Bad Berleburg. Tobias Beitzel weiß, wie hart die Veranstalterbranche derzeit zu kämpfen hat. Dabei werden gerade dort extreme Hygienekonzepte erarbeitet.

26 abgesagte Auftritte. Die erste selbst organisierte und durchgeführte Veranstaltung – verschoben. Stattdessen: Auftritte vor dem Laptop und dem Handy, Skype-Runden mit Poetry-Slam-Kollegen und das alles ohne Publikum vor Ort. Keine lautes Lachen, kein Klatschen, keine Reaktion – Tobias Beitzel, Poetry Slammer aus Arfeld kennt diese Momente. Seit gut drei Jahren steht er bereits auf der Bühne. Bis zum Februar dieses Jahres hatte er es geschafft, bis zu zwölf bis 13 Auftritte im Monat an Land zu ziehen.

Dann kam Corona und damit auch die erste große Pause. Nun wurde ein zweiter „Lockdown light“ beschlossen. Die Kultur und auch Veranstalterbranche trifft dies besonders hart. Gerade die kleineren Künstler sorgen sich um die Existenz und auch kleinere Kulturstätten, die nicht staatlich gefördert werden, stehen vor großen Herausforderungen.

Der erste Lockdown

Tobias Beitzel erinnert sich noch gut an den ersten Lockdown. „Das war kurz vor dem ersten Wittgensteiner Poetry Slam. Vier Tage vorher wurde er abgesagt. Da waren wir gerade auf dem Rückweg von der Tour in Aschaffenburg, als wir davon hörten. Wir waren total irritiert, weil man die ganze Lage noch gar nicht einschätzen konnte.“

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Das war kurz nachdem noch ausgelassen Karneval gefeiert wurde. „Damals hatte man da alles noch unterschätzt. Natürlich hat man sich da geärgert, dass es abgesagt wurde. Aber wir stehen im engen Kontakt mit der Stadt und da bekamen wir dann auch recht schnell die neuen Informationen.“

Für ihn und seine Kollegen begann damit eine ruhige Zeit abseits der Bühne. „Ich habe das Glück, dass ich noch einen Hauptjob habe und nebenher künstlerisch aktiv bin. Für diejenigen, die davon leben, begann damit eine wirklich schwere Zeit.“

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Eine Zeit, die viele Künstler kreativ nutzten. „In der Kulturszene wurden Onlineformate total wichtig. Wir haben Programme live in den Sozialen Netzwerken geteilt, Videos gedreht, und vieles mehr.“ Für Beitzel zunächst eine ungewohnte Situation. „Zu Beginn war es wirklich schwer ohne Publikum aufzutreten. Denn man bekommt gar keine Reaktionen zurück. Das war auch der Moment, wo ich viele ernste Texte vorgetragen habe. Bei denen ist man es gewohnt, dass das Publikum ruhig ist.“

Neues Programm

Doch wer nun glaubt, dass er nur ernste Texte geschrieben hat, liegt falsch. Gerade in der Coronazeit hat der 23-Jährige die Zeit für ein neues Soloprogramm genutzt. „Dorfkind“ so der Titel des Programms, das idealerweise im kommenden Jahr vorgestellt werden soll, wenn Corona dies zulässt. Dabei geht es – wie der Titel es bereits verrät – um das Leben auf dem Land mit all seinen Traditionen, Kulturen und Menschen – und das auf humorvolle Art und Weise. Das nun erneut die Kulturbranche von den Maßnahmen betroffen ist, ärgert den 23-Jährigen.

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Und das aus gutem Grund: „Keine andere Branche hat sich in den vergangen Monaten so viele Gedanken für ein Hygienekonzept und die Umsetzung gemacht, wie die Veranstalter. Und auch die Zahlen des RKI’s belegen, dass sich so gut wie niemand im Veranstaltungsbereich angesteckt hat. Die Konzepte, die die Veranstalter erarbeitet haben sind so sicher, dass dort kaum eine Ansteckungsgefahr herrscht.“

Wie streng die Regelungen in diesem Bereich waren, hat Beitzel bei einem Auftritt in Frankfurt erlebt. Dort herrschte während der gesamten Veranstaltung auch für das Team nicht nur die Abstandsregel und Maskenpflicht, sondern auch das Trinkverbot. „Wir durften nicht mal ein Wasser trinken.“

Die Künstler unterstützen

Verharmlosen möchte er die Situation nicht. „Natürlich muss man das Virus ernst nehmen. Aber genau das tun die Veranstalter auch.“ Zudem seien gerade kleinere Künstler in Sachen Förderung benachteiligt. „Die Kulturschaffenden geraten immer mehr in eine Notlage. Als Solokünstler hat man keine Auslagen. Kein Strom, keine Miete und auch keine Personalkosten. Damit erhalten sie auch keine Förderung. Gerade kleinere Künstler brechen dann weg.“

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Und das hat auch seelische Folgen. „Ich werde aktuell nur davon abgehalten, was ich gerne mache. Aber die klassischen Tournee-Künstler, die sich jeden Tag neu fragen müssen, kann ich nun auftreten oder doch nicht und wie geht es weiter, wenn nicht, leiden sehr unter der derzeitigen Situation. Das ist ein enormer Druck, der nicht abbricht.“

Daher hofft der Arfelder, dass der Lockdown schnell vorbei ist und die Kultur- und Veranstalterbranche die Wochen der Schließung überstehen – ebenso wie die Künstler selbst. Und dann hat er vor allem einen Wunsch: „Geht zu den Shows, ins Theater, ins Kino und Co – unterstützt die Künstler. Denn die Veranstalterbranche ist wichtig für unsere Gesellschaft. Wir brauchen sie.“