Bad Berleburg. . Der Erbschaftsstreit im Haus Sayn-Wittgenstein wurde am Freitag mündlich verhandelt. Gustav Prinz zu Sayn-Wittgenstein bezieht deutlich Stellung.
Die Kontraste könnten nicht größer sein. Vor dem kleinen Amtsgericht im beschaulichen Residenz-Städtchen Bad Berleburg wurde am Freitagmorgen über das geschätzt rund 500 Millionen Euro schwere Erbe des Fürstenhauses Sayn-Wittgenstein-Berleburg verhandelt. Zuständig ist die örtliche Kammer des Landwirtschaftsgerichts, das sich im Alltag mit Hof-Nachfolgen befasst. Und rein juristisch ist auch dieser Fall auf dem Schreibtisch von Amtsrichter Torsten Hoffmann zunächst nichts anders. Immerhin geht es um einen von Deutschlands größten Forstbetrieben mit über 13000 Hektar Fläche.
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Kontrahenten sind der Neffe der dänischen Königin, Gustav Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (50), auf der einen Seite und der Bad Laaspher Windkraft-Unternehmer Ludwig Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (77) auf der anderen Seite.
Die Anhörung mit allen Beteiligten lief von 10 Uhr vormittags bis zum Nachmittag im Bad Berleburger Amtsgericht. Nur um die Mittagszeit wurde die Anhörung für eine kurze Pause unterbrochen. Die Geduld der beiden Streitparteien wird aber auch noch weiter auf die Probe gestellt. Denn, so die Pressesprecherin des Landgerichtes Siegen, Julia Lingenhoff: „Eine Entscheidung wird im schriftlichen Verfahren mitgeteilt.“
Schriftliche Entscheidung
Die Kammer des Landwirtschaftsgerichtes mit dem Vorsitzenden Torsten Hoffmann, flankiert von zwei Laienrichtern, wird sich im Nachgang zu der Anhörung am Freitag auf eine abschließende Entscheidung oder aber zwei mögliche andere Ausgänge einigen müssen. Schriftlich könnte den Kontrahenten auch ein so genannter Hinweis-Beschluss oder ein Beweis-Beschluss zugehen. Dann wäre das Verfahren an dieser Stelle noch nicht zu Ende. Und wenn sich Gustav Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg oder Ludwig Ferdinand zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg mit einer abschließenden Entscheidung nicht zufrieden gäben, stünde beiden auch noch der Weg in die nächste Instanz beim Oberlandesgericht offen, so Lingenhoff. Es bleibt also spannend.
Die beiden Parteien
Gustav Prinz zu Sayn-Wittgenstein Berleburg wird durch den Detmolder Anwalt Stephan Prinz zur Lippe vertreten. Die Gegenseite, Ludwig Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg setzt auf Rechtsbeistand aus Siegen mit dem bekannten Rechtsanwalt Dr. Heinrich Schleifenbaum und dessen Mitarbeiter Dr. Florian Schell.
Öffentlichkeit ausgeschlossen
Die Anhörung zu der Sache mit dem Aktenzeichen Az. 2 Lw 3/17 war nicht-öffentlich. Trotzdem zog es am Freitagmorgen viele Menschen vor das Amtsgericht, das – wie passend – im Herrengarten unterhalb des Schlossberges liegt. In teuren Limousinen und Geländewagen waren neben den beiden Streit-Parteien auch deren Anwälte und zahlreiche Familienangehörige aus verschiedenen Zweigen des Adelshauses vorgefahren. Darunter waren unter anderem Carl Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, der Sohn Prinz Ludwig-Ferdinands, Bernhart Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein und Stanislaus Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg. Alle mussten an der Sicherheitsschleuse den Standard-Kontrollen unterziehen und gegebenenfalls nachweisen, dass sie als potenzielle Zeugen für das Verfahren beigeladen sind.
Beigeladen oder Beistand
Wie Julia Lingenhoff als Sprecherin des Landegerichts erläutert, sei es den beiden Parteien durchaus erlaubt, auch im nichtöffentlichen Verfahren Personen quasi als Beistand mitzubringen. Wenn aber eine Seite auf dem Ausschluss auch dieser begrenzten Öffentlichkeit bestehe, dann müssten auch diese Personen vor dem Gerichtssaal Platz nehmen. Im konkreten Fall waren es aber nach Recherchen dieser Zeitung ausschließlich Verfahrensbeteiligte, die sich vor dem Eingang des Amtsgerichts begegneten.
Testament mit Folgen
Fast genau zwei Jahre sind seit dem Tod von Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (82) am 13. März 2017 vergangen, der diese juristische Lawine ins Rollen gebracht hat. Hintergrund ist, dass Prinz Richard zwar Chef des Hauses Sayn-Wittgenstein war. Aber eben nur als Vorerbe für seinen Sohn Gustav. Ausgelöst hat dieses besondere Situation ein Testament von Richards Vater. Der im Zweiten Weltkrieg vermisste Gustav Albrecht Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg vererbte das gesamte Familienvermögen dem ungeborenen Enkelsohn für den Fall, dass dieser als Erwachsener eine adelige, evangelische und arische Frau heirate. Ein folgenschweres Testament, das aber privatrechtlich durchaus Bestand hat.
Testaments-Vollstrecker
Auf Schloss Berleburg war deshalb auch über Jahre hinweg ein Gremium für die Testamentsvollstreckung eingesetzt, das aus den Juristen Cornelia Weber (Bad Berleburg) und Dr. Hubertus Behncke (Düsseldorf) sowie Bernhart Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (Schwarzenau) besteht.
Weil Prinz Gustav aber nach wie vor ledig ist und damit die im Testament vorgegebene standesgemäße Ehe nicht vorweisen kann, wird die ansonsten übliche Erbfolge nun durch einen Cousin Richards angefochten – den in Bad Laasphe wohnenden Windkraft-Unternehmer Ludwig-Ferdinand zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg.
Sowohl Prinz Gustav als auch Prinz Ludwig-Ferdinand haben vor dem Landwirtschaftsgericht einen Erbschein für die Hof-Folge beantragt. Über die Erteilung wurde am Freitag noch nicht entschieden. Der Ausgang dieses Verfahrens gilt nach wie vor als offen.
Eine juristische Vorgeschichte
Dr. Sebastian Merk, ein Sprecher des Landgerichtes Siegen hatte im Vorfeld erläutert, dass es neben der Erteilung eines Erbscheines auch noch einen zweiten juristischen Aspekt gebe. Alles dreht sich um die Nacherbfolge des mit Wirkung zum 31.Dezember 1945 für tot erklärten Gustav Albrecht Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg gehe. „Der Vorerbe (Sohn des Erblassers) Richard-Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg ist am 13. März 2017 verstorben. Das Nachlassgericht beim Amtsgericht Bad Berleburg hat mit Beschluss vom 16. Januar 2018 (Az. 4 VI 261/17) Nachlasspflegschaft angeordnet. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesgericht Hamm durch Beschluss vom 14. Juni 2018 zurückgewiesen.“