Wemlighausen/Singapur. . Neues Zuhause in Weltmetropole: Falk Schulte aus Wemlinghausen lebt seit über einem Jahr in Singapur. Eine neue Folge von „Wittis in der Welt“.
Auf halbem Weg zwischen Indien und China, an der Südspitze Malaysias, liegt der derzeitige Lebensmittelpunkt von Falk Schulte: Singapur. Rund 10.000 Kilometer liegen zwischen dem südostasiatischen Inselstaat und seinem Heimatort Wemlighausen.
Seit rund eineinhalb Jahren lebt der 38-Jährige Wittgensteiner in der ehemaligen britischen Handelsniederlassung und Kronkolonie. Der Diplomingenieur für Schiffsbetriebstechnik arbeitet dort als Representative Asia/Pacific und als Technischer Inspektor für die Singapurer Tochtergesellschaft der Bremer Reederei Harren & Partner, für die er seit 2008 tätig ist (siehe Infobox).
Schulte arbeitet fast ausschließlich an Land – abgesehen von kurzen und seltenen Inspektionsreisen mit den Schiffen. „Darüber hinaus bin ich viel und weltweit unterwegs, z. B. zurzeit für drei Wochen mit einem Schiff in einer Werft in Hongkong.“ In Singapur hat Schulte eine 40-Stunden-Woche. Wenn er nicht dort sei, dann ergebe sich die Arbeitszeit aus dem jeweiligen Job und sei in der Regel deutlich länger.
Berufsleben
„In unserem Büro arbeiten außer mir noch zwei Singapurer.“ Insgesamt gibt es in dem Stadtstaat aber eine große Population von europäischen Expats (eine Fachkraft, die von dem international tätigen Unternehmen, bei dem sie beschäftigt ist, vorübergehend – meist für ein bis fünf Jahre – an eine ausländische Zweigstelle entsandt wird, Anm. d. Red.).
In Singapur arbeiten diese überwiegend für europäische, teilweise aber auch für lokale Firmen oder selbstständig. „Beruflich habe ich hier natürlich viel mit lokalen Firmen zu tun.“ Die Arbeitskultur unterscheide sich schon etwas von der deutschen.
Allerdings sei Singapur durch die britische Kolonialzeit und auch durch die enge wirtschaftliche Anbindung an den Westen immer noch ziemlich westlich geprägt. Probleme gebe es eigentlich keine, zumindest nicht, wenn man sich auf regionale Gepflogenheiten einlasse. „Im Geschäftsleben spielen persönliche Bindungen meines Erachtens eine größere Rolle als in Deutschland.“
Amts- und Geschäftssprache in Singapur ist Englisch. „Ich spreche etwas Chinesisch, genauer gesagt Mandarin, aber nicht gut genug für den geschäftlichen Verkehr.“ Auf Grund des hohen chinesischstämmigen Bevölkerungsanteils ist Chinesisch, vor allem die Hochsprache Mandarin (aber auch Dialekte) weit verbreitet unter Einheimischen.
Die Aufgaben als Technischer Inspektor
Z Als Technischer Inspektor verantworte ich den technischen Betrieb mehrerer Seeschiffe der Reederei. Dazu gehören:
Die tägliche Kommunikation mit der Besatzung hinsichtlich Instandhaltung und Betrieb, z. B. Hilfe bei technischen Problemen.
Die Versorgung der Schiffe mit Ersatzteilen und Ausrüstung. Hier kümmere ich mich allerdings nur um die Prüfung und Freigabe von Bestellungen seitens der Schiffe. Den eigentlichen Einkauf und die Logistik erledigt ein Einkäufer unseres Tochterunternehmens trans-Mar-supply.
Regelmäßige Besichtigungen der Schiffe.
Die Planung, Vorbereitung, Durchführung und Überwachung größerer Instandhaltungsmaßnahmen, wie z. B. der Überholung eines Hauptmotors.
Die Planung, Vorbereitung, Durchführung und Überwachung regelmäßiger Dockungen der Schiffe. Alle drei bis fünf Jahre müssen die Schiffe aus dem Wasser, um gründlich besichtigt und instandgesetzt zu werden.
Die Organisation und Abwicklungen von ungeplanten Reparaturen.
Die Organisation von Zertifikaten, die für den Schiffsbetrieb notwendig sind.
Z Zusätzlich zu diesen Aufgaben für die Rederei, übernehme ich in Singapur Besichtigungen, Instandhaltungen oder Reparaturen für die Schiffe meiner Kollegen, wenn diese hier oder in der Nähe unterwegs sind.
Familienleben
„Meine Frau habe ich 2014 während einer Dienstreise hier in Singapur kennengelernt. Sie ist gebürtige Chinesin, hat aber viele Jahre in Singapur gelebt.“ Inzwischen hat das Ehepaar auch eine kleine Tochter.
Die Familie hat eine Wohnung in einem sogenannten Condominium, kurz Condo genannt. Das ist eine abgeschlossene Wohnanlage in der Regel mit Tiefgarage, Swimmingpool(s) und Fitnessstudio. Je nach Größe der Anlage gibt es weitere Einrichtungen wie Tennisplätze, Grillplätze, manchmal sogar einen kleinen Supermarkt.
„Unser Condo gehört zu den größeren und hat 1040 Wohnungen.“ Es wurde von einem deutschen Architekten entworfen und zeichnet sich durch eine sehr eigenwillige und offene Gestaltung aus. Wohnungen sind in Singapur auf Grund des begrenzten Baulandes deutlich teurer als in Deutschland.
