Erndtebrück. Erndtebrück und der Bunker Erich spielten bei der Wiedervereinigung eine wichtige Rolle – denn der Luftraum wurde auch vereinigt. Mit Video.
Es musste schnell gehen und es musste improvisiert werden – die Organisation der lückenlosen Überwachung des bundesdeutschen Luftraumes ab dem 3. Oktober 1990, 0.01 Uhr. Das kleine Erndtebrück spielte dabei eine zentrale Rolle.
Die Vertreter Sowjetrusslands hatten zunächst noch darauf bestanden, bis zum geplanten vollständigen Abzug der russischen Besatzungskräfte bis Ende 1994 den Luftraum der neuen deutschen Bundesländer zu überwachen. Die Diplomaten konnten schließlich erwirken, dass die Souveränität im Deutschen Luftraum auch Aufgabe der Bundesrepublik wurde.
Aufgabe der Bundeswehr
Die Überwachung des Luftraumes im Kalten Krieg wurde zunächst von den Besatzungsmächten übernommen, in den sechziger Jahren stießen die jeweiligen deutschen Truppenteile dazu. In Ostdeutschland waren das die Funktechnischen Truppen (FuTT) der Luftstreitkräfte der Nationalen
Volksarme (NVA) für den Warschauer Pakt, in Westdeutschland der Radarführungsdienst der Luftwaffe für die Nato. So war es denn die alleinige Aufgabe des Radarführungsdienstes, ohne die Unterstützung der Nato-Partner (dies war von den Sowjets verboten worden) auch den Luftraum über den neuen Bundesländern zu überwachen.
Da die alleinige Überwachung aus Fürstenwalde jedoch nicht möglich war, weil von dort aus kein Bild des westdeutschen Luftraumes darstellbar war, wurde das Konzept eines nationalen Luftverteidigungs-Gefechtsstandes unter dem Namen Nationales Sector Operation Center (NSOC) entwickelt. Damit sollten die in Fürstenwalde einlaufenden Radardaten in ein westdeutsches Control and Reporting Centre (CRC) gebracht werden.
Als Standort hervorragend geeignet
Hier kam nun Erndtebrück ins Spiel: Die Edergemeinde eignete sich als vorläufiger Standort für das NSOC ganz besonders, da es als zentraler Ausbildungsstandort des Radarführungsdienstes alle drei Führungs- und Waffeneinsatzsysteme der Luftwaffe betrieb. Bei der Realisierung der Anbindung des NSOC Erndtebrück an das NSOC Fürstenwalde forderte einiges an Improvisationstalent ein. Die benötigten Geräte wurden erst am 26. und 27 September in Fürstenwalde abgeholt und in den letzten Septembertagen von einem Team der NVA im Erndtebrücker Bunker Erich installiert. Die Testdatenübertragung am 2. Oktober konnte dann erfolgreich durchgeführt werden.
Spannend wurde es dann am Abend – um 24 Uhr beendete der Zentrale Gefechtsstand 14 seine Arbeit im Rahmen der Luftverteidigung des Warschauer Paktes, die Verbindungen nach Minsk wurden unterbrochen. Um 0.01 am 3. Oktober meldete dann Fürstenwalde die Luftlage erstmals an Erndtebrück. Erst im Oktober 1992 wurde die Zweiteilung des NSOC aufgehoben und der nationale Gefechtsstand Erndtebrück gab die alleinige Verantwortung der Überwachung des ostdeutschen Luftraumes an Fürstenwalde ab.
Das ist der Bunker Erich
Ein großes Haus mitten im Grünen, umringt von hohen Zäunen, beinahe unscheinbar wirkt es heute von weitem. Bei näherer Betrachtung aber wird einem die große Bedeutung der Anlage deutlich – die, die der Bunker Erich in Erndtebrück in der Geschichte der Deutschen Bundeswehr einst besaß. Besitzer Ralf Pasbach nimmt uns mit auf eine Tour durch die Zeitgeschichte. Schon im Eingangsbereich des Bunkers zeugen Bilder und Schilder noch von der damaligen Zeit.
1961 starteten die Bauarbeiten des Bunkers. Eine Pariser Baufirma hatte damals den Auftrag dafür erhalten.
1968 war der Bunker fertiggestellt. Dass er 32 Jahre später eine wichtige Rolle bei der Wiedervereinigung Deutschlands spielen wird, hätte damals wohl kaum einer gedacht.
Am 3. Oktober 1990 – am Tag der deutschen Einheit und der Wiedererlangung der vollen Souveränität – wurde von dort nun auch zusammen mit einem Gefechtsstand in Fürstenwalde bei Berlin der ostdeutsche Luftraum mithilfe modernster Techniken überwacht. An diesem Tag übernahm die Bundeswehr die Überwachungstechnik der NVA. Einige dieser Geräte befinden sich auch heute noch dort. „Der Nato-Gefechtsbunker war seit der Planung nicht als Standort, wohl aber in seiner Funktion streng geheim“, so Pasbach, der sich genau mit der Geschichte des Bunkers befasst hat.
Alte Geräte und Bilder
Gerade einmal sieben Grad warm ist es in dem Gebäude. Zahlreiche Gänge, Treppen und Türen – verlaufen aber, so Pasbach, ist eigentlich nicht möglich. Schon von klein auf haben ihn Bunker begeistert. Im Jahr 2005 hat er sich den Traum vom eigenen Bunker erfüllt. Warum? „Ich möchte ein Stück Zeitgeschichte aufrecht erhalten und den Menschen näher bringen.“ Seitdem wohnt der gebürtige Wattenscheider in der Edergemeinde. Führungen bietet er nicht an – stattdessen finden auf dem Gelände gelegentlich Übungen der Feuerwehr oder des THW statt. Zudem wird das Außengelände für Sport- und Freizeitattraktivitäten genutzt – unter anderem für Airsoft.
Doch wie schaut es im Inneren ehemaligen Bunker heute aus? Über einen breiten Gang erreicht man das Herzstück des Bunkers – den Kontrollraum. Bilder dokumentieren, wie es zur aktiven Zeit im Inneren aussah – aufgereiht standen die Geräte nebeneinander. An der Wand eine große Projektierfläche. Im Raum davor – dem Computerraum – stehen ebenfalls noch einzelne Gerätschaften. Gerätschaften, die an die aktive Zeit erinnern. 1998 wurde der Betrieb im Bunker Erich aufgrund Brandschutzmängel eingestellt.