Bad Berleburg. Auch im Lockdowns proben die Säger von Singsation weiter – virtuell. Wir waren dabei und haben gefragt: Wie ist es, vor dem PC zu singen?

Es ist 19.30 Uhr. Draußen ist es bereits dunkel, die Straßenlaternen leuchten auf die Gehwege. Der Verkehr ist bereits ruhiger geworden auf den Straßen Bad Berleburgs. Für viele heißt das: Feierabend. Zeit für Hobbys, Sport, Haushalt, Familie oder Freunde. Für die Mitglieder des Bad Berleburger Chors Singsation heißt es montags vor allem eins: Zeit für das gemeinsame Singen. Denn dann ist Probe – jeden Montag von 19.30 bis 21 Uhr treffen sie sich, singen sich ein, üben neue Techniken und die einzelnen Liedpassagen oder studieren neue Stücke ein.

Seit 30 Jahren gibt es den Chor in Bad Berleburg bereits. Zahlreiche Auftritte und Höhepunkte liegen hinter den Sängern, weitere sind geplant. Doch seit letztem Jahr ist nichts mehr, wie es war. Corona machte nicht nur vielen Auftritten einen Strich durch die Rechnung – auch die Proben mussten anderorts stattfinden – nicht im Probenraum, nicht im Freien, sondern im virtuellen Probenraum per Zoomkonferenz. Was im ersten Lockdown angefangen wurde, wird auch seit dem zweiten Lockdown weiter fortgeführt. Die Lokalredaktion hat eine ihrer Proben nun begleitet und mit den Sängern von Singsation darüber gesprochen, wie sie mit der aktuellen Situation umgehen.

Die Gemeinschaft

Die Stimmung ist ausgelassen, als wir uns virtuell in die Probe einwählen. Man spürt: Die Mitglieder sind einfach froh, sich – wenn auch nur virtuell – wiederzusehen und sich auszutauschen. Unter anderem über den sogenannten Lax Vox Schlauch – einem Schlauch aus Silikon, den Sängerinnen und Sänger unter anderem nutzen, um die Stimme zu trainieren und die Stimme zu entspannen. „Den hat auch die Landeschorleiterin empfohlen“, sagt Chorleiter Christoph Haupt.

Auch wenn es nicht die erste virtuell Probe für die Chormitglieder ist, möchten wir wissen: Wie ist es eigentlich, vor dem PC plötzlich zu sitzen und zu singen? „Zuerst einmal habe ich mich riesig gefreut, alle endlich wieder zu sehen“, sagt Bertram Roessiger über die ersten Proben per Zoom. So erging es auch den anderen Mitgliedern. „Wir hatten sogar eine Weihnachtsfeier“, sagt Gerda Pranger-Kampmann mit einem Lächeln im Gesicht. „Da haben wir uns alle zugeprostet.“

Auch ein aufwendig zusammengeschnittenes Video zeigt ein gemeinsames Lied, für das die Sänger sich daheim selbst aufgenommen haben und es anschließend ihrem Chorleiter zuschickten. „Das war schon erst komisch, sich selbst aufzunehmen“, sind sich eigentlich alle einig. Doch es habe viel Spaß gemacht und das Ergebnis lässt sich sehen – und ist auf ihrer Facebookseite zu finden.

Singsation zeigt: Auch in Zeiten der Pandemie ist Zusammenhalt und Gemeinschaft möglich – auch wenn es das gemeinsame Singen im Raum nicht ersetzen kann. „Für das gemeinsame Singen würde ich jederzeit lieber nach Bad Berleburg fahren“, sagt Rikarde Riedesel.

Die Probe

Nach einem kurzen Austausch geht es auch schon direkt los mit der eigentlichen Probe – begonnen mit verschiedenen Techniken, die zu Beginn geübt werden. Zugegeben für mich als Außenstehende ist es zunächst etwas ungewohnt, denn: Die Proben finden mit ausgeschaltetem Mikrofon statt. Heißt konkret: Außer dem Klavier, Chorleiter Christoph Haupt und seiner Frau Tina Haupt ist niemand zu hören.

Gemeinsam werden im Anschluss die einzelnen Passagen des Liedes „Solang man Träume noch leben kann“ von Oliver Gies aus der Reihe „Für Chor gemacht“ durchgegangen. „Er hat dazu die Übefiles (Übedateien) eingesungen bzw. einsingen lassen,die wir zum Schluss genutzt haben. Ich habe vor der ersten Probe das ganze Stück ins Notensatzprogramm „capella“ eingegeben, um eine Unterstützung zu bieten. Hier kann ich einzelne Stimmen ein- oderausblenden, leiser oder lauter machen sowie das Tempo zum üben verändern“, erklärt Haupt, dessen Monitor mit der Datei für alle sichtbar ist. „Und wenn ich beispielsweise mit dem Alt singe, können die Sängerinnen alle anderen Stimmen hören und sich in der Harmonie zurechtfinden. Zweiter Vorteil: von Capella gibt es den kostenlosen „capellareader“, den sich die Sänger auf ihre Devices geladen haben. So können sie das bei ihrer häuslichen Vorbereitung – was tatsächlich ein paar machen – genauso machen“, sagt Haupt.

Dass die Sänger ohne Mikrofon singen, hat im Übrigen auch einen guten Grund: Der Ton, den Haupt vorgibt kommt teilweise erst eine viertel bis halbe Sekunde später bei den anderen Mitgliedern an. Ein gemeinsames Singen mit eingeschaltetem Mikro ist also gar nicht möglich – zumindest nicht per Zoomschalte.

Für die Sänger aber stellt dies kein Problem da. „Man kann auch mal schief singen und niemand hört es“, sagt Angelika Langenberg und lacht. „Außerdem bietet die Probe per Zoom eine gute Möglichkeit, um schon einmal in das Stück reinzuhören und man bekommt ein erstes Gefühl für das Lied.“

Dann ist es soweit: Der Bildschirm von Haupt ist nicht mehr zu sehen – stattdessen sitzen und stehen einem wieder die Chormitglieder am Bildschirm entgegen. Es wird nun gemeinsam – ohne Mirko – das Stück einmal durchgesungen. „Das ist ja cool, wenn ich die Noten weglege, dann sehe ich euch singen,“ sagt der Chorleiter.

Der Geburtstag

Mehr als 30 Sänger haben sich an dem Abend zur Probe eingefunden – das ist fast der gesamte Chor. „Das ist natürlich schön, dass das so gu klappt. Aber wir sind auch froh, wenn es irgendwann wieder normale Probem im Probenraum gibt“, so Haupt. Das sehen auch die Sänger so, die den 30. Geburtstag von Singsation gerne mit einem Auftritt feiern würden. „Mal sehen, ob und wie das nun möglich ist. Planen ist derzeit ja leider nicht möglich. Aktuell schauen wir von Woche zu Woche“, so Haupt. „Wir geben aber die Hoffnung nicht auf und hoffen, dass wir das 30-Jährige gebührend feiern können.“

Im Jahr 1991 wurden die Querbeat-Singers in Bad Berleburg gegründet. Nach einer Namensänderung 2002-2004 heißt der Chor nun Singsation. Ein Chor, der auch in Zeiten der Pandemie an den Proben festhält und Gemeinschaft lebt.