Wittgenstein. Nicht nur im Vergleich zu den Wittgensteiner Nachbarn, hat Bad Laasphe ein schlechtes Zeugnis ausgestellt bekommen. Hier sind alle Zahlen.

Zahlen lügen nicht, heißt es. Aber ein genauer Blick darauf, wie eine Bewertung zustande kommt, lohnt immer – auch und gerade bei diesem Fall.

Wenn es um die Lebensqualität geht, dann unterscheidet die drei Wittgensteiner Kommunen nur eine Nuance. Aber unterm Strich steht ein interessanter Wert, der ungewöhnlich negativ ausfällt: Bad Laasphe schneidet bei der Frage „Wie gerne leben Sie in ihrem Ort?“ von den drei Wittgensteiner Kommunen am schlechtesten ab – und belegt im Ranking von 40 südwestfälischen Städten sogar nur den drittschlechtesten Platz. Das Schlusslicht war Siegen, mit einem „Befriedigend“. Das aber ist entscheidend, denn: Alle Kommunen haben in der Gesamtbewertung mindestens eine befriedigende, also durchschnittliche Bewertung erhalten.

Vieles folgt bei der Verteilung der Bewertungen der so genannten Gauß’schen Normalverteilung, bei der die Mittelwerte am stärksten ausgeprägt und die extrem guten oder besonders schlechten Noten eher selten sind. Schaut man sich aber die Detail-Ergebnisse für die drei Wittgensteiner Kommunen an, dann fällt neben dem eher mittelmäßigen Gesamtergebnis eines besonders auf: Deutlich mehr als die Hälfte aller Befragten haben ihrer Heimatstadt oder ihrem Wohnort mindestens eine gute bis sehr gute Bewertung geben.

Bad Laasphe

55,1 Prozent sind mehr als zufrieden. Ein Drittel (33,5 Prozent) aller Bad Laaspher hat die eigene Stadt sogar mit einem „Gut“ bewertet. Mehr als ein Fünftel (21,6 Prozent) verteilten ein „Sehr gut“. Aber das reicht eben doch nicht.

An unserer großen Heimatcheck-Umfrage haben rund 16.000 Menschen teilgenommen. Diese Grafik zeigt das Ergebnis der Frage: „Wie gerne leben Sie in ihrem Ort?“ nach Schulnoten.
An unserer großen Heimatcheck-Umfrage haben rund 16.000 Menschen teilgenommen. Diese Grafik zeigt das Ergebnis der Frage: „Wie gerne leben Sie in ihrem Ort?“ nach Schulnoten. © WP | Sascha Kertzscher

Der Schlüssel liegt darin, dass 24,7 Prozent ihrer Stadt nur ein „Befriedigend“ und 10,1 Prozent ein „Ausreichend“ geben. 3,5 Prozent vergaben die Schulnote „Mangelhaft“ und 4,4 Prozent ein „Ungenügend“, 2,2 Prozent machten Keine Angaben.

Bad Berleburg

67,3 Prozent der Befragten erteilten ihrer Heimatstadt Bad Berleburg ein hervorragendes Zeug­nis. Bemerkenswert sind die 40,1 Prozent die mit „Gut“ bewerteten und die 27,2 Prozent, die sogar ein „Sehr gut“ vergeben haben.

Mit 17,3 Prozent bei der Note „Befriedigend“ sind es ein paar Punkte zu viel für einen Sprung nach vorn. 8,0 Prozent bewerteten die Lebenssituation in Bad Berleburg mit „Ausreichend“, 2,2 Prozent vergaben ein „mangelhaft“ und ebenso viele ein „ungenügend“. 3,2 Prozent benoteten nicht.

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Erndtebrück

58,5 Prozent der Umfrageteilnehmer haben Erndtebrück mindestens „Gut“ bewertet. 28,1 Prozent bewerteten ihren Wohnort mit „Sehr gut“ und weitere 30,4 Prozent mit „Gut“. Hinzu kommen 22,8 Prozent, die zumindest ein „Befriedigend“ vergeben würden. 10,7 Prozent würden die Frage nach dem „gerne in Erndtebrück leben“ mit „Ausreichend“ beantworten. Nur 0,9 Prozent sehen ein „Mangelhaft“ und 4,9 Prozent ein „Ungenügend“. 2,2 Prozent machten keine Angaben.

Zahlen sind das eine. Wir haben aber auch mit den Menschen über ihre Heimatorte gesprochen.

