Bad Laasphe. Erst Überraschungskandidatin, vereint die Bad Laaspherin jetzt SPD aus Bad Berleburg und Bad Laasphe hinter sich. Luiza Licina-Bode im Interview.

Sie war die Überraschungs-Kandidatin. Luiza Licina-Bode möchte den Wahlkreis 148 Siegen-Wittgenstein im Bundestag vertreten. Bevor die SPD-Politikerin aus Bad Laasphe den CDU-Amtsinhaber Volkmar Klein herausfordern kann, muss sich die 48-jährige Juristin erst einmal gegen ihre beiden Mitbewerber Peter Müller aus Kreuztal und Karl Ludwig Völkel aus Erndtebrück im internen Wettkampf um die Kandidatur durchsetzen. Was die Arbeitnehmer-Vertreterin im Bundesinnenministerium ausmacht und was sie politisch antreibt, erzählt sie im Interview.

Sie gelten als Arbeiterkind, das es von der Hauptschule bis zum Jurastudium geschafft hat. Das klingt nach klassischer SPD-Vita. War die Sozialdemokratie immer Ihre politische Heimat?

Luiza Licina-Bode Ja eindeutig und Sie haben es treffend formuliert. Die Sozialdemokratie ist für mich nicht nur Politik und Partei, sie ist ein Lebensgefühl und Maßstab, nach dem ich agiere. Alle Bestrebungen, die wir haben, sozial und gerecht einzufärben, die Schwachen in unserer Gesellschaft mitzunehmen und teilhaben zu lassen, emphatisch und Mensch zu sein, das zählt für mich. Viele Menschen stehen nicht auf der Sonnenseite des Lebens. Wenn ich als Sozialdemokratin daran mitarbeiten kann, die Lebenssituation und die Lebensbedingung von vielen Menschen zu verbessern, dann erfüllt mich das.

Wann haben Sie den Entschluss gefasst, sich für die Bundestagskandidatur zu bewerben?

Da kann ich Ihnen keinen Zeitpunkt benennen. Das war ein persönlicher Entwicklungsprozess, der Wunsch, sich für unsere Gesellschaft einzusetzen und etwas zurückzugeben. Ich bin ein politischer und engagierter Mensch, der alles mitbringt, um für Siegen-Wittgenstein gute Arbeit im Bundestag zu machen. Deshalb möchte ich mich dort einbringen.

War das ein einsamer Entschluss, oder mit wem haben Sie sich beraten?

Einsam trifft es nicht ganz. Als Juristin habe ich mich zunächst „mal selbst beraten“ und bin in mich gegangen. Das Resultat meiner Beratungen ist meine Bewerbung. Natürlich habe ich diesen Entschluss mit meinem Mann und auch mit meiner Tochter besprochen. Mein Mann hat mich schon immer unterstützt und meine Tochter ist mit einer engagierten Mutter aufgewachsen, sie kennt es nicht anders und hat gesagt: Mama mach das! Daneben habe ich auch in den SPD-Gliederungen kundgetan, dass ich mich anbieten werde, die positive Resonanz von Mitgliedern meines Ortsvereins in Bad Laasphe hat mich in meiner Entscheidung bestärkt. Die Interessenabfrage aus der Partei kam erst Ende November, dann war Weihnachten und der Lockdown, die Bewerbungsfrist war Anfang Januar. Bedenkt man diesen kurzen Zeitraum und die Feiertage, bestand insoweit auch nicht wirklich die Gelegenheit, vorab mit weiteren Einzelpersonen ins Gespräch zu gehen.

Sie haben sich bislang als Kommunalpolitikerin in Bad Laasphe und Wittgenstein engagiert. Wie können Sie auch die SPD-Mitglieder im Siegerland von sich überzeugen?

Meines Erachtens geht es zunächst um eine Grundsatzfrage. Wir sind derzeit nicht im Wahlkampf, sondern innerhalb der Partei im Auswahlverfahren, es dreht sich um die Fragestellung, wer wird die Personalie, mit der die SPD in Siegen-Wittgenstein die Menschen für unsere Themen im Bundestagswahlkampf 2021 begeistern und ansprechen möchte. Es geht nicht darum, wo sich der Kandidat oder die Kandidatin regional betrachtet überwiegend engagiert hat, ob in Siegerland oder Wittgenstein. Denn das ist abhängig von den individuellen Möglichkeiten. Wir sind ein Team und eine SPD Siegen-Wittgenstein. Niemand von meinen Genossinnen und Genossen oder den Menschen in Siegen-Wittgenstein erwartet, dass ich als Vollzeitbeschäftigte Frau mit Kind und Haus und Kegel noch überregional zahlreiche Funktionen in der Partei übernehme. Ich habe mich immer für die SPD engagiert, soweit mir das zeitlich möglich. Daneben wende ich auch meine Freizeit gerne auf, indem ich als Vorsitzende den Förderverein Freibad Bad Laasphe mit allen Kräften unterstütze. Das Ehrenamt ist ein zentraler Faktor in unserer Region der auch von der Politik Unterstützung verdient. Das alles ist meinen Siegerländer Genossinnen und Genossen bewusst, nämlich tatkräftiges Engagement, das ich die Kompetenz für die Aufgabe mitbringe und auch, dass ich ein Zukunftsmodell bin. Damit überzeuge ich in Siegerland und Wittgenstein.

Für welche politischen Probleme der Region wollen Sie sich besonders einsetzen?

