Bad Laasphe. . Andrea Bongers hat im Haus des Gastes seltsame Gesprächspartner. Sie sucht Rat bei einer Schlange die sich als Sexualtherapeutin ausgibt.
Da ist ja richtig was los auf der Bühne im Haus des Gastes. Präsentiert doch dort Kabarettistin Andrea Bongers mit „Gebongt – Mutti hat sturmfrei“ dem Publikum nicht nur ein neues Programm, sondern hat als unterstützende Maßnahme noch einige interessante Gesprächspartner aus ihrem näheren Umfeld mitgebracht.
Zwischen Jugendwahn und Schaukelstuhl
In ihrem neuen Programm „gebongt!“ kämpft sich Andrea Bongers hoffnungsfroh durch das Minenfeld zwischen Jugendwahn und Schaukelstuhl.
Ihre Tournee führt durch Deutschland und Österreich.
Obwohl die Hamburgerin eigentlich Comedy-Solistin ist, steht sie nie allein auf der Bühne. Denn die als „Mutti ist die Beste“ bekannte Künstlerin ist Puppenspielerin, schenkt seit zwei Jahrzehnten der Schnecke Finchen aus der Sesamstraße Stimme, Gesten und Leben. Finchen ist allerdings nicht beim Gastspiel in der Lahnstadt dabei. Dafür aber andere Puppen mit ganz eigenem Charakter.
Zu ihnen gehören Dr. Sissi Snake, eine hinterlistige Schlange, die sich als Sexualtherapeutin ausgibt und das „Schaf“, Bongers animalische Seite. Für Schnappatmung unter den Besucherinnen sorgt der 1A lila Loverboy Manolo Panik, dem man unterstellen kann, dass er das Drehbuch von „Fifty Shades of Grey“ für mögliche Notfälle unter seinem Kopfkissen liegen hat. Ein weiteres Mitglied der Puppenfamilie ist der Journalist Uwe Sattmann (bekannt aus der Fernseh--Sendung „Ladies Night“), der für den „Laaspher Boten“ schreibt, über ein großes Reservoir an deftigen Witzen verfügt und ein absolut nerviger Macho sein kann.
Für Erholung keine Zeit
Wie ihre anderen Stoff-Kollegen hat Andrea Bongers Sattmann selbst gefertigt, sein Gesicht mit dem leicht verkniffenen Zug um den Mund aus Schaumstoff modelliert. Dem Publikum bleibt während der Veranstaltung kaum eine Erholungspause, denn Andrea Bongers springt bei ihrem Auftritt zwischen den unterschiedlichen Figuren hin und her. Dabei versteht sie es, ihre persönlichen Erfahrungen mit jeder Menge Wortwitz und abwechslungsreichen Gesangseinlagen darzubieten. Bongers erzählt von ihrer Freundin Wiebke, ordnet den Optimalzustand einer Weinflasche bei „Leer“ ein, singt von ihrer „Balkon-Obsession“, lässt mit ihrer „Mutti First“-Forderung die Augen der anwesenden Damen glänzen. Die Verbindung von perfektem Puppenspiel und nachdenkenswerter Comedy prägt ihre Auftritte und hat sie in der Comedy-Szene nach oben gebracht.
In Gemeinschaft mit ihren Puppencharakteren werden Alltagsgeschichten verarbeitet wie „Was geht ab, wenn dabei sein nicht mehr alles ist? Zweiter Frühling oder zweite Hüfte? Lässt es sich beherzt älter werden und trägt man dabei Sneaker oder zwängt sich doch wieder in viel zu enge High Heels?“ Da wird aber auch die Frage gestellt: „Wann ist aus Sex und Drugs and Rock’n’ Roll eigentlich Helene Fischer und Laktose-Intoleranz geworden?“ Ebenfalls noch geklärt werden muss, wie es um den Nucleus accumbens und die Gaba, diese wohlfühlige Gamma-Amino-Buttersäure, steht.
Andrea Bongers zeigt, dass Freiheit schön ist, aber auch viel Arbeit macht. Das stellt allerdings kein Problem für die norddeutsche Powerfrau dar, befindet sie sich doch auf geradem Weg zu wahrer Selbstbestimmung. Das Publikum kommt dabei voll auf seine Kosten, denn jeder weiß, wovon sie spricht. Viel Beifall für eine musikalische, quirlige und kunterbunte Collage, die sich mit der zweiten Lebenshälfte beschäftigt.