Wittgenstein. Wittgensteiner Pfarrer berichten von ihren Weihnachtsfesten auf der südlichen Seite der Erde.
Mehr Regen als Schnee, schmuddeliges Wetter bei niedrigen Plus-Temperaturen – so die Aussichten beim Weihnachtswetter für den Wittgensteiner Kirchenkreis. Den verschneiten Winterwald wird’s wohl wieder nicht geben, wobei der Deutsche Wetterdienst gerade nochmal festgestellt hat, dass selbst in den deutschen Mittelgebirgen die Weiße-Weihnachts-Wahrscheinlichkeit nur bei 30 bis 50 Prozent liegt.
Und doch gehört Schnee irgendwie zum perfekten Heiligabend-Bild dazu. Jedenfalls auf unserer Nord-Halbkugel – aber wie ist das mit Weihnachten auf der südlichen Seite vom Globus? Hier geben zwei Wittgensteiner aus der Welt und ein Neu-Wittgensteiner Auskunft.
Ute Hedrich
Da wäre als Erstes Ute Hedrich, seit gut zwei Jahren Pfarrerin der Evangelischen Gemeinde deutscher Sprache in Simbabwe, deren Martin-Luther-Kirche in der Hauptstadt Harare steht: „Sommerferien, Hitze, blühende Bäume, frische Mangos und Papaya, Tomaten und Kohlrabi und Spinat aus dem Garten, Adventskranz auf der Terrasse, daneben Kerzen mit Citronella gegen die Mücken.“
Ute Hedrichs Assoziations-Kette für Weihnachten hat sich verändert, seit sie in Afrika lebt. Alte Tradition muss sie heute anders mit Leben füllen: „Aus meiner Jugend in der Balde kenne ich es, dass irgendwann im Herbst eine rote Schleife um einen Baum gebunden wurde und alle hofften, dass dieser dann auch kurz vor Weihnachten wieder gefunden wird.“
Fichten und Tannen hat sie keine in der 1,5-Million-Menschen-Metropole Harare, deshalb ihre Lösung in diesem Jahr: „Wir pflanzen aus drei Pinienspitzen den Weihnachtsbaum in einen Blumentopf mit Erde und Sand.“
Das selbst gemachte Arrangement nutzt dabei Sturmbruch vom Kirchengrundstück, das erste Sommer-Gewitter hatte einige Bäume umstürzen lassen. Ute Hedrichs Urteil fällt liebevoll-kritisch aus: „Es wird keine gerade Tanne. Aber wir versuchten mit Kordel und anderen Tricks das Beste zu erreichen.“
Jaime Jung
Die „Stille Nacht“ gibt es auch auf Portugiesisch, die Muttersprache von Jaime Jung, der inzwischen seit einem guten Jahr als Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Erndtebrück arbeitet und hier im Advent einiges Bekanntes gehört hat, denn für sein ursprüngliches Heimatland Brasilien gilt: „Gesungen
werden auch viele aus dem Deutschen übersetzte Weihnachtslieder.
Generell fällt auf, dass einige Bräuche und Traditionen für Deutsche gar nicht so fremd erscheinen. Natürlich fehlen dort die Kälte und der Schnee. Deshalb gibt‘s einen Ausweg: Viele Weihnachtsbäume werden neben Kugeln mit Watte geschmückt, um den Schnee darzustellen. Diese Weihnachtsbäume und andere Bräuche sind von deutschen Einwanderern vor knapp 200 Jahren nach Brasilien mitgenommen und – besonders in Südbrasilien – bewahrt worden. Auch das Plätzchenbacken gehört dazu, und bei manchen evangelisch-lutherischen Familien darf auch der Adventskranz nicht fehlen.
Es kann aber dazu kommen, dass wegen der Hitze die Kerzen schon schmelzen, bevor sie angezündet sind.“ Auch Jaime Jungs Vorfahren waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus dem kargen Leben im Hunsrück und in Pommern nach Südamerika ausgewandert. Während in Simbabwe der 25. Dezember das entscheidende Datum ist, ist es in Brasilien wie bei uns der Heiligabend.
Max Born
„Feliz Navidad“ heißt es indes in diesem Jahr für Max Born, der Mitarbeiter aus der Jugendarbeit der Evangelischen Kirchengemeinde Bad Berleburg ist im Sommer nach seinem Freiwilligen Sozialen Jahr im Christus-Haus nach Argentinien aufgebrochen. Zu einem weiteren FSJ im „Hogar Granja Emanuel“, einem Zentrum für Jugendliche und Erwachsene mit Behinderung in der 80.000-Einwohner-Stadt Gualeguaychú, im Nordosten des Landes.
Statt des ersten Türchens im Adventskalender zuhause markierte für Max Born in dem katholischen Land diesmal ein anderer Tag den Start auf dem Weg zum Fest: „Weihnachtliche Stimmung kommt in Argentinien ab dem 8. Dezember auf, der Tag der unbefleckten Empfängnis der Jungfrau María.
Dann wird traditionell der Christbaum geschmückt. Dabei handelt es sich aber nicht klassischerweise um einen Nadel-, sondern um einen Plastikbaum. Aufgrund der hohen Temperaturen sind Nadelbäume eine Rarität. Auch Weihnachtsmärkte sucht man vergebens, wenige Ausnahmen findet man in der Hauptstadt Buenos Aires.
Ähnlich verhält es sich mit Lebkuchen, Spekulatius und Vanillekipferln sowie Glühwein. Weitaus beliebter ist es, an Weihnachten frischen Obstsalat zuzubereiten oder ein Eis zu essen. Kein Wunder bei Temperaturen, die beinahe bis an die 40-Grad-Marke klettern.
Max Born hat als FSJ-ler ein privates Konto angelegt, auf dem er Spenden sammelt für das Zentrum für Jugendliche und Erwachsene mit Behinderung „Hogar Granja Emanuel“ in der argentinischen Stadt Gualeguaychú und das nach dem Vier-Augen-Prinzip vor Ort verwaltet wird: Hogar Granja Emanuel, IBAN DE10 1001 1001 2625 8010 80, BIC NTSBDEB1XXX