Wie gesagt, wir sind aktuell intern im Auswahlverfahren. Wenn der oder die Kandidaten feststeht, werden Positionen erörtert und intern abgestimmt werden, zudem schauen wir im Moment auch noch nach Berlin. Dennoch gibt es für mich Herzensthemen für unsere Region: Als Juristin, Arbeitsrechtlerin und Gewerkschafterin sind prioritär unsere Wirtschaft und die Arbeitsplätze in Siegen- Wittgenstein, konkret gute Rahmenbedingungen für Unternehmen wie auch für Arbeitnehmer. Ohne Arbeit kein Wohlstand, auch nicht in Siegen Wittgenstein. Da müssen alle Akteure an einem Strang ziehen. Die Digitalisierung schreitet auch in der Arbeitswelt voran, und wird auch vor Siegen- Wittgenstein nicht haltmachen. Da müssen Politik und Wirtschaft in den Dialog gehen, um zu helfen und den Wandel in unserer Region mitzugestalten.

Das Thema Verkehrsanbindung ist politisch ein ganz Wichtiges für die Region, das zeigt die jüngste Entwicklung um die Route 57...

Die unendliche Geschichte um unsere Verkehrsanbindung! Das muss in Berlin mit Druck thematisiert werden. Es kann nicht sein, dass infrastrukturschwache Regionen 30 Jahre auf eine Anbindung warten müssen. Seit meiner Kindheit ist die Verkehrsanbindung immer wieder ein Thema. Wir brauchen neue politische Denkansätze und neue Lösungen, z. B. beschleunigte Planungsverfahren für Infrastrukturschwache Regionen. Wir sind es Wert, das die Politik hier Lösungen findet und nicht nur Regionen bedient werden wo viele Wähler wohnen.

Aktuell gehören Klimawandel und Borkenkäfer zu den großen Problemen ins Südwestfalen. Wie sehen Sie diese Situation?

Unsere schönen Wälder! Der Klimawandel und die Folgen sind in den letzten Jahren sichtbar geworden. Da muss die Politik helfen. Ich denke 40 Jahre zurück an meine Kindheit, als achtjährige in Berghausen auf den Wiesen und im Wald spielend, mit Wildblumen, die unterschiedlichsten Schmetterlinge und Vögel beobachtend. Unsere Natur und die Artenvielfalt sind mir wichtig. Heute ist diese so nicht mehr anzutreffen. Das Problem ist Mensch gemacht und wir müssen das wieder ändern. Wir sollten durch entsprechende Bewirtschaftung und Anpflanzungen diese erhalten und wiederherstellen. Wir brauchen ein funktionierendes Ökosystem, auch für unsere Kinder!

Wittgenstein ist geprägt von Industrie, Land- und Forstwirtschaft, aber auch vom Tourismus...

Wir müssen den Tourismus als Wirtschaftsfaktor erkennen. Das ist in unserer Region ausbaufähig. Da sehe ich viel Potenzial und auch neue Arbeitsplätze. Urlaub in Deutschland zu machen, dass ist nicht erst seit Corona attraktiv. Auch die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe, wollen von EU-Geldern profitieren, meinst sind die Gelder jedoch den flächenmäßig großen Betrieben vorbehalten. Diese Benachteiligung muss sich ändern!

Ein wichtiges Thema für die Kommunen aber auch die SPD ist die Altschuldenproblematik der Städte und Gemeinden. Wie stehen sie zu dieser Frage?

Wir müssen Kommunen handlungsfähig machen und entschulden. Als Stadtverordnete habe ich oft sagen müssen: Dafür ist kein Geld da. Damit verschuldete Kommunen ihren Verpflichtungen und Aufgaben nach dem Grundgesetz überhaupt nachkommen können, müssen sie finanziell entlastet werden. Da ist der Bund hier Olaf Scholz hat ein Konzept vorgelegt wo am Ende Der Bund und das Land sich hälftig beteiligen. Das möchte eine SPD geführte Regierung richtigerweise umsetzen

Wie stehen Sie zur aktuellen Corona-Politik und dem Lock down?

Ich stehe hinter der Bundesregierung, die meines Erachtens alles tut, um ihre die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Die Enttäuschungen und Probleme bei der Umsetzung, die Zukunftsängste in der Bevölkerung, sehe ich natürlich auch. Dass wir nicht in der Lage sind oder waren, Schulunterricht zu organisieren oder die finanziellen Hilfsmittel schnell auszuzahlen, ist nicht gut gelaufen! Aber wir sind ein Rechtsstaat und es gibt Regeln, an die wir uns halten müssen, und deshalb ging es auch an der einen oder anderen Stelle nicht schneller. Die Prozesse mussten erst nachvollziehbar organisiert werden. Vor so einer Situation haben wir und die Regierung noch nie gestanden, alle Beteiligten lernen täglich hinzu, diese wollen nur das Beste für die Menschen und auch Fehler zu machen ist menschlich.

Die SPD krebst in Bund und Land unter 20 Prozent. Ein Wahlerfolg ist also fraglich. Wie können Sie die Masse der Unentschlossenen an die Wahlurne bekommen?

Das mag sein, allerdings ich glaube nicht an Statistiken, sondern an Ergebnisse und die sind abhängig vom aufrichtigen Engagement des Personals. Die SPD hat in den letzten Jahren in der Koalition, viele sozialpolitische und gerechte Maßnahmen durchgesetzt, ich erinnere an Mindestlohn oder die Grundrente oder jetzt auch die Corona Hilfen! Das werden die Menschen erkennen und diesen Fakten an der Urne Ausdruck verleihen.

Mit Luiza Licina-Bode sprach Lars-Peter Dickel