Siegen-Wittgenstein. Die Zahl der Empfänger von „Alters-Hartz-IV“ ist innerhalb von zehn Jahren um 34 Prozent gestiegen. Gewerkschaft NGG fordert Grundrente.
Immer mehr Menschen im Kreis Siegen-Wittgenstein sind neben ihren Altersbezügen auf staatliche Stütze angewiesen. Die Zahl der Empfänger von „Alters-Hartz-IV“ stieg innerhalb von zehn Jahren um 34 Prozent. Gab es im Kreis Siegen-Wittgenstein 2008 noch 2460 Bezieher von Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung, so waren es im vergangenen Jahr bereits 3297. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mit.
Die NGG beruft sich hierbei auf Angaben des Statistischen Landesamtes. Danach erhielten in ganz Nordrhein-Westfalen zuletzt rund 280.000 Rentnerinnen und Rentner Grundsicherung – 44 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor.
Gewerkschaft fordert „rentenpolitische Kurskorrektur“
Isabell Mura, Geschäftsführerin der NGG-Region Südwestfalen, sieht den Trend mit Sorge – und fordert eine „rentenpolitische Kurskorrektur“. Insbesondere die von der Bundesregierung angekündigte Grundrente müsse rasch angepackt werden, um ein Ausufern der Altersarmut im Kreis zu verhindern.
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„Die amtlichen Zahlen zeigen nur die Spitze des Eisbergs. Denn sehr viele Menschen, die wegen Mini-Renten eigentlich einen Anspruch auf die Grundsicherung haben, schrecken aus Scham vor einem Antrag zurück“, sagt Mura. So sind nach einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) bundesweit aktuell bereits 16,8 Prozent der Rentner von Armut bedroht. Ohne die Einführung einer Grundrente könnte das Armutsrisiko laut DIW bis zum Jahr 2039 auf 21,6 Prozent steigen – selbst bei einer weiterhin positiven Konjunkturentwicklung.
„Eine entscheidende Ursache für dürftige Renten sind niedrige Einkommen. Auch wer Jahrzehnte in einer Bäckerei oder einem Restaurant gearbeitet hat, landet im Alter oft unter der Armutsschwelle. Das liegt auch an der Praxis vieler Unternehmen, aus Tarifverträgen auszusteigen und so die Löhne zu drücken. Hinzu kommt der Trend zu Teilzeit und Minijobs“, erklärt Gewerkschafterin Mura.
Grundrente für Menschen, die mindestens 35 Jahre gearbeitet haben
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Hier setze die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil geplante Grundrente an: Danach sollen die Bezüge von Menschen, die mindestens 35 Jahre lang gearbeitet haben und bei der gesetzlichen Rente trotzdem unter die Grenze von 896 Euro kommen, um bis zu mehrere Hundert Euro im Monat aufgebessert werden.
„Das Modell wäre ein wichtiger Beitrag für mehr Gerechtigkeit im Rentensystem. Es würdigt die Leistung von denen, die ein Leben lang in die Rentenkasse eingezahlt haben“, betont Mura.
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Ausschlaggebend sei aber, dass es dabei keine Bedürftigkeitsprüfung gebe. „Wer eine solche Prüfung fordert, trifft die Falschen, weil es in den allermeisten Fällen um Haushalte mit kleinen Einkommen geht. Eine Bedürftigkeitsprüfung steht auch dem Rentenprinzip entgegen, nach dem Beitragszahler einen individuellen Leistungsanspruch erwerben“, so Mura.