Wingeshausen. Swen Homrighausen eröffnet am Samstag sein Antiquitäten-Geschäft in Wingeshausen und erzählt, was ihn am Trödeln und Antiken so sehr fasziniert.

Ein Besuch in seinem Laden gleicht einer Schatzsuche. Bücher, Porzellan, Schmuck, Spielzeug, Haushaltswaren, Möbel – und das alles aus längst vergangenen Zeiten. Swen Homrighausen eröffnet am Samstag sein Antiquitäten-Geschäft an der Alten Landstraße in Wingeshausen. Im Interview erzählt der passionierte Trödler, warum er diesen Schritt gegangen ist und was ihn an dem Handel mit Gebrauchtem, das manche vielleicht achtlos wegwerfen würden, so sehr fasziniert.

Herr Homrighausen, woher kommt diese Begeisterung für Trödel?

Swen Homrighausen: Ich habe mich schon immer für Dekoration und schöne Sachen interessiert. Nicht so sehr, dass ich bei mir zuhause alles vollstellen würde, da sind wir tatsächlich modern eingerichtet und haben mal das ein oder andere antike Accessoire. Aber ich finde es schön, wenn alte, ausrangierte Dinge eine neue Verwendung bekommen. Da steckt durchaus auch der Nachhaltigkeitsgedanke hinter. Wenn jemand etwas nicht mehr schön findet oder es nicht braucht, muss es nicht gleich im Müll landen. Oft freut sich jemand anderes darüber.

Und wieso dann der Schritt zu einem eigenen Laden? Diese Leidenschaft kann man ja auch auf Trödelmärkten ausleben.

Ich bin selbst regelmäßig auf Flohmärkten unterwegs, sowohl als Käufer als auch Verkäufer. Zum Beispiel einmal im Monat auf dem Trödelmarkt in Siegen-Geisweid. Ich bin aber auch fünf bis sechs Mal im Jahr auf dem Leipziger Antik- und Trödelmarkt – der ist riesig, mit über 1000 Händlern und Antiquitätenverkäufern. Da baut man über die Jahre natürlich ein Netzwerk auf und weiß, was gefragt ist und was nicht.

Ich habe vor allem Silber- und Goldschmuck und Münzen gekauft, um sie weiter zu verkaufen. Das sind Sachen, die einen beständigen Wert haben. Mittlerweile ist das aber so viel geworden, dass Leute gezielt auf mich zugekommen und zu mir nach Hause gefahren sind, um mal zu schauen, ob ich das im Angebot habe, wonach sie suchen. Die ganzen Sachen waren dann immer in Kisten gepackt – ich konnte sie also nicht richtig präsentieren und musste teilweise auch lange suchen. Dem wollte ich mit dem Laden jetzt entgegensteuern.

Steckbrief zu Swen Homrighausen

Swen Homrighausen (41) lebt zusammen mit seiner Frau und seinem 19 Monate alten Sohn in Wingeshausen.

Seine 19-jährige Tochter lebt mittlerweile in Düsseldorf und macht dort eine Ausbildung zur Erzieherin.

Hauptberuflich ist Homrighausen als Kunststoff-Formgeber bei der Firma Busch Jaeger beschäftigt.

Homrighausens Laden (Alte Landstraße 16 in Wingeshausen) feiert am heutigen Samstag von 10 bis 16 Uhr Eröffnung. Das Geschäft ist zwei Mal in der Woche geöffnet – immer am Dienstag und Freitag, jeweils von 15 bis 18 Uhr.

Mehr Infos im Internet: www.homrighausen.de

Auf Ihrer Homepage werben Sie auch mit Haushaltsauflösungen und Nachlassverwaltung. Was hat es damit auf sich?

Die Landflucht kann man ja nicht leugnen. Es ist total oft so, dass die Kinder in die Stadt gezogen sind, dort jetzt ihren Lebensmittelpunkt haben und die Eltern und Großeltern hier noch leben. Wenn dann jemand verstirbt, haben die Angehörigen nicht immer die Möglichkeit, selbst das Haus auszuräumen. Vor kurzem hat mich zum Beispiel eine Kundin aus Amerika angerufen, deren Mutter hier verstorben ist. In solchen Fällen biete ich Haushaltsauflösungen und Nachlassverwaltungen an. Bei einem ersten kostenlosen Termin schaue ich mir dann vor Ort das Haus oder die Wohnung an. Dabei bekomme ich einen Überblick, wie hoch der Aufwand für eine Räumung ist. Preislich liegt das zwischen 10 und 40 Euro pro Quadratmeter. Wenn bei den Gegenständen aber etwas dabei ist, was ich auch noch weiterverkaufen kann, rechne ich das darauf an. Heißt: Die Räumung eines 100 Quadratmeter großen Hauses kostet zum Beispiel 2000 Euro; wenn ich aber Sachen finde, die ich dem Kunden für 3000 Euro abkaufen möchte, bekommt er sogar noch 1000 Euro ‘raus.

