Niederlaasphe. Stadt als Eigentümerin kündigt allen Pächtern fristlos – und beruft sich auf den Naturschutz. Befürworter sehen jedoch Bedarf für solche Anlagen

Die Kleingärten am Auweg in Niederlaasphe – eigentlich sind sie ein wahres Idyll. Viel Natur, herrliche Ruhe, einige wirklich schön angelegte Parzellen. Doch jetzt soll damit Schluss sein: Die Stadt Bad Laasphe als Grundstückseigentümerin hat allen Pächtern gekündigt, und zwar fristlos – wegen Party-Lärm, Müll „und anderen dort nicht statthaften Nutzungen“. Schließlich sei das ein „geschützter Landschaftsbestandteil“, heißt es vom Naturschutzbund (NABU).

Mit den Kündigungen reagiere die Verwaltung auf wiederholte Beschwerden „in der jüngeren Vergangenheit über die Kleingarten-Nutzung am Amalienhütter Weiher“, so Stadtkämmerer Manfred Zode auf Anfrage unserer Redaktion. Weil „Verursacher aber nicht ermittelt werden konnten, sind allen Pächtern nach entsprechender Androhung die bestehenden Verträge gekündigt worden“. Das Gelände sei „geräumt an die Stadt Bad Laasphe zurück zu geben“.

Der Naturschützer

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„Im Prinzip hat der NABU ja nichts gegen die Kleingärten“, sagt Michael Düben aus Bad Berleburg vom NABU Siegen-Wittgenstein. Immerhin gebe es diese „traditionelle Bewirtschaftung“ vor Ort schon seit 1945. Allerdings sei das Areal rund um den Amalienhütter Weiher im gültigen Landschaftsplan eben als „geschützter Landschaftsbestandteil“ nach dem Bundesnaturschutzgesetz ausgewiesen.

Schützenswert sei dabei der Weiher selber, erläutert Düben – auch, „weil hier sehr viele Libellen-Arten vorkommen. Ferner die Bereiche um den Weiher herum mit ihren alten Entwässerungsgräben und einem Auwald, zu dem zum Beispiel der Stendelwurz gehöre, eine heimische Orchideen-Art, aber auch alte Obstbäume. „Also eigentlich ein schönes Biotop.“

Sicher: Zwei, drei Gärten seien „wunderschön angelegt“, räumt Düben ein. Aber mit Betonplatten, Sitzgruppen, Außengrills, Zelten, einer Kinder-Rutsche, Koniferen aus dem Baumarkt, exotischem Bambus auf und nicht zuletzt den Autos der Pächter vor einigen der Parzellen mag er sich nicht anfreunden.

Die Stadtverwaltung

Dazu erklärt die Stadtverwaltung: „Der NABU hat auf den geschützten Landschaftsbereich am Amalienhütter Weiher aufmerksam gemacht, in dem eigentlich jegliche Aktivitäten wie zum Beispiel gärtnerische Nutzung nicht erlaubt seien. Auch wurde darauf hingewiesen, dass dort verschiedene nicht heimische Pflanzen eingebracht wurden. Die Stadt Bad Laasphe hat sich diesbezüglich auch mit der Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein in Verbindung gesetzt, um die Zulässigkeit der Kleingärten und einen eventuellen Bestandsschutz zu prüfen.“

Der Fürsprecher

Helmut Janowski – ein alteingesessener Niederlaaspher, der die lange Tradition der Kleingärten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gut kennt – kann die Aufregung nicht verstehen. Das mit dem Lärm und dem Müll oder gar einer ausgewachsenen Hühner-Zucht auf einer der Parzellen stimme so „vorn und hinten nicht“, ereifert er sich.

Außerdem hätten die Pächter im Grunde „ein Gewohnheitsrecht“ – aus jener langen Zeit, als sie noch keine schriftlichen Pachtverträge mit der Stadt hatten. Da seien sie ja auch geduldet worden. Die Verträge seien im Übrigen erst im Herbst 2018 gemacht worden, weiß Janowki. „Und die Leute waren froh“, hätten gesagt: „Wir bezahlen gerne 20 Euro Beiträge.“ Pro Jahr. „Lediglich eine geringe Gestattungsgebühr“, so Kämmerer Zode. Wer ahnt schon, dass die Stadt diese Verträge bereits kurze Zeit später kündigen würde?

Waltraud Schäfer, Ortsvorsteherin Niederlaasphe, über die Pächter, denen gekündigt wurde: „Mir tut das leid. Das sind meistens Leute, die zuhause keinen Garten haben.“
Waltraud Schäfer, Ortsvorsteherin Niederlaasphe, über die Pächter, denen gekündigt wurde: „Mir tut das leid. Das sind meistens Leute, die zuhause keinen Garten haben.“ © Ramona Richter

Stichwort Naturschutz: Wolle man damit gegen das Kleingarten-Gelände argumentieren, müsse man zum Beispiel auch den Parkplatz am Weiher ausklammern, findet Janowski. Oder parkende Autos entlang der Bundesstraße B 62. Bis dahin reiche das Gebiet nämlich auch.

Uneigennützig setzt sich Janowski für die Kleingarten-Pächter ein – notfalls auch vor Gericht, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt. Was ihm aber im Moment besonders wichtig ist: Die Gärten müssten vorerst erhalten und weiter nutzbar bleiben, so lange die Stadt noch keine Ausweichgrundstücke für die Pächter gefunden habe. „Mangels passender Flächen für eine solche Kleingarten-Kolonie sind die Planungen zurückgestellt worden“, heißt es aus dem Rathaus zum aktuellen Sachstand.

Die Ortsvorsteherin

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Für die Interessen der Kleingärtner rund um den Auweg kämpft auch die Niederlaaspher Ortsvorsteherin Waltraud Schäfer. Sie suche schon seit einiger Zeit gemeinsam mit der Stadt nach geeigneten Grundstücksalternativen. Außerdem hat sie als SPD-Politikerin versucht, eine Änderung des Flächennutzungsplans für das Stadtgebiet in diesem Bereich zu erwirken – Begründung: Der Bedarf für solch eine Anlage sei da, die Parzellen würden nicht zuletzt von jungen Familien nachgefragt. Allerdings bislang vergeblich. Schon 2015 hatte der damalige Bauamtsleiter Werner Dieckhoff betont, dass für eine Änderung zuvor der Artenschutz geprüft werden müsse – und das koste Geld.