Stimmen

Als Berufssoldat pendle ich zwischen Bad Laasphe und Köln, kenne also beide Welten. An Wittgenstein und meinem Heimatdorf Hesselbach gefällt mir das Bodenständige. Das ist eine ganz andere Welt als die Großstadt. Hier bin ich keine Nummer, kenne ich meine Nachbarn und kann mich auf die Menschen verlassen. Negativ ist die Nothaushalt-Situation in Bad Laasphe. Das macht viel kaputt. Wäre die Indus­trie nicht so stark und die Arbeitslosigkeit so gering und das Wir-Gefühl auf den Dörfern so hervorragend, wobei die Vereine ganz viel leisten, dann wäre hier überhaupt nichts mehr lebenswert.

André Becker, Hesselbach

Ich liebe Bad Berleburg. Ich bin seit 30 Jahren hier und habe viele Entwicklungen und Veränderungen mitgemacht. Ich bin aus dem Osten gekommen und wir haben hier gebaut. Ich habe als Krankenschwester bei der Wittgensteiner Kuranstalt angefangen und bin jetzt stellvertretende Pflegedienstleiterin in der Vamed-Rehaklinik. Heute möchte ich nicht mit einer anderen Stadt tauschen. Ich habe tolle Freunde und Kollegen hier. Ich arbeite, wo andere Urlaub machen. Und in Bad Berleburg haben wir auch tolle Attraktionen wie das Wisent-Projekt und das Schloss. Dafür bin ich sehr dankbar.

Silvana Lorenz, Raumland

Für mich ist das Heimat. Hier kennt jeder jeden und ich finde das gut. Ich wohne erst seit 25. Januar in Bad Berleburg, habe aber bisher nur gute Erfahrungen gemacht. Mein Großvater war ein Dornhöfer und stammte aus Feudingen. Ich wurde in Siegen geboren, bin aber mit meine Eltern früh weggezogen. Ich habe dann 37 Jahre in Heidelberg und Südhessen gelebt, bevor ich hierher gezogen bin. Ich kannte Berleburg, durch meine Eltern. Wir sind Wandervögel und haben viele Jahre lang im Hof Dambach Urlaub gemacht. So schließt sich der Kreis.

Rosemarie Borkenhagen, Bad Berleburg

Ich komme aus dem Siegerland und bin wegen meiner Frau nach Wittgenstein gezogen. Ich leben gern in Benfe, weil es ländlich ist, sich die Leute hier kennen und man schnell Anschluss findet. Natürlich gibt es auch Dinge, die nicht so schön sind – wie zum Beispiel die Kälte (lacht, weil Benfe zu den kältesten Orten in NRW gehört). Ein wirklicher Schandfleck ist aber zum Beispiel das abrissreife Haus Ederkopf, auf das wir hier in Benfe schauen müssen. Das ganz Dorf hat in den vergangenen Jahren eine gute Entwicklung durch die neue Dorfstraße gemacht, nur hier ist nichts passiert.

Rüdiger Sting, Benfe

Der Zusammenhalt auf den Dörfern wie bei uns in Feudingen ist größer als in der Kernstadt. Ich kommen aus Saßmannshausen und bin über den Fußball nach Feudingen gekommen. Hier ist es lebenswerter als in Laasphe und hier engagieren sich die Menschen in den Vereinen auch stärker. In Bad Laasphe hat das Freibad vor Jahren ein neues, teures Becken bekommen. Bei uns bleibt das Bad nur durch den Förderverein erhalten.
Sebastian Greb, Feudingen

Ich bin in Erndtebrück aufgewachsen, habe meine Wurzeln hier und bin als Nesthocker hier geblieben. Das ist mein Umfeld und ich lebe gerne hier. Schade finde ich nur, dass die Traditionen des Eisenbahnerdorfes, die Erndtebrück geprägt haben, verschwinden. Der verfallene Bahnhof ist ein Beispiel dafür.
Andreas-Michael Roth, Erndtebrück

Ich bin hier geboren und lebe seit 56 Jahren hier. Ich hatte die Möglichkeit, weg zu gehen und nach Dänemark zu ziehen, bin aber geblieben. Ich bereue es nicht. Am meisten gefallen mir die Menschen in Bad Laasphe, ich haben viele Freunde und Bekannte und bin als Taxifahrer natürlich auch sehr bekannt.
Ingo Hollmann, Bad Laasphe