Stünzel. . NRW-Landwirtschaftskammer-Präsident Werring setzt auf produktives Miteinander – in Politik und Gesellschaft. Und er lobt die Stünzel-Initiatoren.
„Wir haben noch keine Schweine gesehen“, sagt eine Frau. „Es gibt auch keine“, schüttelt ihr Mann den Kopf und wendet sich begeistert den Schafen zu. Borstentiere gibt es in der Tat nicht, außer vielleicht ein paar als stille Zuschauer im nahen Wald. Aber ansonsten können die Besucher auch 2019 wieder praktisch alles finden, was die Nutztierhaltung der heimischen Landwirtschaft umfasst.
Es muht und wiehert, meckert und mäht von allen Seiten, dazu kommen noch Kaninchen und Geflügel. Erstmals seit Jahren sind die Anmeldezahlen auch wieder gestiegen. Das freut die Veranstalter -- und auch, dass der Nachwuchs stark vertreten ist. 30 Rinder und acht Pferde sind von Jungzüchtern gemeldet worden. „Vereine leben von ihrem Nachwuchs“, betont denn auch Karsten Hof, der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisvereins Wittgenstein in seiner Eröffnungsrede und hofft auf Ähnliches für die kommenden Jahre.
Kritische Töne zur Gesetzesflut
Urkunden für neue Ehrenmitglieder
Bad Berleburg: Günter Dickel, Karl-Georg Florin, Friedhelm Gücker, Heinz Limper, Heinrich Sonneborn, Ernst Otto Spies, Herbert Stremmel, Fritz Weiß, Georg-Wilhelm Homrighausen
Bad Laasphe: Klaus Blecher, August Kohlberger, Fritz-Walter Schuppener, Karl-Otto Six, Helmut Wagner
Erndtebrück: Gert Grebe, Rudolf Mengel
Weitere Orte: Helmut Born (Bruchhausen), Dr. Gero Hoch (Siegen) und Friedhelm Kraft (Kreuztal)
„Es ist wieder Stünzel“ – und der Hinweis auf eine 187-jährige Tradition reichen ansonsten schon aus, um die zahlreichen Besucher am Mittag zum Jubeln und Applaudieren zu bringen. Bei strahlendem Sonnenwetter sind viele sogar schon wieder nach Hause gegangen, haben bis dahin den großen Auftrieb und das Richten miterlebt. Trotzdem ist das Gelände bis in die hinterste Ecke der aufgebauten „Einkaufsmeile“ gefüllt, weil irgendwie für jeden „Abgang“ gleich zwei neue Besucher in Richtung Festgelände strömen.
Sie hören nach der Begrüßung der vielen Ehrengäste auch ein paar kritische Sätze des Vorsitzenden, der die wachsende Gesetzesflut bemängelt und klagt, dass jeder ganz tolle Ideen hat – die Bauern es dann aber hinterher ausbaden müssten. Jeder Landwirt habe ein natürliches Interesse, seine Tiere gut und nachhaltig zu halten. Aber die gleichen Leute, denen es eine Herzenssache sei, dass Rinder und Pferde möglichst lange im Jahr natürlich auf der Weide gehalten würden, „sind auch für die Ansiedlung des Wolfes“. Da solle doch bitte noch einmal nachgedacht werden. Und wenn immer von den vielen EU-Mitteln gesprochen werde, ergänzt Vorsitzender Hof, dann gehöre es auch zur Wahrheit, dass Umweltverbände und ähnliche Vereine deutlich mehr von diesen Geldern bekämen, als tatsächlich an die Landwirte fließe.
Hoffen auf die Jungzüchter
Karsten Hof freut sich über die Kontinuität der Veranstaltung – etwa mit den Boxen, die überwiegend schon seit Generationen an die gleichen Familien vermietet seien. Die Entwicklung bei den Jungzüchtern mache ihm da Hoffnung für die kommenden Jahre. Nun hoffe er zugleich vor allem darauf, dass alle vorgestellten Tiere heil und gesund wieder auf den heimischen Hof zurückkämen: „Hier gehören Mutter und Kalb immer noch zur Familie.“
Unter den Gästen: Siegen-Wittgensteins Landrat Andreas Müller. Er verzichtet bewusst auf eine längere Ansprache, will „nicht über die Blauzungenkrankheit und andere Probleme“ sprechen.
Landrat Müller: Stünzel ist Kult!
Er ruft einfach mit ehrlicher Begeisterung „Stünzel ist Kult!“ in die Menge. Da nimmt sich der offizielle Festredner Karl Werring naturgemäß etwas mehr Zeit.
Der Bullenmäster aus Sendenhorst ist seit 2017 Präsident der Landwirtschaftskammer NRW und zum ersten Mal bei der Wittgensteiner Kreistierschau dabei. Ob er es allerdings schaffe, wie seine Vorgänger „jedes Jahr zu kommen“, wisse er noch nicht, sagt er, das hänge von seinen zahlreichen Terminen ab. Aber es sei ihm schon sehr viel über die Kult-Veranstaltung Stünzel erzählt worden, versichert Werring, der sich aufgrund seines Hintergrundes „vor allem für die Fleischrinder“ interessiert.
Festredner bedauert Kritik an Landwirten
„Das ist schon eine Nummer, was hier vom Verein aufgestellt wird“, lobt er die Veranstalter fürs breite Angebot der Tiere: „Pferde für die Mädchen, Kühe, Ziegen und sogar Kaninchen und Geflügel.“
Politik wolle er lieber außen vor lassen, sagt der Gast, geht dann aber doch auf einige grundsätzliche Dinge ein. Er bedauere, dass die Landwirte immer wieder mit Kritik überhäuft würden. Sie seien es, die Lebensmittel für die Bevölkerung produzierten. „Landwirte sind Menschen. Und wo Menschen sind, passieren auch Fehler“, erklärt Werring unter großem Beifall. Wo es kriminelle Machenschaften gebe, müsse natürlich Strafe folgen. Vor allem aber halte er einen ständigen Dialog für wichtig und entscheidend.
Wunderbare Möglichkeit zum Austausch
Der Stünzel biete eine wunderbare Möglichkeit, für Landwirte und Nicht-Landwirte, sich zu begegnen und auszutauschen, sei vielleicht sogar „das Sinnbild“ für diese Art des Dialoges. Und dann macht er sich daran, gemeinsam mit Karsten Hof die neuen Ehrenmitglieder auszuzeichnen, die aktuell das 70. Lebensjahr vollendet haben.
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