Bad Laasphe. Lisa Achatzi musste ihre Tour durch Südamerika wegen Corona abbrechen. Ihr abenteuerlicher Weg zurück nach Bad Laasphe.
Lisa Achatzi ist zurück in Bad Laasphe. Binnen einer Woche zwang sie das Coronavirus zu einem 3300-Kilometer-Ritt nach Buenos Aires, zwölf Stunden Wartezeit in Sao Paolo und dem Ende ihrer Radreise. Vorerst. Denn Achatzi wird zurückkehren und ihr Projekt beenden, Fahrrad und Taschen sind noch in Argentinien.
Im Elternhaus in Bad Laasphe zwingt sich die 30-Jährige zur Reflektion, irgendwo zwischen nüchterner Einsicht und sehnsüchtigem Fernweh. „Es fühlt sich irgendwie absurd an, weil von heute auf morgen alles umgeschwenkt ist“, sagt Achatzi etwas lethargisch.
„Es fing ganz unterschwellig an“
Ein Rückblick: In Südamerika war die Pandemie erst seit ein paar Tagen in das Bewusstsein der Menschen getreten, kam dann jedoch mit voller Wucht. In der Medienlandschaft Argentiniens war Corona zwar ein Thema, doch keines von Existenz bedrohender Bedeutung.
Achatzi fährt zu diesem Zeitpunkt durch Feuerland, auf Menschen trifft sie dort ebenso selten wie auf brandaktuelle Nachrichten. „Es fing ganz unterschwellig an, zum Beispiel stand in einem kleinen Kiosk ein Desinfektions-Ständer“, erinnert sie sich. Das war es dann auch, eine Vorsichtsmaßnahme, von Hysterie noch keine Spur.
Einreisestopp ändert alles
Als aber die USA den Einreisestopp für Reisende aus Europa beschließen und es auf den großen Flughäfen Südamerikas hektisch wird, mutiert die pandemische Mücke über Nacht zu einem polternden Elefanten. Die Nachrichten überschlagen sich, als von Ausgangssperren in Großstädten die Rede ist.
Achatzi hört von Plänen, die eine Abriegelung ganzer Provinzen vorsehen. Für sie beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Nur irgendwie und vor allem schnell nach Buenos Aires: „Mir bleibt nichts anderes übrig, als zu versuchen, nach Deutschland zu kommen. Alles andere macht keinen Sinn. Die Lockdowns werden hier auch kommen. Was bringt es mir, wenn ich dann hier feststecke?!“, sagt sich Achatzi.
„Nehmen Sie Ihre Beine in die Hand“
Sie will die Deutsche Botschaft kontaktieren, doch vorher bekommt sie eine Push-Botschaft des Auswärtigen Amtes, in der eine allgemeine Reisewarnung für alle Länder ausgesprochen wird. Auf Deutsch: Liebe Frau Achatzi, nehmen sie bitte Ihre Beine in die Hand.
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Sie reist zweimal per Anhalter und steigt dann in einen Bus, der sie nach Buenos Aires bringt. Ihr Fahrrad „Black Panther“ darf sie im Bus nicht mitnehmen und muss per Post nachgeliefert werden.
Ein Ritt ohne Pause
Drei Tage und 3500 Kilometer dauert der Weg bis Buenos Aires, alles in einem Ritt, alles ohne Pause. In der Hauptstadt Argentiniens ist das Virus derweil angekommen. Überall wird Desinfektionsmittel benutzt, Fiebermessungen gehören zum Alltag.
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Hinzu kommt ein Umstand, der Achatzi umtreibt: „Man wird angeguckt, als ob man selbst das Virus wäre. Am falschen Ort entsteht dann schnell mal eine Art Corona-Rassismus.“ Als sie in einem Supermarkt mit Kreditkarte bezahlen will, wird diese von der Verkäuferin desinfiziert.
Europäer aus einem Restaurant geworfen
In einer WhatsApp-Gruppe erzählen andere Radreisende von Militär und Polizei, die inzwischen Hotels und Hostels nach Europäern durchsuchen. Andere berichten von einem Vorfall in einem Restaurant, in dem
Europäer rausgeschmissen wurden.
Als sie am Flughafen ankommt, ist der Großteil der Flüge gestrichen. Aber sie hat Glück und schafft den Zwischenstopp in Sao Paolo, von wo sie nach zwölf Stunden Wartezeit mit einem Flieger nach Frankfurt abhebt.
Im Flugzeug denkt sie an das Wiedersehen mit ihrer Familie. Doch auch an ihren treuen Begleiter mit zwei Rädern, der nun einsam in einem Schuppen steht.