Bad Berleburg/Bad Laasphe. Was der Initiator der Laaspher Initiative „WeiterGedacht“ zu Kritik an jugendlichen Aktivisten zu sagen hat und was die Gruppe demnächst plant.
Noch nicht mal ein Jahr ist „WeiterGedacht“ alt – am 3. Februar dieses Jahres gründeten Schüler aus Bad Laasphe die Initiative, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen – denn „streiken allein reicht nicht“, weiß die Gruppe um Yannik Büdenbender und Sophia Wydra. Wir haben uns mit dem 18-jährigen Büdenbender über die Gründung der Initiative, das Klima und Kritik am Aktivismus der Jugendlichen unterhalten. Zum Interview-Termin ist er übrigens mit dem Zug gekommen.
Was war der Stein des Anstoßes für die Gründung von „WeiterGedacht“?
Yannik Büdenbender: Wir haben über dieses Thema schon länger gesprochen, noch bevor die „Fridays for Future“-Bewegung entstand. Nachdem ich dann bei einem Vortrag von Greenpeace war, ist der Entschluss gereift, „WeiterGedacht“ zu gründen. Begonnen haben wir mit sechs Personen, in der zweiten Woche waren wir schon 20, denn es hat sich in unserer Schule schnell herumgesprochen. Zur Zeit haben wir etwa 50 Mitglieder, aber das ändert sich auch immer mal wieder.
Es gibt ein Gremium von Wissenschaftlern, die die gefährliche Lage der Erde durch eine Uhrzeit auf der „Weltuntergangsuhr“, wie zum Beispiel „fünf vor zwölf“ beschreiben. Wie spät ist es auf dieser Uhr deiner Meinung nach gerade?
Ich denke, „fünf vor zwölf“ trifft es ganz gut. Es liegt überall viel Plastik herum, auf den Ozeanen schwimmen ganze Plastikteppiche. Ich denke schon, dass es ziemlich knapp ist. Wenn alle Menschen der Welt so viele Ressourcen verbrauchen würden wie wir in Deutschland, bräuchten wir 3,2 Erden.
Woher bekommst du deine Informationen zu dieser Thematik?
Hauptsächlich aus dem Internet, wie zum Beispiel utopia.de oder Greenpeace. Ich möchte mir zu dem Thema auch noch ein paar mehr Bücher besorgen.
Wie blickst du als Klimaaktivist in die Zukunft? Ist es eher düster oder bist du optimistisch?
Wenn alles so weitergeht wie bisher, geht es nicht mehr lange gut. Aber ich glaube, dass wir es noch schaffen können. Deshalb haben wir auch „WeiterGedacht“ gegründet, weil die Annahme, dass streiken allein etwas bringt, falsch ist. Es muss jeder etwas für das Klima tun, und wenn es nur kleine Dinge sind.
Du hast erwähnt, dass ihr euch quasi parallel zu „Fridays for Future“ entwickelt habt. Woher, denkst du, kommt dieser explosive Anstieg an jugendlichem Aktivismus für das Klima?
Ja, das ist schon enorm, wie stark das zugenommen hat, das kannte man in den letzten Jahren ja gar nicht. Ich denke, den Leuten wird jetzt bewusst, dass etwas verändert werden muss. Ein großer Faktor ist sicherlich auch Social Media. Vor 30 Jahren gab es ja eine ganz ähnliche Bewegung. Danach ist leider nichts passiert, aber heute können wir uns dank Social Media viel besser miteinander vernetzen, können auch mit Menschen und Gruppierungen, die vielleicht ein bisschen weiter weg sind, in Kontakt treten. Außerdem glaube ich, dass die Leute sich nach einem Thema sehne, an dem sie sich festhalten können und da eignet sich der Klimaschutz sehr gut.
Vor kurzem hast du gemeinsam mit Sophia Wydra „WeiterGedacht“ im Erndtebrücker Umweltausschuss vorgestellt. Wie habt ihr das für euch wahrgenommen?
Dazu gekommen ist es nach dem Frühjahrsputz in Erndtebrück, wo wir Bürgermeister Henning Gronau kennen gelernt haben. Dann ging alles sehr schnell, wir haben uns mit Gronau getroffen und unterhalten – er war sehr offen für die Thematik und hat uns schließlich in den Umweltausschuss eingeladen. Damit gerechnet haben wir auf keinen Fall, weil wir unser Hauptlager ja in Bad Laasphe haben. Wir hätten im Ausschuss mit mehr Kontra gerechnet, aber es war ja auch der Umweltausschuss, dort sitzen Politiker, die sich mit dem Thema beschäftigen. Gefallen hat mir, dass unser Vortrag im Anschluss zu einer Diskussion geführt hat.