„Singapur ist eigentlich nicht ‘Asien’. Es ist in vielerlei Hinsicht nicht mit den Nachbarländern zu vergleichen. Singapur ist kein Entwicklungsland, sondern teilweise deutlich weiterentwickelt als Deutschland.“ Daher fiel Schulte die Umstellung nicht besonders schwer. Zum einen weil Singapur sehr westlich geprägt sei, zum anderen weil er dort vorher sehr häufig beruflich war.
Stadtleben
„Hier ist es zudem auch sauber und sicher. Öffentliche Anlagen sind weitaus besser in Schuss als in Deutschland.“ Kriminalität gebe es so gut wie gar nicht. Beispiel: Das Wegwerfen von Zigarettenkippen wird mit 500 Singapur-Dollar (ca. 300 Euro) bestraft. Auch Frauen können in der ganzen Stadt zu jeder Tages- und Nachtzeit alleine unterwegs sein ohne Belästigungen oder Angriffe befürchten zu müssen.
Selbst in großen Menschenmengen müsse man sich keine Sorgen um Taschendiebstahl machen. „Hier ist Singapur Deutschland und Europa um Längen voraus, aber auch den Nachbarländern in Asien.“ Der öffentliche Nahverkehr sei sehr gut ausgebaut, günstig und effizient. „Der Flughafen gehört zu den schönsten und saubersten der Welt – und ich habe schon einige Flughäfen weltweit gesehen.“
Das Steuersystem sei extrem einfach und gerecht, bei niedrigen Steuersätzen trotz der hohen Qualität der öffentlichen Verwaltung und der öffentlichen Versorgung. Autofahren sei allerdings extrem teuer – aber auch nicht unbedingt nötig wegen des guten öffentlichen Nahverkehrs. „Wir besitzen hier kein Auto und vermissen es auch nicht.“
Reis ist in Singapur Grundnahrungsmittel
Z Ich esse gerne viele lokale Gerichte, insbesondere mag ich die thailändische und die vietnamesische Küche.“ Aus Deutschland vermisst Schulte in erster Linie frische Brötchen und gutes Brot. Beides sei zwar zu bekommen, aber nicht immer „um die Ecke“.
Sehr gut gefallen ihm in Singapur die Garküchen, die so genannten „Hawker Centres“, die überall in der Stadt verteilt sind. Dort gäbe es sehr günstig für zwei bis drei Euro in der Regel eine frisch gekochte Mahlzeit. Wegen der strikten Hygienevorschriften des Staates sei dies auch völlig unbedenklich. Die Singapurer Küche ist ein bunter Mix aus den regionalen Küchen: Chinesisch, Indonesisch und Thailändisch. Wobei die chinesische Küche deutlich vielseitiger und von der Größe des Landes geprägt sei, als man es aus dem Besuch chinesischer Restaurants in Deutschland vermuten würde. Reis ist in Singapur ein Grundnahrungsmittel. Typische lokale Gerichte sind Laksa, eine scharfe Currysuppe auf Basis von Kokosmilch, oder Chicken Rice, gekochtes Huhn mit gekochtem Reis und Beilagen wie Gurken und Tomaten. Dadurch, dass das Land ein großer Schmelztiegel aus allen asiatischen Nachbarländern und auch der westlichen Region ist, gibt es in Singapur auch all das zu essen, was es weltweit gibt. So finden sich in der Stadt viele internationale Restaurants, auch deutsche. Ebenfalls sind in Singapur alle bekannten Fastfood-Ketten flächendeckend vertreten.
Wetter und Reisen
Ebenfalls nicht benötigt wird Winterkleidung. „Hier braucht man gar keine Jacken.“ Die übliche Temperatur während des ganzen Jahres liegt bei 28 bis 30 Grad, auch nachts. Voriges Jahr wurden im Januar mit rund 22 Grad die tiefsten jemals gemessenen Temperaturen in Singapur verzeichnet. Für viele Einheimische sei dies „very cold“ gewesen.
Die Hauptfreizeitbeschäftigung sei „Shopping“, was an sieben Tagen die Woche bis abends spät möglich ist. „Das ist allerdings nicht mein Fall.“ Aber Singapur biete unter anderem mit mehreren Zoos, vielen Museen, Restaurants und Parks ausreichend Alternativen.
„Privat sind wir öfter schon mal in Indonesien.“ Die Insel Batam ist in einer Stunde mit einer Fähre zu erreichen. Mit der sieben Monate alten Tochter sei das Reisen aber nicht mehr so einfach. „Bei längeren Reisen nehme ich die Familie auch schon mal mit.“ Einmal im Quartal ist er für eine Woche im Bremer Büro – aber nicht immer mit Frau und Kind.
Deutsche Heimat
„Mein bzw. unser Gepäck ist auf der Rückreise nach Singapur immer deutlich schwerer als auf der Reise nach Deutschland.“ Mitgenommen werden in der Regel deutsche Produkte, vor allem Lebensmittel wie Nutella, Müsli oder Schokolade. „Hier ist zwar fast alles zu bekommen, aber teilweise deutlich teurer als in Deutschland.“
Ab und zu kommt Besuch aus der Heimat: Auch die Eltern, Gerd und Gisela Schulte, waren schon vor Ort. Ansonsten sei man durch Telefonieren in Kontakt. „Auf Dauer werden wir wieder nach Deutschland zurückkehren. Wann es soweit ist, steht allerdings noch nicht fest. Erst einmal bleiben wir hier.“