Erndtebrück. Bill Mockridge tritt mit seinem Programm „Je oller, je doller“ in der Edermühle in Erndtebrück auf. Von Stützstrümpfen bis Pizza mit Vanillesoße.

Das T-Shirt ist Programm: „70 years and still sexy“ – „70 Jahre und immer noch sexy“. Dass Schauspieler und Kabarettist Bill Mockridge mittlerweile 72 Jahre alt ist, bedeutet nur, dass sich sein Sex-Appeal weiter verfestigt hat. Wie bei einem schmackhaften Wein, der erst mit den Jahren an Qualität gewinnt. Mit seinem Programm „Je oller, je doller“ hat Mockridge jetzt Halt in der Edermühle in Erndtebrück gemacht. Und dem Publikum mit humorvollen Beispielen aus dem Alltag verdeutlicht, dass Alter bloß eine Zahl ist und keine Entschuldigung dafür, gebrechlich und langweilig zu sein.

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„Mit dem Alter holst du jeden ab – denn jeder hat ein Alter“, sagt Mockridge. Wie hoch oder niedrig diese Zahl ist, ist erst mal zweitrangig. „Es gibt junge Leute, die spießig und angepasst sind und alte Leute, die pfiffig drauf sind“, findet er. Neulich sei er zum Beispiel in einem Supermarkt gewesen, als ihn eine Frau jenseits der 80 sehnsüchtig ansprach, dass er ihrem Sohn ähnele, der mittlerweile in Australien lebe. Ob er ihr ein Gefallen tun und sie mit „Tschüss, Mutti!“ verabschieden könne, wenn sie den Supermarkt verließe – das würde ihr für einen Moment das Gefühl geben, als sei ihr Sohn wieder bei ihr. Natürlich erfüllte Mockridge der Dame ihren Wunsch. Eine gute Tat, um Karmapunkte zu sammeln – ihn aber auch gleichzeitig um knapp 200 Euro ärmer machte. Die Dame hatte ihren Großeinkauf nämlich bei ihrem „Sohn“ anschreiben lassen. Ganz schön gewitzt.

Von Männern und Frauen

Klar ist: Männer und Frauen nehmen das Alter(n) anders wahr. Mockridges erste große Liebe – er war zwölf, sie war 13 – verließ ihn für einen 15-Jährigen. Sie brauchte einen reifen Mann und ließ den jungen Bill mit zerbrochenem Herzen zurück. Aber man sieht sich ja immer zwei Mal im Leben. 57 Jahre später trifft er seine Jugendliebe tatsächlich in Toronto, seiner alten Heimat, wieder. Und plötzlich haben sich die Machtverhältnisse gedreht: Während sie unbedingt ein Glas Rotwein mit Mockridge trinken möchte, macht er ihr klar: „Ich bin 69 Jahre alt. Ich brauche eine junge Frau und keine mit Stützstrümpfen!“ Touchée.

Vom Aussehen und Cremen

Eitelkeit – ein empfindliches Thema. „Männer schauen mit 18 Jahren mal in den Spiegel und speichern dieses Bild von ihnen dann langfristig ab“, meint Mockridge. Als junger Mann wollte er immer wie Sean Connery alias James Bond aussehen. Das hat er mittlerweile geschafft: Glatze, weißer Vollbart, Bauchansatz. Man muss eben Ziele haben im Leben. Und die kann man manchmal auch ganz entspannt ohne selbstkasteienden Optimierungswahn erreichen. „Sobald Frauen eine Falte entdecken, greifen sie gleich zur Anti-Falten-Creme. Cremen ist für meine Frau ganz wichtig. Hauptsache genügend Fett für die Feuchtigkeit. Das einzige, was wir Männer fetten, ist doch höchstens den Grillrost im Sommer!“

Von Technik und Kindern

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Ganz verleugnen kann aber auch Mockridge nicht, dass das Alter Spuren bei ihm hinterlassen hat. Er bekennt sich als „Brabbler“: jemand, der seine täglichen Aktivitäten pausenlos kommentieren muss. Das fängt beim Kaffeemachen an und hört beim Telefonieren auf – und wenn er nicht richtig aufpasst, greift er dafür auch schon mal zur Fernbedienung statt zum Handy. Aber zum Glück hat er ja Kinder – sechs erwachsene Jungs, um genau zu sein –, die ihm das mit der Technik ein bisschen besser erklären können. Sofern sie langsam und laut genug sprechen.

Natürlich sehnt sich Mockridge nach der Zeit, in der er als Papa der Held für seine Jungs war. „Jahrelang war bei uns die Hölle los. Aber jetzt sturmfrei zu haben, ist langweilig!“ Wenn Luke seinem Bruder Jeremy Vanillesoße auf die Salamipizza geschüttet hat, dann ging ihm das Herz auf. Und jetzt? Ist es still geworden im Hause der Mockridges. Aber zum Glück gibt es ja Enkelkinder. Mittlerweile ist Mockridge nämlich zweifacher Opa. Und wenn seine Enkelinnen zu Besuch sind, gibt es auch schon mal Salamipizza mit Vanillesoße.

Der Erfolg

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Mit dem Auftritt von Bill Mockridge hat die Erndtebrücker Kulturinitiative offensichtlich genau den Geschmack des Publikums getroffen. Schrilles, langanhaltendes Gelächter und begeisterter Applaus zeigten, dass Mockridge offensichtlich einen Nerv getroffen hatte. So viel Zustimmung tut in jedem Alter gut.