Bad Berleburg/Raumland. Diese ungewöhnliche Geschichte eines 44-jährigen Angeklagten überzeugt das Gericht nicht. Jetzt muss ein Gutachter ran.
2,58 Promille: Diese Blutalkoholkonzentration will sich ein 44-jähriger Raumländer in wenigen Minuten angetrunken haben. Das Problem der ganzen Sache: Die Staatsanwaltschaft Siegen vermutet, dass der Raumländer unter dieser erheblichen Alkoholisierung Auto gefahren sein soll. Deswegen landete der Fall vor Gericht - und zwar nun schon zum zweiten Mal. Doch auch am Dienstagmorgen konnte das Amtsgericht Bad Berleburg kein Urteil fällen - der Angeklagte bestreitet den Vorwurf der vorsätzlichen Trunkenheit im Verkehr. Das Gutachten eines Sachverständigen muss jetzt eingeholt werden und für Klarheit sorgen. Das Verfahren gegen den 44-Jährigen setzte Richter Torsten Hoffmann also vorübergehend aus.
Rückblende:
Bereits im Oktober dieses Jahres hatte Richter Torsten Hoffmann Strafbefehl gegen den Mann auf der Anklagebank wegen der angeklagten Trunkenheitsfahrt erlassen. Das Strafmaß: Eine Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro und eine fünfmonatige Führerscheinsperre. Der 44-Jährige legte Einspruch ein.
Was war passiert
Vor ziemlich genau einem halben Jahr treffen Polizeibeamte den Angeklagten stark alkoholisiert in seinem Auto auf einem Parkplatz zwischen Raumland und Berghausen an. Der Motor des Autos ist aus — bis hier hin also kein Straftatbestand. Entscheidend ist allerdings, dass ein Tankstellenmitarbeiter die Polizei zu dem 44-Jährigen führte: Der Zeuge will eine erhebliche Alkoholisierung des Angeklagten wahrgenommen haben, als dieser bei ihm Zigaretten gekauft hatte. Als der Angeklagte dann die Tankstelle mit seinem Wagen verlassen haben soll, alarmierte der Mitarbeiter umgehend die Polizei, welche eine Blutprobe bei dem Verdächtigen veranlasste.
Das sagt der Angeklagte
„Ich habe angehalten, weil ich trinken musste. Ich hatte viel Stress und wollte meine Ruhe haben. Also habe ich eine große Menge Alkohol zu mir genommen“, so der einschlägig vorbestrafte Angeklagte. Insgesamt habe er circa eine halbe Flasche Wodka und einen Liter Bier getrunken — und das in zwei bis fünf Minuten auf nüchternem Magen, heißt es in seiner Aussage. Der Alkohol habe bereits mehrere Tage in seinem Auto gelegen. An besagtem Tag sei er auf dem Rückweg von seiner Tochter gewesen, die rund 100 Kilometer von ihm entfernt wohne. Vor oder während der Autofahrt habe er keinen Alkohol konsumiert.
Im Auto 100 Meter vom Haus gesessen
Diese Geschichte warf bei Richter Torsten Hoffmann und Anklägerin Judith Hippenstiel einige Fragen auf: „Das sollen wir Ihnen glauben?“, äußerte Richter Hoffmann sein Misstrauen. „Warum sind Sie nicht nach Hause gefahren, das nur zwei Minuten von dem Parkplatz entfernt ist? Von Ihrer Wohnanschrift hätten Sie nur 100 Meter in einen schönen Wald gebraucht“, führte er weiter. Der Angeklagte: „Ich wollte alleine sein. Mein Cousin mag es nicht, wenn ich Zuhause trinke. Er sollte mich dann abholen.“ Richtig verstehen und nachvollziehen konnte das Gericht diese Aussage nicht.
Strafverschärfung möglich
Sowohl der Richter als auch die Vertreterin der Staatsanwaltschaft rieten dem Angeklagten dringend, seinen Einspruch zurückzunehmen, falls er lüge, denn: „Wenn Sie uns hier die Unwahrheit sagen“, so Hoffmann, „dann wird sich das erheblich strafverschärfend auswirken“, beendete Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel den Satz für Hoffmann. Doch all das Mahnen schreckte den 44-Jährigen nicht ab. Nach einer rund halbstündigen Sitzungsunterbrechung stand fest: Der Angeklagte bleibt bei seiner Aussage. Bald wird ein Sachverständiger Licht ins Dunkle bringen.