Siegen-Wittgenstein. Die IHK appelliert an die heimischen Bundestagsabgeordneten, sich dafür einzusetzen, dass die Bon-Ausgabe ohne Kundenwunsch aufgehoben wird.
Alleine für das Bäckergewerbe wird ab dem kommenden Jahr mit Milliarden zusätzlicher Kassenbons gerechnet. Bereits beim Kauf eines einzelnen Brötchens muss der Kassenzettel ausgedruckt werden, ganz gleich, ob der Kunde dies wünscht oder nicht. Hintergrund ist die Belegausgabepflicht, die am 1. Januar in Kraft tritt. Betroffen sind zahllose Unternehmen mit elektronischen Registrierkassen. Das gilt daher nicht nur für das Bäckerhandwerk, sondern für den Handel insgesamt. Die Industrie- und Handelskammer in Siegen spricht von einem „umweltschädlichen Bürokratiemonster“ und macht Druck gegen die Pflicht.
Ärgerlich: Die Kassenbelege dürfen nicht einfach in den Papiermüll gegeben werden. Es handelt sich meist um spezielles Thermopapier, das nicht nur mit hohem Energieaufwand hergestellt wird, sondern auch im Gewerbemüll entsorgt werden muss. Es kann nicht über den gewöhnlichen Papiermüll recycelt werden.
Belege werden ab kommendem Jahr deutlich länger
Hinzu kommt, dass die Belege ab kommendem Jahr in der Regel deutlich länger werden und noch mehr Thermopapier beanspruchen dürften: Es sind dann weitere Angaben aufzudrucken, die auf die technische Sicherheitseinrichtung (tSE) zurückgehen, die grundsätzlich ab dem 1. Januar für Kassensysteme zu verwenden ist. Eben diese verpflichtende Sicherheitseinrichtung sorge dafür, dass ein Geschäftsvorgang bereits durch die erste Eingabe in das Kassensystem unveränderbar abgesichert ist, erläutert IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer. Da der Verkäufer vorher nicht wissen könne, ob der Kunde am Ende vielleicht doch auf einen Kassenbon besteht, müsse er den Verkauf so oder so in der Kasse buchen.
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Sicher: Die Belegausgabepflicht soll einen Beitrag gegen Steuerhinterziehung leisten. Und „dies unterstützen wir grundsätzlich“, erklärt Hans-Peter Langer. „Allerdings führt die Vielzahl neuer Regelungen mittlerweile dazu, dass sich etliche Betriebe vorverurteilt fühlen. Kommen dann noch unzumutbare bürokratische Lasten hinzu, ist die Akzeptanz vollends zerstört.“ Zwar sehe die Abgabenordnung Ausnahmetatbestände für die Belegausgabepflicht beim Verkauf von Waren „an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen“ vor, aber die Gewährung von Ausnahmen aus „Zumutbarkeitsgründen“ liege im Ermessen der Finanzämter.
Immer neue Konfliktsituationen
Dies werde zu immer neuen Konfliktsituationen führen, betont Wolfgang Keller, Geschäftsführer der Autohaus Keller GmbH Co. KG in Siegen und Vorsitzender des IHK-Einzelhandelsausschusses: „Benötigt wird eine grundlegende Nachbesserung. Sonst wird die Pflicht zur Belegausgabe eine Verschlimmbesserung erster Güte, und wir können uns mit einem umweltschädlichen Bürokratiemonster herumschlagen, das vor allem höhere Kosten und Ärger erzeugt!“
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Die IHK hat daher schriftlich an die heimischen Bundestagsabgeordneten Nezahat Baradari, Sylvia Gabelmann, Dr. Matthias Heider, Volkmar Klein und Johannes Vogel appelliert, sich dafür einzusetzen, dass die Belegausgabepflicht ohne Kundenwunsch aufgehoben wird. Für dieses Anliegen haben die Abgeordneten prominente Unterstützung: Zwischenzeitlich hat auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier seinen Kabinettskollegen Olaf Scholz aufgefordert, die Belegausgabepflicht aus Nachhaltigkeitsgründen komplett zu streichen.