Bad Berleburg. Sonja Kuhn-Weber fürchtet um ihr Zuhause, einen Einzelhof in direkter Nähe zu den geplanten Anlagen. Sie ist nicht allein.
„Ich bin stocksauer“, sagt Sonja Kuhn-Weber. Sie ist vor sieben Jahren mit ihrer Familie ganz bewusst in die Einsamkeit der Wälder oberhalb von Arfeld gezogen. Doch diese Ruhe und Natur ist jetzt durch den Bau von Windkraftanlagen bedroht: „Die machen mein Zuhause kaputt. Es wird nie wieder so still sein und nachts nie wieder so dunkel“, berichtet die Floristin.
Ihr Zorn richtete sich einerseits gegen den Kreis Siegen-Wittgenstein als Genehmigungsbehörde und andererseits gegen den Investor, die Eder-Energy GmbH & Co. KG. Und dabei geht es gar nicht mehr so sehr darum, dass der Bau von vier Windkraftanlagen genehmigt wurde, sondern um die Kommunikation dieser Entscheidung.
Auch Bürgermeister wurde überrascht
Sonja Kuhn-Weber lebt seit Jahren mit den Plänen von Windkraftanlagen hinter ihrem Haus und hat trotz der zwischenzeitlich auch juristisch versagten Baugenehmigung nie an der Hartnäckigkeit des Investors aus Bad Laasphe gezweifelt: „Ich habe darauf gewartet“, sagt sie und hat sich auch in das komplizierte Verfahren eingearbeitet. Deshalb sei die neue Entscheidung nicht ganz überraschend. Gestern, direkt am Tag nach der Pressekonferenz sei sie schon bei Bürgermeister Bernd Fuhrmann gewesen. Auch der sei von der Genehmigung überrascht worden.
Diese Überraschung über die offenbar nicht angekündigte Pressekonferenz des Kreises trifft Bürger und Politik gleichermaßen. Und es rührt sich erster Widerstand.
„Das Dorf wurde von dieser Nachricht überrascht. Widerstandslos werden wir das nicht hinnehmen“, kommentiert Arfelds Ortsvorsteher Kai Uwe Jochims die Nachricht. Jochims Parteifreund und Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion, Eberhard Friedrich ist ebenfalls sauer über den Alleingang. In der kommunalen Familie müsse man sich zumindest im Vorfeld einen Hinweis geben: „Es läuft nicht so, dass königliche Hoheit entscheidet und die Untertanen folgen“, wettert Friedrich. „Ich finde es unerhört, dass das ohne jede Abstimmung mit der Kommune verkündet wurde.“
Pochen auf Rechtsprechung
Für Friedrich ist auch ein Teil der Begründung für die Genehmigung äußerst fragwürdig: „Noch ist unser Flächennutzungsplan gültig. Diese Rechtsprechung kann man nicht ignorieren“, sagt der Fraktionsvorsitzende mit Blick auf die Windkraftvorrangzone Osterholz. Deren ausschließende Wirkung für weitere Windkraftprojekte hatte bislang alle Vorhaben verhindert. Nun aber soll die Vorrangzone nach aktuellen Rechtsprechungen so nicht mehr gültig sein, argumentierte der Kreis am Mittwoch.
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Die Stadt Bad Berleburg hatte sich nach dem Bekanntwerden der Genehmigung in einer Stellungnahme ebenfalls überrascht von der Entscheidung gezeigt und die Prüfung juristische Schritte gegen die erteilte Baugenehmigung angekündigt. Das stößt auch bei der SPD-Fraktion auf Zustimmung. „Wir pochen auf das Urteil des Verwaltungsgerichtes Arnsberg“, sagt der Fraktionsvorsitzende Bernd Weide, der es „seltsam“ findet, dass weder der zuständige Dezernent Arno Wied, noch andere Stellen des Kreises vorher den Kontakt zur Stadt Bad Berleburg gesucht hätten. Er habe Verständnis dafür, dass man unterschiedlicher Rechtsauffassung sein könne, aber dann müsste doch zumindest ein Hinweis erfolgen. „Wir werden eine Klage gegen den Kreis schon wegen der Präzedensfallwirkung unterstützen“, sagt Weide. Immerhin werde durch die Genehmigung ein bestehender Flächennutzungsplan der Stadt ausgehebelt.
Für Sonja Kuhn-Weber ist das ersteinmal zweitrangig. Sie befürchtet, dass der Wert ihres Hauses durch Lärm, Schattenwurf und Nachtbeleuchtung durch die Anlagen sinkt. „Dann wohnen wir demnächst im Industriegebiet. Wir haben keine Lärmschutzfenster oder Rollos“ und auch die Gutachten zum Thema Lärm zweifelt sie an. „Wir haben hier ein Echo wie am Königsee. Ich glaube nicht, dass die Gutachter das einberechnet haben“. Bei Kuhn-Weber kommt zudem noch eine Furcht hinzu, dass die Entscheidung des Kreises anderen Investoren Tür und Tor öffnet, die bereits Planungen im Ohrenbach und der Schmalen Seite begonnen haben.
Der Investor Ludwig Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg mochte für die Eder-Energy GmbH & Co. KG im Gespräch mit dieser Zeitung keinen Kommentar abgeben.