Bad Berleburg. Außerhalb von Bad Berleburg wird die Nachhaltigkeitsstrategie und die damit verbundenen Maßnahmen mit viel Interesse wahrgenommen.

Zum zweiten Mal ist Bad Berleburg bereits für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie „Deutschlands nachhaltigste Kleinstädte und Gemeinden“ nominiert, nachdem die Stadt schon einmal Ende 2018 in die Top 3 in dieser Kategorie gewählt worden ist. Was Bad Berleburg aber tatsächlich nachhaltig machen soll und was das für die Stadt bedeutet, erklärt Bürgermeister Bernd Fuhrmann im Gespräch mit unserer Zeitung.

„Wir wollen durch die Teilnahme vor allem wissen, wo wir mit Blick auf die Nachhaltigkeit stehen und uns mit anderen Kommunen vergleichen“, sagt Fuhrmann über die erneute Bewerbung für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis. Mit dem Leitbild „Bad Berleburg 2030“ hat sich die Kommune zum Ziel gesetzt, den Bürgern sowie Unternehmen im Jahr 2030 das Wohnen und Wirtschaften in sowohl Kernstadt als auch Dörfern zu ermöglichen.

Viele Themenfelder

„Es ist ein sehr komplexes Themenfeld“ betont Fuhrmann. Denn während der Klimaschutz an sich eine große Rolle spielt, gehört noch mehr als das dazu, um eine „global nachhaltige Kommune“ zu sein, wie Bad Berleburg eine ist. So gehört zu den Themenfeldern, in denen Nachhaltigkeit das Ziel ist, Arbeit und Wirtschaft, Demografie, Bildung, Finanzen, Mobilität sowie Globale Verantwortung und Eine Welt.

Dabei greifen die Themenfelder auch ineinander, wie zum Beispiel beim Thema Bildung und dem Umweltschutz: So sollen Kinder und Jugendliche mit der Natur und ihrer Umwelt vertraut gemacht werden – wie zum Beispiel in der Kita Blauland und der Hauptschule, beide mit dem Prädikat „Naturpark“ ausgezeichnet (die Hauptschule ist sogar die erste Schule mit diesem Prädikat in Siegen-Wittgenstein). Dort wird die Natur immer wieder zum Thema für die Kinder und Jugendlichen gemacht. „Ein gutes Beispiel ist auch die Kita in Diedenshausen. Dort hatten sie einen Bienenstock, um für die Kinder die Bedeutung der Bienen konkret erlebbar zu machen. Ein Kind, das das einmal gesehen und erlebt hat, wird auf keine Biene mehr mit Absicht treten“, erklärt Fuhrmann. Um das Verständnis für die Natur möglichst breit zu vermitteln, sollen deshalb künftig alle Schulen der Kommune zu Naturpark-Schulen werden.

Car- und Bikesharing

Auch das Thema Mobilität greift direkt in den Umweltschutz ein: Alle Menschen in Bad Berleburg sollen im Jahr 2030 leistungsfähige Infrastrukturen nutzen können, die sowohl ein zukunftsfähiges Wirtschaften wie auch eine stadtverträgliche, sozial- und umweltgerechte Mobilität und überregionale Erreichbarkeit gewährleisten. Maßnahmen sollen dabei unter anderem der Anschluss an das Fernbusnetz sein oder auch „moderne Individualverkehrssysteme“ – den Bad Berleburger Bürgern soll demnach ein Car- und Bikesharing-System angeboten werden. Bernd Furhmann macht selbst vor, dass das Fahrrad ein adäquates Fortbewegungsmittel ist, nutzt es selbst gern für den Weg zur Arbeit. „Der E-Bikeverleih sollte nicht nur für Touristen sondern auch für unsere Bürger interessant sein. Dafür kann man mit einem flexiblen Rückbring-System sorgen“, erklärt der Bürgermeister. So könnte zum Beispiel ein E-Bike am Bahnhof ausgeliehen, zum Schloss gefahren und dort wieder abgegeben werden. Dass gerade in der Kernstadt das Fahrradfahren auch Vorteile gegenüber dem Autofahren haben kann, betont Fuhrmann: „Man kommt teilweise schneller von A nach B. Außerdem verändert sich vom Fahrrad aus der Blick auf die Stadt. Außerdem ist es umweltfreundlicher.“

Globale Verantwortung

Auch eine globale Verantwortung verspürt die Stadtverwaltung. Daher soll Bad Berleburg unter anderem bis zum Jahr 2030 den CO2-Ausstoß um mindestens 18 Prozent verringern. Unter anderem mit neuen Standards für Neubau und Sanierung von Gebäuden soll das gelingen. Bereits umgesetzt wird die Maßnahme, für Neubauten heimische Materialien und Unternehmen zu verwenden. „Das bedeutet einen Mehraufwand an Arbeit, ist es aber auch unter dem Strich wert“, betont Fuhrmann und verweist auf das Ederzentrum Via Adrina, wo genau diese Idee umgesetzt wurde.

Zusätzlich zu der Kategorie „Deutschlands nachhaltigste Kleinstädte und Gemeinden“ ist Bad Berleburg zusätzlich für den Sonderpreis „Digitalisierung“ nominiert – Grundlage dafür ist die „Digitale Agenda BLB“. „Wenn wir schon nicht an der Autobahn dran sind, wollen wir doch wenigstens an die digitale Autobahn“, sagt Fuhrmann, dem der Ausbau des Glasfasernetzes viel zu langsam geht. „Daran kann man manchmal verzweifeln“, sagt er über die vielen bürokratischen Hürden, die bis zum Spatenstich genommen werden müssen. Nichtsdestotrotz sind ein Ziel der Digitalen Agenda die digitalen Dorfmitten. „Da müssen wir zum Beispiel schauen, wir wir die Digitalisierung auch für das Ehrenamt nutzen können“, betont Fuhrmann. Auch für die Wirtschaft ist die Digitalisierung unabdingbar, weiß der Bürgermeister: „Stichwort Ejot 4.0.“

Das Ausland schaut nach Berleburg

Außerhalb von Bad Berleburg wird die Nachhaltigkeitsstrategie und die damit verbundenen Maßnahmen mit viel Interesse wahrgenommen: „Ich war vor kurzem zu Gast bei einer Veranstaltung des österreichischen Städte- und Gemeindebunds. Der Austausch war hochspannend und es ist gestaunt worden über Bad Berleburg.“

Bis zum nächsten Nachhaltigkeitspreis wird die Stadt wieder auf dem Prüfstand stehen. „Da wird man durch die Mangel genommen, es wird alles geprüft“, weiß Fuhrmann. Doch am Ende sind es nicht die Preise selbst, die etwas verändern, sondern sie Aufmerksamkeit, die sie bestimmten Themen zukommen lassen. „Das Thema Nachhaltigkeit hat sich in der Bedeutung verändert und das finde ich sehr gut so.“ So haben zum Beispiel in Bezug auf die Vermeidung von Plastikmüll – sei es beim Einkaufen oder auch in Schnellrestaurants großer Ketten – die Verbraucher den größten Einfluss. „Wenn zum Beispiel in der Eisdiele immer wieder Leute sagen, dass sie den kleinen Plastiklöffel nicht brauchen, wird es die irgendwann nicht mehr geben. Oder man lässt sich bei McDonalds die Cola in einen eigenen Becher füllen oder den Kaffee in einen eigenen To-Go-Becher“, schlägt der Bürgermeister vor.