Bad Berleburg. Ursula Belz schlägt Handzettel zum Fahrplan für alle Haushalte vor, um auch ältere Mitbürger zu erreichen. Unsere Redaktion testet die Route.

Immerhin schon seit Dezember 2018 dreht die erweiterte Stadtbus-Linie L 190 ihre Runde durch die Kernstadt – vom Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) über den Friedhof am Sengelsberg, vorbei an Odebornklinik und Berleburger Schloss, über Hochstraße und Berufskolleg hinauf zum Altenheim „Haus am Sähling“ und von dort zurück Richtung Innenstadt und ZOB. Doch die Zahl der täglichen Fahrgäste hält sich in Grenzen – Bad Berleburgs Ortsvorsteherin Ursula Belz schlägt deshalb mehr Werbung für den Stadtbus vor, um dessen Bekanntheitsgrad zu steigern. Gemeinsam mit ihr machte die Redaktion jetzt den Fahr-Test.

Start am ZOB

Der erste Kleinbus auf insgesamt vier regulären Fahrten montags bis freitags startet um 13.30 Uhr ab ZOB. Weitere Fahrten mit dem Taxibus vormittags, am Wochenende und an Feiertagen müssen zuvor telefonisch bestellt werden. Unterwegs sind die Busse zumindest unter der Woche im Zwei-Stunden-Takt.

Taxibus nicht sehr praktikabel

Nicht unbedingt praktikabel findet Busunternehmer Thomas Wieland aus Sassenhausen die Taxibus-Touren im Fahrplan auf telefonische Bestellung. „Die 0180er-Nummer ist noch nicht einmal kostenfrei“, sagt er. Und man müsse mindestens eine Dreiviertelstunde vor Fahrtbeginn anrufen – spontane Fahrten also ausgeschlossen.

Und während Wieland in einem Kleinbus mit 19 Sitzplätzen unterwegs ist, kommen auf Bestellung meist nur ein Achtsitzer oder auch ein normales Taxi. Außerdem erfährt Ursula Belz in Bürger-Gesprächen, dass vor allem Senioren „der Taxibus von der Handhabung her schwerfällt“. Und: Vom Taxibus werden auch nur jene Haltestellen bedient, zu denen er bestellt wird.

Es gebe aber keine Hinweise, „dass das Platzangebot nicht ausreichend wäre“, heißt es aus dem Bad Berleburger Rathaus – allerdings: „Eine barrierefreie Nutzung ist mit der Linie aber sicherlich nicht in vollem Umfang gegeben.“

Zur verstärkten Werbung für die Stadtbus-Linie schlägt Ortsvorsteherin Belz Handzettel mit Infos rund um den Fahrplan für jeden Bad Berleburger Haushalt und zum Beispiel auch für die Kliniken entlang der Linie vor. So erreiche man mit den Senioren und Klinik-Patienten auch die Kern-Zielgruppe der Linie, die sich die Information oft eben nicht online aus dem Internet hole.

Laut Stadt nutzen den Bus gern auch Patienten vom „Haus am Schlosspark“, einer Fachklinik für Lymphologie und Ödem-Erkrankungen. Dort würde man sich wünschen, dass der Bus direkt vor der Klinik hält, berichtet Wolfgang Grund, im Berleburger Rathaus Abteilungsleiter „Infrastruktur und Erholung“.

Es „fahren ja fast nur Ältere mit“, stellt Busunternehmer Wieland fest. Er fährt auch selbst täglich zwei der vier regulären Stadtbus-Touren im Auftrag der VWS. Insgesamt seien es zwei bis drei Fahrgäste pro Tour.

Doch: Wo fährt der Stadtbus ab? Tafeln gleich an zwei ZOB-Bussteigen weisen auf die L 190 hin. Richtig ist der Bussteig zum Bahngleis hin, mit dem angegebenen Fahrtziel „Altersheim“ – während an dem zweiten Bussteig zur Bahnhofstraße hin mit Fahrtziel „Schulzentrum“ nur die vier Schulbus-Verbindungen der Linie halten. Das muss man wissen.

Wichtig aus Sicht von Ursula Belz, die auch für die CDU-Fraktion in der Bad Berleburger Stadtverordneten-Versammlung sitzt: „Wir müssen prüfen, wie man mit diesem Angebot am besten umgeht, um es auch wirklich nützlich zu machen für die Bevölkerung“ – für meist wenig mobile Senioren, als umweltgerechte Alternative zum Auto.

Haltestelle „Friedhof“

13.34 Uhr: Der Stadtbus erreicht die Haltestelle „Friedhof“ am Sengelsberg, derzeit wie noch eine ganze Reihe anderer, seinerzeit neu eingerichteter Haltestellen der Linie ein Provisorium. Niemand steigt zu.

