Bad Berleburg. Oliver Junker-Matthes möchte Bürgermeister von Bad Berleburg werden. Und er hat klare Vorstellungen für die Bürger der Kommune.

Strahlender Sonnenschein. 26 Grad. Von der Bank – hoch oben zwischen Wemlighausen und Wunderthausen – blickt Oliver Junker-Matthes hinab ins grüne Tal. Natur pur. Und eben die ist dem Bürgermeisterkandidaten aus Diedenshausen sehr wichtig. Klimawandel – das ist nur eins von vielen Themen in seinem Wahlprogramm, denn: Am 13. September möchte er Bürgermeister von Bad Berleburg werden. Mit der Lokalredaktion spricht er vorab über die Wichtigkeit der Selbstversorgung und dem Klimawandel.


Herr Junker-Matthes, in Ihrem Wahlprogramm werden viele verschiedene Themen angesprochen. Was aber wäre das Erste, was Sie im Falle einer Wahl angehen würden?

Oliver Junker-Matthes: Zuerst einmal müsste man sich natürlich einarbeiten. Das ist klar. Aber dann wäre mein erster Schritt, Gebäude aufzutun, um dann in jedem Dorf und in jedem Quartier ein Repair Café einzurichten. Das propagiere ich schon seit längerer Zeit, da wir so etwas dringend brauchen. Wenn die Menschen in Zukunft weniger Geld haben, weil sie womöglich in Kurzarbeit oder sogar arbeitslos sind, ist es schwer, dann noch ihren gewohnten Lebensstandard halbwegs halten zu können. Dennoch kaputte Dinge selber zu reparieren oder reparieren zu lassen – dafür möchte ich eine Struktur schaffen.


Unter anderem geht es aber auch um das Thema Selbstversorgung. Was verstehen Sie darunter?

Das Modell ist Halbtagsarbeiten, aber in der ländlichen Region ist das schwierig. Für vier Stunden Arbeit 20 Kilometer zu fahren, wäre nicht sinnvoll. Daher wäre es besser, drei Tage die Woche zu arbeiten und den Rest der Woche zu Hause, in seinem Garten oder aber im Repair Cafe zu verbringen, um dort gemeinschaftlich Dinge herzustellen. Mein Programm habe ich noch vor Corona geschrieben. Inzwischen aber ist es so, dass man die Menschen nicht mehr animieren muss, nur noch einen halben Job zu haben. Zukünftig haben die Menschen gar keinen Job mehr oder sind in Kurzarbeit, oder, oder….Ein Repair Café in jedem Dorf wäre daher sehr weitsichtig gedacht. Und da möchte ich, sollte ich gewählt werden, auch wirklich helfen einzurichten, damit die Menschen hier einen ähnlichen Lebensstandard führen können. Und ich betone: Einen Ähnlichen, nicht den Gleichen – davon müssen wir uns verabschieden.

Wie kommen Sie zu der Annahme?
Wir haben es zu doll auf Kosten unserer Lebensgrundlagen getrieben, dass dies nicht mehr tragbar ist. Jetzt erkennen wir die Folgen davon. Ich möchte niemanden etwas vorschreiben, aber es wird irgendwann so nicht mehr funktionieren und die Verteilungskämpfe möchte ich nicht haben.

Kommen wir zum Thema Klimawandel?
Die Einschränkungen durch Corona sind ein Witz im Gegensatz zu dem, was uns noch bevor steht, wenn wir nicht dringend unser Verhalten ändern. Davon gehe ich aus. Wenn man nun in die Natur geht und feststellt: Mensch, hier geht ja alles kaputt, ist das womöglich auch etwas, worüber man nachdenkt. Wir haben den Klimawandel. Und das hat auch etwas mit der Versorgungssicherheit zu tun. Corona hat gezeigt, dass es auch in Deutschland leere Regale geben kann. Mein Konzept sieht vor, sich selbst zu versorgen. Auf dem Land zu leben, kommt immer mehr in den Köpfen an. Das war schon immer so: In den Krisenzeiten waren die Menschen auf dem Land gefragt.



Wie stehen Sie zur Fridays for Future Bewegung?

Dadurch, dass es die gibt, habe ich mich getraut, mein Wahlprogramm so zu schreiben, wie es nun ist. Und das, was die Bewegung proklamiert, war auch der Grund, warum wir vor 30 Jahren nach Bad Berleburg gezogen sind. Genau aus dem Grund. Es war damals nur noch nicht Mehrheitsfähig. Und Fridays for Future ist leider noch kein Mainstream, aber das wird es ruck zuck werden. Nicht weil ich prophetisch bin, sondern weil es zu Engpässen in allen Lebensbereichen kommen wird. Und dann können wir noch so viele Arbeitsplätze bieten. Wenn wir hauptsächlich für den Export produzieren, ist der Arbeitsplatz nicht sicher.


Was möchten Sie in der kommunalen Politik erreichen?
Ich möchte die Kommunalpolitik demokratisieren, das heißt, die Stadtverordneten entwickeln die Stadt Bad Berleburg und die Verwaltung handelt in deren Auftrag. Und nicht anders herum. Je nach demokratischen Mehrheiten in der Stadtverordnetenversammlung ist es da natürlich nicht leicht, eigene Vorstellungen umzusetzen. Ich würde aber in meiner moderierenden Funktion als Bürgermeister alle Überlegungen auf die Folgen für das Klima hinterfragen. Das heißt, einen tatsächlich öffentlichen Diskussionsprozess in Gang zu bringen ist dann meine eigentliche Aufgabe.

Ein weiterer Punkt in ihrem Programm ist eine Gemeinwohlorientierung. Was meinen Sie damit?
Mir ist es wichtig, das wir unser Leben nicht zum Wohle Einzelner, sondern gemeinwohlorientiert organisieren. Irgendjemand muss damit anfangen, warum nicht wir? Gerade die „Provinz“, wo Strukturen des Gemeinschaftsgefühls und der gegenseitigen Hilfe noch vorhanden sind, hat doch die besten Voraussetzungen, solch einen Diskussionsprozess zu beginnen. Dies will ich, neben der Bewältigung der städtischen Alltagsprobleme, als Bürgermeister anstoßen und moderieren.


Bleibt noch das Thema KAG-Gebühren: Was sagen Sie dazu?

Ich habe beim Thema KAG eine ziemlich spezielle Meinung und die habe ich auch recht früh gesagt. Eigentlich müsste man das alles einkommensabhängig machen. Wenn einer viel hat, kann er auch mehr beitragen. Ich bin aber nicht für eine völlige Abschaffung der KAG-Gebühren, sondern dafür, dass 20 Prozent die Anwohner einkommensabhängig zahlen und 20 Prozent die Stadt. Denn: Wenn die Menschen es gestellt bekommen, dann wollen sie womöglich eine goldene Straße haben. Wenn man aber einen Teil dazu beitragen muss, dann überlegt man ersteinmal, in welchem Ausbaustandard man das überhaupt brauchen wird.

Weitere Informationen zur Person und dem Wahlprogramm unter www.guteslebenfüralle.de