Bad Berleburg. . Vier Entschärfer haben die gefährlichen Substanzen vernichtet, die am Tag zuvor in einem Mehrfamilienhaus in Bad Berleburg gefunden wurden.

Mit grellen Stichflammen, lauten Detonationen und hohen Rauchsäulen haben vier Bomben-Entschärfer der Bundespolizei mit vier Sprengungen die gefährlichen Substanzen vernichtet, die am Tag zuvor in einem Mehrfamilienhaus im Bad Berleburger Wiesenweg bei einer Durchsuchung gefunden worden waren. „Wäre das Zeug unkontrolliert hochgegangen, dann wäre hier die ganze Häuserzeile in die Luft geflogen“, sagt ein Sprengmeister und zeigt am Einsatzort im Wiesenweg auf die benachbarten Gebäude.

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Der Mann möchte, wie das ganze Team, seinen Namen nicht in der Zeitung lesen. Er wolle mit seiner Einschätzung nur deutlich machen, dass es „hier nicht um Silvesterböller“ gehe, sondern und brisante Substanzen, die in bestimmten Mischungen und unsachgemäßer Lagerung lebensgefährlich sein können. Wärme oder Reibung hätten eine Explosion hervorrufen können. Und solch eine Gefahr hat möglicherweise tatsächlich bestanden, denn im teilweise ausgebauten Dachgeschoss haben die Fahnder „so etwas wie eine Werkstatt, ein kleines Labor“ ausgehoben. Offenbar hat dort der Wohnungsinhaber, ein 42-jähriger Bad Berleburger, die vermutlich im Dark­net bestellten Substanzen zu Pyrotechnik gemischt.

Wohnungen im Visier der Fahnder

An dieser Stelle kommt der Zoll ins Spiel. Er sollte im Auftrag der Kölner Zentralstelle für Internet-Kriminalität zwei Berleburger Adressen durchsuchen, hinter denen sich wohl Zollvergehen durch mutmaßliche Käufe auf dem Schwarzmarkt aus Ländern außerhalb der EU verbergen. Am frühen Mittwochmorgen rückten die Zöllner an, informierten dann erst die örtliche Polizei und bat sie um Amtshilfe u.a. bei der Absperrung des Einsatzortes.

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Auch am Donnerstag begleiten Streifenwagen eine größere Fahrzeugkolonne mit der runden Sprengkapsel, gefüllt mit chemischen Gefahrstoffen, zum Sprengort auf der Lenne. Ganz behutsam fahren die Autos im Schritttempo, noch langsamer bei Schlaglöchern oder Fahrbahnrinnen. Bundespolizei und die Berleburger Streifenwagen haben die Blaulichter an. Als wäre er bestellt, inszeniert der aufziehende Nebel eine dramatisch-gespenstige Spannung.

Weiträumige Absperrung bei Sprengung

Dort, wo die Landjugend Wittgenstein ihr Osterfeuer abbrennt, hat ein Bagger ein etwa zwei Meter tiefes Loch gegraben. Bevor das die Sprengmeister mit den Funden befüllen und mit Erde bedecken, wird weiträumig abgesperrt, Hundebesitzer werden mit ihren Vierbeinern umgeleitet.

Um 10.22 Uhr donnert die erste Ladung mit einer Stichflamme in die Luft. Die Druckwelle ist in 40 Metern Entfernung spürbar. Das ist die erste von vier Sprengungen. Experten sind sich einig: Es handelt sich überwiegend um Pyrotechnik - also selbst gebastelte Feuerwerkskörper, von denen durch Wärme, Reibung oder unsachgemäße Lagerung Lebensgefahr ausgegangen ist. Das Beispiel von der Explosion einer Feuerwerksfabrik im niederländischen Enschede im Mai 2000 wird zitiert. Damals war ein ganzes Stadtviertel zerstört worden, dabei starben 23 Menschen.

Noch ist der Hintergrund der Geschehnisse im Wiesenweg im Unklaren. Auch, welche Substanzen die Fahnder in der Wohnung eines 31-jährigen im Berliner Viertel gefunden haben, bleibt zunächst nicht-öffentlich. Der Mann war am Mittwochabend durch Zollbeamte vorläufig festgenommen, später nach erkennungsdienstlicher Behandlung wieder auf freien Fuß entlassen worden. Wo sich der Bewohner des Wiesenweges aufhält, ist derzeit nicht bekannt.

Faible für Böller und Sprengstoff

Was hinter vorgehaltener Hand über die beiden Wohnungsinhaber, deren Neigungen und deren Hobby gemunkelt wird, erhält keinerlei Bestätigung der Behörden. Beiden wird inoffiziell ein Faible für Böller und Sprengstoff zugeschrieben. Dass es manchmal im Umfeld der Brandeburger Straße und des Wiesenweges auch außerhalb der Zeit um den Jahreswechsel immer wieder mal ordentlich gekracht haben soll, „wie bei China-Böllern“, ist der Polizei nicht unbekannt. Täter konnten bislang allerdings nicht ermittelt werden.

Aufklärung verspricht der zuständige Staatsanwalt Dr. René Seppi (Köln) für heute. Dann werde „ich eine Presseerklärung herausgeben.“