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Von Christoph Vetterund Eberhard Demtröder

„Diese Linie ist als Start-Aufstellung eines Stadtbusses und daher bei weitem nicht als endgültige Lösung zu verstehen“, so die Stadt Bad Berleburg auf Anfrage unserer Redaktion. Bereits 2018 habe die Stadt eine Erweiterung der bereits vorhandenen Linie L 190 vorgeschlagen – „daher sind die jetzigen Haltestellen vorerst ein Provisorium“. Eingerichtet worden sei die Linie zum Start des neuen Regionalfahrplans zum 15. Dezember 2018, die Haltestellen-Schilder seien „zu einem späteren Zeitpunkt Anfang 2019 als Provisorium aufgestellt“ worden. Das solle sich aber ändern, macht die Stadtverwaltung deutlich: „Bei endgültiger Verortung sollen die Haltestellen entsprechend den Vorgaben an Verkehrseinrichtungen ausgebaut werden.“

Haltestelle „Odebornklinik“

13.37 Uhr: Von der immer noch provisorischen Haltestelle „Odebornklinik“ aus fährt Wieland den „Schlosspark“ an, dreht dann eine Schleife über den Goetheplatz in Richtung Hochstraße. Natürlich müsse man bei der anstehenden Umgestaltung des Goetheplatzes auch den Stadtbus-Verkehr berücksichtigen, mahnt Ursula Belz an.

Fahrgästen, die mit ihrem Rollator zusteigen, hilft Busfahrer Thomas Wieland übrigens gern: „Wir können den Rollator zusammenklappen und im Kofferraum verstauen.“

Haltestelle „Altenzentrum“

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13.47 Uhr: An der Haltestelle „Altenzentrum“ vor dem „Haus am Sähling“ steigt ein junger Mann zu. Er wohnt in der Nachbarschaft des Seniorenheims. „Ich fahre regelmäßig mit dem Stadtbus zur Arbeit“, sagt er. Sein Arbeitsplatz – das ist eine Gaststätte in der Innenstadt.

Bad Berleburgs Ortsvorsteherin Ursula Belz, die auch für die CDU-Fraktion in der Stadtverordneten-Versammlung sitzt: „Wir müssen prüfen, wie man mit diesem Angebot am besten umgeht, um es auch wirklich nützlich zu machen für die Bevölkerung.“
Bad Berleburgs Ortsvorsteherin Ursula Belz, die auch für die CDU-Fraktion in der Stadtverordneten-Versammlung sitzt: „Wir müssen prüfen, wie man mit diesem Angebot am besten umgeht, um es auch wirklich nützlich zu machen für die Bevölkerung.“ © Eberhard Demtröder

Also, gestern hatte ich mehr Fahrgäste“, sagt Fahrer Wieland, als er den Bus vom „Altenzentrum“ an der Vamed-Klinik vorbei in Richtung Nordkreisel steuert. So fahre fast jeden Tag eine Frau zum Einkaufen mit. Heute offenbar nicht. Aber Ende des Monats, wenn die Rente auf dem Konto lande, seien oft viele Rentner im Stadtbus.

Was kostet eigentlich die Fahrt im Stadtbus? „1,80 Euro“, sagt Thomas Wieland. Dabei sei es egal, wo man ein- oder aussteige.

Haltestelle „Rewe“

13.53 Uhr: Wer allerdings im Hit-Markt an der Bahnhofstraße einkaufen möchte, steigt entweder am „Rewe“ aus oder am ZOB. Dazwischen gibt es keine Stadtbus-Haltestelle. Eine weitere Optimierung der Fahrtstecke allerdings halten sowohl Busunternehmer Wieland als auch Ortsvorsteherin Belz für schwierig. Damit entstünden Mehrkosten, so Belz, die von der Stadt Bad Berleburg zu tragen seien.

Die Nachfrage

Derweil kündigt der Zweckverband Personennahverkehr Westfalen Süd (ZWS) an, die Nachfrage vor Ort zu überprüfen. „Wir werden noch bis Ende des Monats eine Nachfrage-Erhebung veranlassen“, so ZWS-Geschäftsführer Günter Padt.

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Dass der Stadtbus kurzfristig dem Rotstift zum Opfer fallen könnte wie seinerzeit die testweise verlängerte Linie von Wingeshausen über Jagdhaus nach Schmallenberg oder der ebenfalls angetestete Schnellbus von Bad Berleburg nach Bad Laasphe, schließt Padt allerdings aus: Das neue Angebot sei im Nahverkehrsplan des Kreises Siegen-Wittgenstein enthalten – und somit in den nächsten Jahren fester Bestandteil des ÖPNV-Angebots in der Stadt Bad Berleburg.

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