Dennoch bekommt ihr auch Kontra, Leute fragen zum Beispiel, wo ihr denn als Klimaaktivisten eure T-Shirts her habt und ob die auch klimaneutral hergestellt wurden. Wie geht ihr damit um?
Das sind genau die typischen Dinge, die wir zu hören bekommen. Das ist dann die Ebene, auf der wir kritisiert werden. Aber was soll ich machen, soll ich nackt herumlaufen? Es ist immer einfach, auf denjenigen die sich für etwas engagieren, herumzuhacken und etwas zu finden, das nicht ganz ins Bild passt. Ich beanspruche für mich selbst ja auch gar nicht absolute Richtigkeit oder komplett CO2-neutral zu leben – das wäre auch vollkommen utopisch. Aber ich bin gewillt, diese Richtung einzuschlagen.
Meistens sind solche Kommentare ja auch gar nicht böse gemeint – aber dann ist es an uns, denjenigen verständlich zu machen, warum wir uns für das Klima einsetzen und trotzdem bestimmte Marken tragen. Denn man kann ja auch nicht sofort sehen, ob es nicht vielleicht Second-Hand-Kleidung ist. Das sind alles Äußerlichkeiten und leicht zu verurteilen. Gerne würde ich mit solchen Kritikern ins Gespräch kommen und zeigen, was jeder für das Klima tun kann.
Was kann denn jeder für das Klima tun?
Spendenaktion
Die Initiative plant, eine Website oder einen Blog einzurichten. Bisher fehlte den Mitgliedern das Geld dazu, wie auch für andere Aktionen.
Der Erndtebrücker Udo Blöcher will demnächst für die Initiative im Rahmen eines 24-Stunden-Rennens Geld sammeln. Er fährt zwischen 160 und 240 Kilometern. Unterstützer können einen Beitrag festlegen, den sie pro gefahrenem Kilometer spenden wollen. Interessierte wenden sich mit dem Beitrag pro Kilometer an weitergedacht.info@gmail.com
Das geht schon los bei Glas- statt Plastikflaschen oder Leitungswasser statt gekauftem Wasser, wenn man sowieso stilles Wasser trinkt. Die Auflagen für Leitungswasser sind sogar höher als die für Mineralwasser. Licht aus in Räumen, die man verlässt, das Duschwasser nicht vorlaufen lassen oder nicht unnötig Heizen: Diese Dinge kann jeder tun. Man könnte weniger Plastik verbrauchen, wie zum Beispiel Plastiktüten. Außerdem würde weniger Fleischverzehr helfen, denn das ist zum einen auch gar nicht gesund und zum anderen nicht gut für das Klima.
Ihr wollt euch nach den Sommerferien mit der Schulleitung des Städtischen Gymnasiums über eine vegetarische oder vegane Alternative in der Cafeteria unterhalten.
Genau, wir haben eine Umfrage auf Instagram gemacht und 85 Prozent unserer Abonnenten waren für die Alternativen. Ernährung mit weniger oder auch gar keinem Fleisch ist für den Klimaschutz wichtig und auch für uns als Initiative ein zentrales Thema, denn Massentierhaltung ist eine der Hauptursachen für den Methanausstoß.
Zusätzlich müssen diese Tiere auch noch ernährt werden: Dafür werden die Regenwälder abgeholzt, um dort Kraftfutter, zum Beispiel Soja, anzupflanzen. Das Soja für Veganer, das dort geerntet wird, macht vielleicht einen Prozent aus. Der Großteil ist für die Massentierhaltung. Natürlich ist es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, wenn in der Schulcafeteria weniger Leute Fleisch essen. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung und man kann es ja auch so sehen: Es schadet dem Klima wenigstens nicht.
Wie soll es für „WeiterGedacht“ weitergehen? Wollt ihr weiter eine Schülergruppierung bleiben oder euch ausweiten?
Wir wollen auf jeden Fall größer werden, wir bemühen uns derzeit um Öffentlichkeitsarbeit. Wir finden, dass Klimaschutz ein Thema ist, das jeden von uns betrifft – auch unsere Enkel und Urenkel. Jeder kann einen Unterschied machen, wenn zum Beispiel schon jeder Fünfte sagt, dass er auf die Plastiktüte verzichtet, ist das schon eine ganze Menge und es ist auch wirklich nicht schwer, solche Kleinigkeiten im Alltag zu ändern.
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