Erndtebrück. . Lea Kupietz und Christian Hartel arbeiten im Familienbetrieb Elektro Herling in Erndtebrück. Ein anderer Beruf kommt für die zwei nicht in Frage.

Handwerk ist nur was für echte Kerle? Von wegen! Im Elektrobetrieb von Reiner Herling gibt es neben zwei netten Mitarbeiterinnen im Büro und Verkauf auch eine, die mit auf Montage fährt. Seit Anfang des Jahres ist Lea Kupietz (22) Elektronikerin für Energie- und Gebäudetechnik.

„Bestanden im ersten Anlauf“, sagt ihr Chef, Reiner Herling, stolz über die erfolgreich absolvierte Gesellenprüfung. Für Lea selbst – man duzt sich schließlich auf der Baustelle – sei die dreieinhalbjährige Ausbildung abwechslungsreich und die Prüfung schwer, aber machbar gewesen.

„Bevor ich angefangen habe, hatte ich schon Bedenken, ob ich das alles schaffe – Waschmaschinen tragen und so. Aber ich habe bisher alles durchgezogen und wurde von den Kollegen immer gut mitgenommen“, erzählt sie. Häufig ist sie mit Christian Hartel unterwegs. Der 25-jährige Elektrotechniker erwirbt derzeit neben seiner Arbeit im Betrieb den Meistertitel in Teilzeit.

Im Sommer sind zweieinhalb Jahre mit viel Lernen und wenig Freizeit dann „endlich“ um und die Meisterprüfungen stehen bevor. Sein Chef unterstütze ihn bei diesem Vorhaben sehr – auch finanziell. „Das ist nicht selbstverständlich“, weiß Christian. Nur die wenigsten Betriebe würden die Meisterschule bezahlen.

Ausbildungsbetrieb in zweiter Generation

1961 hat Gustav Herling den Elektrobetrieb gegründet.

1999 wurde er von seinem Sohn Reiner übernommen.

Aktuell hat Reiner Herling elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; davon ist einer Lehrling im dritten Lehrjahr, einer im zweiten und im August wird ein neuer Lehrling seine Ausbildung im Betrieb beginnen.

Die konventionelle Arbeit

Lea und Christian sind auf einer Baustelle, wo sie eine Küchenneuinstallation vornehmen. Konkret bedeutet dies: Schlitze und Dosen fräsen, Leitungen für Steckdosen und den Herdanschluss legen, die Hauptleitung im Keller am Stromkasten anschließen und, wenn der Maler die Wand verputzt und gestrichen hat, Steckdosen einsetzen und Küchengroßgeräte anschließen.

Lea befestigt noch die letzten Kabel mit so genannten Nagelschellen in den Schlitzen in der Wand, während Christian im Keller am Hauptanschluss verschwindet. Die beiden scheinen ein eingespieltes Team zu sein. Obwohl Lea zu Beginn das Gefühl hatte, sich vor den männlichen Kollegen beweisen zu müssen, seien diese schwer überrascht gewesen, als sie merkten, dass auch sie in der Lage war, mit anzupacken und einen Kühlschrank zu tragen, erzählt sie. „Ich würde behaupten: Schlechter bin ich nicht.“

Nachdem sie mit ihrer Arbeit fertig ist, beginnt sie den Staub wegzukehren und die ersten Maschinen und Werkzeugkoffer ins Auto zu tragen. Christian kommt aus dem Keller zurück und hilft ihr. „Anfangs war es ungewohnt, eine Frau dabei zu haben“, verrät er. „Aber sie kann gut zupacken und ich komm mit ihr super klar.“

In Momenten, wo es darum geht, auf einem hohen Gerüst zu arbeiten, sei er froh, wenn er Lea dabei hat, die „da total schmerzfrei“ sei. Das liege wahrscheinlich daran, dass sie schon lange bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv ist, erzählt er. „Sie steht den Männern in der Firma in nichts nach.“ Er grinst und räumt die restlichen Sachen ins Auto.

Elektrotechnik-Gesellin Lea Kupietz und Elektrotechnik-Meister-Anwärter Christian Hartel sind ein eingespieltes Team.
Elektrotechnik-Gesellin Lea Kupietz und Elektrotechnik-Meister-Anwärter Christian Hartel sind ein eingespieltes Team. © Claudia Heindrichs

Die moderne Technik

Bevor es zur nächsten Baustelle geht, müssen Lea und Christian an der Firma neues Material im Lager holen. Dann geht es weiter nach Netphen in den Rohbau eines Fertigbauhauses. Hier müssen Steckdosen eingesetzt und die so genannte Potentialausgleichsschiene an den Fundamenterder angebracht werden.

„Das geht jetzt schon sehr in die fachliche Materie“, sagt Christian. „Über den Potentialausgleich wird eine Verbindung zu allen Leitungen – auch Wasser und Heizung – hergestellt, die Strom im Fehlerfall leiten würden. Weil diese über das Fundament geerdet sind, bekommt man keinen Stromschlag, wenn man zum Beispiel an einen Wasserhahn fasst“, versucht der angehende Meister das Prinzip kurz und knapp zu erläutern.

Diese Arbeit wird wohl auch in Zukunft zu den Aufgaben der Elektrotechniker gehören wie auch das Verkabeln von Verteilerkästen oder das Fräsen von Schlitzen für Leitungen. Einiges habe sich im Laufe der Zeit aber dennoch verändert. „Die Technik wird moderner. Es werden weniger Kabel verlegt, Material wird gespart und besondere Vernetzungstechnik macht die Elektrik bequemer“, sagt der 25-Jährige.

Über diese Systeme könnten Funktionen wie Licht, Jalousien, Heizung, Belüftung und Sicherheitstechnik von einer zentralen Stelle, teilweise auch über Apps, gesteuert und automatisiert werden. Auch Reiner Herling bestätigt, dass der Trend weg von der konventionellen Elektrotechnik hin zur modernen Gebäudetechnik gehe.

Der Spaß am Beruf

Abwechslungsreich bleibe der Beruf aber trotzdem – da sind sich alle einig. Denn gerade das mache sowohl Lea als auch Christian so viel Spaß. „Man ist nie acht Stunden an der selben Sache dran“, meint die 22-Jährige. Ihr Kollege ergänzt: „Man hat viel Verantwortung. Das Ziel der Arbeit ist zwar bekannt, aber der Weg dahin unterliegt unseren Entscheidungen.“

Auch den Kontakt zu Kunden und anderen Handwerkern auf der Baustelle bewerten die beiden positiv. „Wir können nur jedem empfehlen, durch ein Praktikum ins Handwerk reinzuschnuppern.“ Denn auch Lea und Christian haben durch ein Praktikum ihre „Berufung“ gefunden. „Man muss das Handwerk lieben – dann kommt es auf die zwei, drei Euro nicht an, die man weniger verdient, als in anderen Bereichen“, zeigt sich Lea überzeugt von ihrer Berufswahl.

Alle weiteren Folgen der Serie „Handwerk in Wittgenstein“ gibt es hier.