Wie emotional geht es bei so einer Haushaltsauflösung zu?

Es gibt solche, die am liebsten gar nichts mit dem ganzen Nachlass zu tun haben wollen – und solche, die sich nur sehr schwer von den Erinnerungen trennen können. Letztens habe ich ein Haus geräumt von einem verstorbenen Mann, der gerade mal Mitte 50 war. Seine Eltern haben mich mit der Haushaltsauflösung beauftragt. Das sind dann natürlich schon Momente, in denen man schlucken muss.

Und die Sachen, die Sie dort räumen, verkaufen sie auch weiter?

Nicht alles. Einige Sachen spende ich auch an gemeinnützige Einrichtungen oder gehe damit zu Flüchtlingsunterkünften. Manche Sachen lassen sich einfach nicht mehr weiter verkaufen, was für die Angehörigen nicht immer nachvollziehbar ist. Oft haben die Dinge einen emotionalen, aber keinen materialistischen Wert mehr. Zinnbecher zum Beispiel – die möchte heute kaum noch jemand haben. Deswegen werden die Becher oft einfach eingeschmolzen. Prinzipiell biete ich in meinem Laden nur das an, was wirklich verkauft wird – nur manchmal nicht in der eigentlichen Funktion.

Was bedeutet das?

Ich habe in meinem Laden zum Beispiel bunte Römergläser, die in den 1960er- und 1970er-Jahren total angesagt waren, aus denen heute aber niemand mehr trinken möchte. Aber: Mann kann sie gut als Windlichter „zweckentfremden“. Wenn man da ein Teelicht ‘reinstellt, wirft das tolle, atmosphärische Schatten. Oder zum Beispiel eine gusseiserne Gugelhupf-Form: Damit würde heute niemand mehr backen. Ich habe aber schon einige Kunden gehabt, die so eine Form als Grundlage für einen Adventskranz nutzen. In Zeiten von Pinterest und Co. kann man so viele kreative Ideen verwirklichen, so dass aus vermeintlichem Müll etwas tolles Neues entstehen kann.

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Was für Kunden kommen zu Ihnen? Gibt es da eine bestimmte Altersgruppe? Oder sind es eher Frauen als Männer?

Das ist total bunt gemischt. Ich habe 18-Jährige dabei, die nach einem Kamee-Anhänger suchen, weil es gerade wieder Mode ist. Ich habe aber auch einen Kunden aus Dänemark, der Händler für Kunst und Design ist und einmal im Monat zu mir kommt und Hirschgeweihe kauft – beim letzten Mal waren es 300 Stück. Und dann gibt es wieder Sammler – meistens sind es Männer – die sich für Militärgeschichte, Briefmarken oder historische Münzen interessieren. Ich als Trödelhändler habe den Anspruch, Sachen anzubieten, die einzigartig oder skurril sind. Das sind nicht unbedingt immer wertvolle Sachen. Ich habe zum Beispiel auch eine Kette, die ausschließlich aus Apfelkernen gemacht wurde. Der Materialwert ist gleich null – aber trotzdem ist die Kette etwas Besonderes.

Gebrauchtes zu Geld zu machen hat in den vergangenen Jahren einen großen Aufschwung erlebt, nicht zuletzt durch TV-Formate wie „Bares für Rares“. Was halten Sie von solchen Sendungen?

Natürlich ist das eine Show, heißt: Es passiert nicht 1:1 so, wie wir es im Endeffekt im Fernsehen sehen. Generell ist es aber ein positiver Trend für die Trödelei. Und wenn dadurch weniger weggeschmissen wird und andere Leute glücklich gemacht werden können, auch äußerst sinnvoll.

Mit Swen Homrighausen sprach Britta Prasse.