieder die Haare färbt.
Strähnen in Bad Laasphe: Regine Fritschi ist froh, dass ein Friseur von X-Hair wieder die Haare färbt. © Ramona Richter

Auch im Salon X-Hair von Sevda Sünbül steht das Telefon seit zwei Wochen nicht mehr still. „Im März sind wir bereits komplett voll“, sagt die Friseurmeisterin. Sie und ihre Angestellten sind überglücklich, wieder arbeiten zu können. „Es hat lange gedauert. Es ist eine schwere Zeit – nicht nur für uns.“ Am Montag jedoch war die Stimmung ausgelassen – bei den Friseuren wie auch den Kundinnen und Kunden, die froh sind, nach fast elf langen Wochen nun endlich wieder einen Termin wahrnehmen zu können.

Glückliche Kunden

„Es ist wunderschön, wieder hier zu sein“, sagt Regina Moser aus Niederlaasphe. „Ich konnte es am Ende echt nicht mehr sehen.“ So ergeht es auch Fahrschullehrer Siegfried Rink: „Ich fühle mich endlich wieder frisch und ansehnlich“, sagt er und lacht.

Und auch Kundin Regine Fritschi aus Wallau ist froh, dass wieder ein Friseur ihre Haare färbt. „Ich bin so glücklich, dass man wieder zum Friseur kann. Die letzten Wochen waren aber auch spannend. Eine Freundin hat mir Strähnchen gefärbt. Wir hatten schon Spaß dabei und haben uns ein Gläschen Wein dabei gegönnt. Allerdings wurden sie am Ende leicht orange“, sagt sie, während die Blondierung bereits einwirkt.

Holger Zeyn aus Wallau hat einen der ersten Termine im X-Hair bekommen.
Holger Zeyn aus Wallau hat einen der ersten Termine im X-Hair bekommen. © WP | Ramona Richter

Auch Holger Zeyn ist von Wallau aus nach Bad Laasphe gefahren. „Ich gehörte zu den Schnellen, die vor zwei Wochen anriefen und direkt einen Termin bekamen. Jetzt nach dem Friseurbesuch ist es schon sehr befreiend und ein gutes Gefühl“, sagt er. Das empfindet auch eine Kundin aus Breidenstein so: „Beim Friseur geht es ja nicht nur um das reine Haareschneiden – es geht auch um das Wohlergehen.“

Eine besondere Aktion

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Damit auch möglichst viele Kunden einen Termin bekommen können, wurden die Öffnungszeiten ein wenig ausgeweitet. Und noch etwas hat sich das Team von X-Hair überlegt – eine besondere Aktion für die Pflegekräfte. „Denen bieten wir bis zum 20. März die Möglichkeit zu einem Gratis-Haarschnitt inklusive waschen und föhnen. Wir möchten so danke sagen: Danke an alle Pflegekräfte, danke für ihre Mühe. Ohne sie ginge es nicht“, sagt Sevda Sündül.