Erndtebrück. Der Erndtebrücker Hausarzt Dr. Oliver Haas wehrt sich gegen Kritik aus der Bevölkerung, dass es in der Edergemeinde „zu wenig Ärzte“ gebe.
„Zu wenig Ärzte“ – das war nur einer der vielen Kritik-Punkte neulich beim Ideenaustausch der Erndtebrücker AWO-Quartiersmanagements im Rathaus rund ums Thema „Gesundes Leben im Alter“ in der Edergemeinde. Aber ein Kritik-Punkt, den der Erndtebrücker Hausarzt Dr. Oliver Haas und sein Team keinesfalls so stehen lassen wollen. Im Gegenteil: „Es gibt keinen akuten Mangel an Hausärzten in Erndtebrück“, betont der Mediziner. Allenfalls vielleicht „eine große Unzufriedenheit“ in der Bevölkerung, was die medizinische Versorgung vor Ort angehe.
Die Ausgangslage
Die Situation vor Ort wäre wohl wirklich kritisch, so Haas, „wenn wir hier nicht so aktiv gewesen wären“ – als Team. Jedenfalls gehe man als Arzt in einer Einzelpraxis heute ein hohes wirtschaftliches Risiko ein. „Und das wollen die Kassenärztlichen Vereinigungen auch nicht“, weiß Haas aus eigener Erfahrung. Für die Krankenkassen sei eine Gemeinschaftspraxis mit einer breiten Angebotspalette quasi aus einer Hand wesentlich günstiger.
Der Nachwuchs
Und „Nachwuchs“ versuche man ja schon zu akquirieren, sagt Haas. So befänden sich derzeit allein in seiner Praxis zwei Entlastende Versorgungsassistentinnen (EVAs) in Weiterbildung. Hier seien seit der Praxisgründung ferner fünf Fachärzte für Allgemeinmedizin und Innere Medizin weitergebildet worden, aktuell sei es eine Kollegin. Außerdem sei die Praxis seit 2013 Akademische Lehrpraxis der Philipps-Universität-Marburg und bilde Studenten im Fach Allgemeinmedizin aus.
Die Versorgung
Stichwort „Medizinische Versorgung“ allgemein vor Ort: „Die Gemeinde Erndtebrück hat rund 7000 Einwohner“, so Haas. „Hier befinden sich zwei Arztpraxen, wovon eine Praxis ganzjährig und ohne Urlaub geöffnet ist mit 40 Stunden wöchentlichen Sprechzeiten. Darüber hinaus gibt es drei Zahnarzt-Praxen, zwei Apotheken mit drei Standorten, zahlreiche Physiotherapie-Praxen, eine Ergotherapie-Praxis, zwei Heilpraktiker, Medizinische Fußpflege, zwei Fitness-Studios mit umfangreichen Präventionsangeboten, mehrere Selbsthilfegruppen mit der Möglichkeit von regelmäßigen Wasser- und Trockengymnastik-Angeboten.“ Und nun stelle er sich die Frage: „Was bitteschön müsste denn noch ergänzt werden?“
Die Nachbarschaft
Schaue man sich in der Nachbarschaft um, so Haas weiter, „dann sieht man, dass der gesamte Altkreis Wittgenstein derzeit noch sehr gut ärztlich versorgt ist – mit einer Quote von knapp über 100 Prozent. „Bad Laasphe ist sogar derart gut versorgt, dass dort momentan das Gebiet für Hausärzte gesperrt ist“. Dass in den nächsten Jahren insgesamt „ein Mangel auf uns zukommen wird, ist auch klar“, da ist sich Haas der Situation bewusst.
Die Generation „Ü60“
Tatsächlich gehörten viele Hausärzte auch in Wittgenstein zur Generation „Ü60“, stellen Haas und sein Team fest – und da werde es zumindest mittelfristig schwierig.
Hier hoffe man darauf, dass das neue Landarzt-Gesetz Nordrhein-Westfalen (LAG NRW) greife – und ein Teil der jährlich rund 150 Medizin-Studierenden in NRW sich nach dem Studium eben auch im ländlichen Raum Wittgenstein niederlassen werde. Allerdings werde das wohl frühestens in zehn oder elf Jahren soweit sein. Übrigens: Dr. Oliver Haas ist einer von zwei Medizinern aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein, die seit Einführung des Auswahlverfahrens für die angehenden Mediziner nach dem LAG NRW als Juroren mitwirken.