Bad Berleburg. Dürre und Borkenkäfer können die finanzielle Existenz der Bauern vernichten. Eine alternative Einnahmequelle könnte die Windenergie werden.

Buchdrucker und Kupferstecher – diese Namen stehen für das Gangbild, dass diese Borkenkäferarten unter die Rinde der Fichte graben. In den nächsten Tagen und Wochen schlüpft die nächste Generation dieser Krabbeltiere und schwärmt in die nächstgelegenen Fichtenbestände und stellen Waldbesitzer und Forstwirtschaft vor die größte Herausforderung seit Orkan Kyrill im Januar 2007.

„Das wird Kyrill noch toppen und trotzdem wird es kaum wahrgenommen“, sagt Forstdirektor Johannes Röhl. Der Leiter der Wittgenstein-Berleburg’schen Rentkammer erläutert die Auswirkungen des Klimawandels und deren Folgen für die Waldwirtschaft. Außerdem kritisiert er, dass die von der Politik angekündigten Fördermittel wohl weder den kleinen noch den großen Betrieben helfen werden.

Holzpreise im Keller

Der Holzpreis ist durch Orkane, Käfer und Dürre auf einen neuen Tiefststand gefallen. „Es ist viel zu viel Holz auf dem Markt“, so Röhl. Die Sägewerke können das geerntete Material gar nicht mehr verarbeiten. Der Festmeter Fichte wird für 45 bis 55 Euro gehandelt. Für Schwach- oder Industrieholz gebe es gar keinen Markt mehr, erläutert Röhl. Deshalb machen sich Waldbesitzer Gedanken über alternative Einnahmequellen. Windkraft ist eine Option.

Aktuell ist die seit dem vergangenem Jahr andauernde Dürre das Problem. Der Regen am Wochenende reiche nicht aus, um die Böden zu durchfeuchten und die Bäumen zu stärken. „Zehn Liter auf den Quadratmeter, das reicht gerade, um die oberen zehn Zentimeter anzufeuchten“, erklärt er. Und genau in diese Phase fällt die Borkenkäfer-Kalamität: Die Bäume – und gerade die Fichten – können sich mit ihrem Harz gegen die Schädlinge wehren. Ohne ausreichend Wasser fehlt dieses Harz allerdings.

Johannes Röhl, Direktor der Wittgenstein-Berleburg'schen Rentkammer
Johannes Röhl, Direktor der Wittgenstein-Berleburg'schen Rentkammer © WP | Lars-Peter Dickel

Die Rentkammer in Bad Berleburg könne zum Glück etwas gegensteuern: „Wir sind heilfroh, dass wir noch genügend Personal im Kampf gegen den Borkenkäfer haben.“ Jeder Revierförster sei draußen und kontrolliere die Bestände auf Bohrmehl und Bohrlöcher. Die befallenen Bestände können dann zu einem bestimmten Zeitpunkt gefällt werden. „Um noch größeren Schaden abzuwenden“ werde zum ersten Mal seit Kyrill wieder mit Pflanzenschutzmitteln auf den Poltern – also den Lagerplätzen des Schnittholzes – gearbeitet. Damit könnten dort 60 bis 70 Prozent der Borkenkäfer abgetötet werden. Kritikern hält Röhl entgegen, dass der Einsatz von Chemie im der Forstwirtschaft äußert selten und stark reglementiert sei.

Trotzdem aller Maßnahmen geht der Forstdirektor davon aus, dass es für viele Waldbesitzer einen existenzbedrohenden Einbruch geben wird. Anders als beispielsweise in der Landwirtschaft erfolge die Bewirtschaftung von Waldflächen über mehrere Generationen hinweg. Jetzt wegbrechende Einnahmen fehlen ebenfalls über Jahrzehnte.

Kritik an Förderrichtlinien

Hier sollten nach Röhls Sicht zwei Dinge greifen: Förderrichtlinien und ein Umdenken in der Waldnutzung. Bei den Förderrichtlinien des Landes kritisiert er gleich drei Punkte, die sie unbrauchbar machten:

1. Die Höchstfördersumme je Betrieb betrage 15.000 Euro – „Das verbrauchen wir gerade in einer Woche.“

2. Eigenleistungen, zum Beispiel bei Forstarbeiten seien nicht förderfähig. Das hieße, dass große Betriebe mit eigenem Personal oder aber ganz kleine, in denen der Waldbesitzer selbst die Arbeit macht, diese Arbeiten nicht fördern lassen können.

3. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist ebenfalls wegen anderer Umweltschutzrichtlinien nicht förderbar.

Alternative Einnahmequellen

Vor diesem Hintergrund müsse man sich Gedanken machen, wie Waldflächen gewinnbringend genutzt werden können. Die „gesellschaftliche Wirkung des Waldes“ als Erholungsort, Produzent von sauberer Luft und reinem Trinkwasser, müsse sich für die Waldbesitzer auch rechnen, wenn die Forstwirtschaft aufgrund des Klimawandels weniger ertragreich werde. „Diese Gegenleistung strebt aktuell gegen Null“, formuliert es Röhl bewusst provokant und schiebt hinterher, dass eine alternative Einnahmequelle Windkraft sein könne.