Wingeshausen. . Das Problem im Schülerbus-Verkehr nach Erndtebrück ist glücklich gelöst. Doch auch für Berufspendler macht das neue Bus-Angebot kaum Sinn.

Der Fahrplan-Wechsel zum 15. Dezember im Wittgensteiner Busverkehr ist nicht reibungslos gelaufen – im Schulbus-Verkehr hat sic h das vor den Weihnachtsferien bereits schmerzlich gezeigt. Am Beispiel der neuen Bus-Anbindung von und nach Wingeshausen sieht man aber: Auch sonst im Alltag bleibt es mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) schwierig.

Automatik-Fahrten

„L 196: Taxi-Bus fährt ab sofort automatisch“ – so lautete am letzten Tag vor den Weihnachtsferien die Überschrift unserer Zeitung. Ein Erfolg: Realschule und Gemeindeverwaltung in Erndtebrück hatten gemeinsam mit dem Busunternehmen VWS eine Lösung für den Transport der Realschüler aus Wingeshausen zum Bahnhof in Aue gefunden, wo es dann per Rothaarbahn weiter in den Erndtebrücker Kernort geht.

Kopfbild Sandra Peiser aktuell SPD SGV
Kopfbild Sandra Peiser aktuell SPD SGV © Privat

Dieser letzte Tag war ein Donnerstag – an dem im Übrigen „die Kinder umsonst gewartet haben“, sagt die Wingeshäuserin Sandra Peiser, selbst Mutter eines Sohnes (13) und einer Tochter (12), die beide schulpflichtig sind. „Da hatten wir den Bus mit mehreren Eltern noch als Taxibus bestellt.“ Und als der dann nicht kam, habe schließlich „ein Papa die Kinder zur Schule gefahren“. Sicher: „Das Problem ist generell gelöst“, räumt Peiser ein mit Blick auf die glückliche Lösung für die Schüler. Aber schließlich sei es den Eltern auch „nicht zuzumuten, jeden Tag erneut für neun Cent pro Anruf den Taxibus für jedes Kind zu bestellen“.

Bus und Zug

Etwa zehn Kinder müssen laut Peiser regelmäßig von Wingeshausen zum Zug nach Aue fahren – und von dort aus zu weiterführenden Schulen in Erndtebrück. Meist mit der ersten Taxibus-Verbindung im Fahrplan um 6.30 Uhr ab Wingeshausen Kirche. Dabei kommt der Bus fünf Minuten später am Auer Bahnhof an. Abfahrt der Rothaarbahn dann in Richtung Erndtebrück: 6.41 Uhr, Ankunft Erndtebrück 6.52 Uhr – wenn’s keine Verspätungen oder Zugausfälle gibt.

Gestrichene Verbindung

„Die Verbindung um 6.10 Uhr ab Wingeshausen ist leider komplett weggefallen“, bedauert Peiser. Da werde es schwierig etwa für Schüler des Berufsbildungszentrums Wittgenstein (BZW) in Bad Berleburg. „Ich kenne eine Mutter, die ihr erstes Kind erst zum Bus Richtung Bad Berleburg bringt und dann das zweite Kind zum Zug Richtung Erndtebrück“. Das hätten die Wingeshäuser Eltern auch Andreas Kus erklärt, im Bad Berleburger Rathaus Abteilungsleiter Schulen. Er hält den Kontakt zur VWS, damit der Schülerbus-Verkehr im Stadtgebiet spätestens nach den Weihnachtsferien ab Montag, 7. Januar, endlich reibungslos läuft.

Berufspendler

Nach dem Fahrplan-Wechsel zum 15. Dezember hat sich beim Busverkehr von und nach Wingeshausen einiges verändert. Derzeit suchen die Dorfbewohner, aber auch Politik und Verwaltung der Stadt Bad Berleburg und die VWS als zuständiges Busunternehmen nach geeigneten Lösungen, mit denen möglichst alle leben können. Motiv:Bushaltestelle
Nach dem Fahrplan-Wechsel zum 15. Dezember hat sich beim Busverkehr von und nach Wingeshausen einiges verändert. Derzeit suchen die Dorfbewohner, aber auch Politik und Verwaltung der Stadt Bad Berleburg und die VWS als zuständiges Busunternehmen nach geeigneten Lösungen, mit denen möglichst alle leben können. Motiv:Bushaltestelle "Wingeshausen Kirche" an der Alten Landstraße © Eberhard Demtröder

Über den Schülerbus-Verkehr hinaus gebe es aber reichlich Menschen aus Wingeshausen, so Sandra Peiser, „die den Taxibus nach wie vor selbst bestellen und von Aue aus weiterfahren“. Ein Beispiel ist ihr Ehemann, der in Erndtebrück für die Post arbeitet. Morgens komme er ja immer gut mit dem Bus weg, so Peiser. Richtung Dienstschluss spätnachmittags aber habe er schlicht das Problem, „dass er nie so genau sagen kann, wann er fertig ist“. Dann komme er zwar gut per Rothaarbahn nach Aue, müsse dort aber „hoffen, dass ihn jemand nach Wingeshausen mitnimmt“. Denn er könne eben nicht mit Bestimmtheit 45 Minuten vorher seine Taxibus-Fahrt anmelden. 30 Minuten vorher vielleicht – das könne klappen, meint Peiser. Über dieses Problem habe man auch schon mit dem Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS) gesprochen, der den Busverkehr organisiert.

Anschluss-Problem

Und auch am Mittag sieht Peiser ein Problem: Wenn die Kinder dann nämlich mit dem Zug nach Aue kommen und der zehn Minuten Verspätung habe, sei auch der einzige Bus weg, der regulär im Schülerbus-Verkehr Richtung Wingeshausen unterwegs sei. Peiser: „Dann sehen die Kinder oft durchs Zugfenster, wie der Bus gerade losfährt.“ Offensichtlich gebe es da „keine Kommunikation“ zwischen der Hessischen Landesbahn als Betreiber der Rothaarbahn und dem Bus-Betreiber auf der L 196, bedauert Peiser.

Weg zu Fuß

Klar: „Man kann natürlich den Weg hier hoch zu Fuß machen“, beschreibt Sandra Peiser eine denkbare Alternative, um die Strecke von Aue nach Wingeshausen zurückzulegen. Allerdings: „20 bis 30 Minuten braucht man für die zweieinhalb Kilometer“, schätzt sie – „das kommt oft auch aufs Wetter an“. Und mit Schulranzen, Gepäck oder Einkaufstüten sei es doch beschwerlich. Deshalb Peisers Tipp: Fahrten von und nach Wingeshausen mit dem Bus immer gut planen – „und die Telefonnummer für die Taxibus-Bestellung am besten gleich ins Handy programmieren“.

Car-Sharing

Über das Angebotspaket hinaus, das der ZWS mit der VWS als neuem Konzessionär für den Busverkehr in Wittgenstein vereinbart hat, werde die Politik etwa in Bad Berleburg für weitere Optimierungen „Zusatzkosten abnicken müssen“ – davon ist Sandra Peiser als sachkundige Bürgerin überzeugt. Als solche sitzt sie für die SPD in zwei Berleburger Fachausschüssen und in zwei weiteren des Kreistages Siegen-Wittgenstein. Und der Stadt werde das finanziell „sicherlich schon wehtun“, fürchtet sie. „Wir müssen darüber nachdenken, wie viel ÖPNV-Angebot wir wollen – und wie wir das finanzieren“, sagt Sandra Peiser. Dabei dürfe man „auch Alternativen nicht vergessen wie zum Beispiel Car-Sharing oder Mitfahrer-Apps. Da ist noch vieles möglich“.