Bad Berleburg. Soziale Fähigkeiten erlernen und ausbauen: Die Hundetrainerinnen Bente Wied und Karin Noll kümmern sich in der Kita um die Vierbeiner.
Soziale Fähigkeiten ausbauen, Grenzen erkennen, Grundkommandos aneignen, ein friedvoller und respektvoller Umgang mit Artgenossen: All das und noch vieles mehr gehört zu den Fundamenten eines glücklichen Hundelebens. Diese Eigenschaften kommen jedoch nicht von ungefähr — ein Hund muss sie erlernen. Genau so, wie sein Halter die Sprache seines Vierbeiners lesen lernen muss. Aber wie soll das funktionieren, wenn Hundeschulen ihre Türen pandemiebedingt vorübergehend schließen mussten? Es ist schwierig — und sicher gibt es nicht für alles eine Lösung. Aber die Arfelder Hundetrainerinnen Bente Wied (30) und Karin Noll (48) stecken den Kopf nicht in den Sand. Sie haben sich mit viel Leidenschaft und Herzblut ein Konzept überlegt, das ihre Kunden — sowohl Hund als auch Besitzer — in dieser Zeit unterstützen und glücklich machen soll.
Das Konzept
So startete „Hundetraining Bente Wied und Karin Noll“ vor wenigen Wochen die Welpen-Kita, die den Trainingsplatz nahe der Realschule Bad Berleburg nun mehrmals wöchentlich mit buntem Leben füllt. Bereits im ersten Lockdown vergangenen Jahres hatten Wied und Noll, die seit mehreren Jahren ein eingeschweißtes Team sind, die Idee einer Welpen-Kita umgesetzt — und nach wie vor ist diese von Hundehaltern mehr als gefragt. „Das ist so schön und lustig mit den Welpen. Das ist genau so, wie wenn du dein Kind im Spiele-Paradies abgibst: Die Hunde freuen sich wie Bolle, wenn sie bei uns sind. Aber sie freuen sich auch genau so wieder auf ihr Zuhause“, sagt Wied, die sich seit 2009 Hundetrainerin nennen darf.
In der Welpen-Kita steht der Spaß im Vordergrund. Umso schöner, wie positiv sich dieser Spaß auf die Entwicklung der Welpen auswirkt: durch das Spielen mit Gleichaltrigen bildet sich das Sozialverhalten aus — eine wichtige — wenn nicht sogar die wichtigste Fähigkeit eines jeden Hundes. Mit Wippen und Wackelbrettern wird spielerisch die Motorik gefördert und kleinere Untersuchungen bereiten die Welpen auf zukünftige Tierarzt-Besuche vor. Auch das gemeinsame Ruhen und Entspannen wird in einer beheizten Hütte am Hundeplatz geübt. „Die Welpen sollen auch lernen, dass nicht nur ihre Familie sie schützt, sondern auch andere Menschen nett sind. Sie sollen Vertrauen aufbauen“, erklärt Karin Noll. Streiten sich die Welpen untereinander, so schreiten die Hundetrainerinnen sofort ein — es soll und darf kein Hund ausgeschlossen werden.
Die Voraussetzungen
Damit ein Welpe die Hunde-Kita besuchen darf, ist eine Erstanamnese mit Bente Wied oder Karin Noll verpflichtend. Hier lernen sich alle Beteiligten über Videotelefonie erst einmal kennen und der Kunde wird in das Hygienekonzept eingeführt: Am Hundeplatz können die Welpen im Zehnminuten-Takt an zwei Eingängen abgegeben werden. Ein Kontakt zwischen Halter und den Hundetrainerinnen ist untersagt. Damit Herrchen und Frauchen aber trotzdem immer auf dem neuesten Stand bleiben und die Entwicklung ihres Schützlings miterleben können, wird von den „Kindergärtnerinnen“ immer fleißig gefilmt. Die Entwicklung und mögliche Probleme oder Fehlverhalten der Welpen werden per Telefon oder Videoanruf ausführlich besprochen und erörtert.
Stichwort Video-Anruf: Diese Form der Kommunikation macht zurzeit einen großen Teil der Arbeit des Duos aus. Denn neben den Welpen gibt es auch noch die anderen Fellnasen, die sehnlichst darauf warten, dass das Training wieder beginnt. Auch für diese Gruppen nehmen sich Wied und Noll Zeit — wenn auch auf eine ganz andere Weise, als in der Vergangenheit: Aus gemeinsamen Spaziergängen und Übungsstunden wurden in den vergangenen Wochen Online-Treffen. „Das ist alles nur ein Kompromiss und mit realem Training nicht zu vergleichen. Aber es ist besser, als die Menschen und Hunde alleine zu lassen“, weiß Karin Noll, die 2016 ihre Ausbildung zur Hundetrainerin absolviert hatte.
Die Online-Sitzungen
In den Online-Sitzungen werden jeweils Themenschwerpunkte gelegt — das sei enorm wichtig, um einen roten Faden zu behalten. Hier dreht sich also alles rund um die Theorie: Grundbedürfnisse eines Welpen, Bewegung, Tricks, Futter, Kommandoaufbau, Motivieren, Loben und vieles mehr.
Außerdem geben Wied und Noll den Hundehaltern Aufgaben mit — zum Beispiel, den Hund an verschiedene Untergründe oder auch an einen Einkaufswagen zu gewöhnen. Außerdem werden in den virtuellen Treffen regelmäßig Videos von den verschiedenen Hunden gezeigt. Dadurch sollen die Kunden lernen, ihren Hund anhand verschiedener Verhaltensweisen zu lesen und zu verstehen.
Die Verhaltenstherapie
Gerade die Verhaltenstherapie sei von Kunden derzeit sehr gefragt. Und vor allem in der Hinsicht, so Noll, bleibe die Sorge, dass nicht ausreichend geholfen werden kann: „Bei der Körpersprache „Hund“ sehen wir sehr viele Defizite bei den Besitzern.“ So sei es keine Seltenheit, dass Hundehalter ihren Vierbeiner oft missverstehen. Anhand der Videos können die zwei Profis das Verhalten der Hunde dann richtig deuten — und ihre Besitzer aufklären.
Entwicklung in Corona-Zeiten
Alles können die Hundetrainerinnen trotz ihrer Bemühungen leider dennoch nicht abdecken — schließlich fällt der persönliche Kontakt zurzeit gänzlich weg. Vor allem in Sachen Sozialisation sei das ein großes Problem. Den Hunden fehle der Kontakt zu Artgenossen sowie verschiedene akustische und visuelle Eindrücke, die eigentlich zum normalen Alltag dazugehören — zum Beispiel das Begegnen einer Gruppe Kinder an einer Bushaltestelle. „Man muss sich fragen: wie entwickeln sich Hunde in Corona-Zeiten? Viele Junghunde machen zurzeit Probleme, das kann sich später in Schwierigkeiten umlagern“, deutet Bente Wied auf mögliche Langzeitfolgen durch mangelnde Sozialisation hin.
Eine Sache empfindet die 30-Jährige aber durchaus als positiv: „Es ist traumhaft, dass man Videos immer wieder abspielen und zurückspulen kann. Daraus können die Leute richtig gut lernen. Das werden wir auch in Zukunft so beibehalten.“
Wann genau sie wieder mit dem üblichen Training starten können, ist derzeit noch ungewiss. Bis dahin heißt es hoffen und warten, bis Hund und Mensch wieder gemeinsam tolle Stunden verbringen dürfen. Denn genau das ist es, was ein Hunde- und Menschenleben so lebenswert macht.