Niedergebrannte Häuser, Tod und Armut fordert der Dreißigjährige Krieg auch in Wittgenstein. Die Einquartierungen saugen den Landstrich aus.

Niedergebrannte Häuser, Tod und Armut fordert der Dreißigjährige Krieg auch in Wittgenstein. Auch abseits der großen Schlachten fordern die durchziehenden Heere ihren Tribut. Die Einquartierungen saugen den Landstrich so sehr aus, dass er auch Jahrzehnte nach dem Friedensschluss die Region noch unter den Folgen leidet.

1578 tritt die Grafschaft Wittgenstein als eines der ersten Territorien des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation dem calvinistischen Glaubensbekenntnis bei. Zwischen dem katholischen Kurkölnischen Sauerland und der Landgrafschaft Hessen gelegen geraten die 1605 in Wittgenstein-Wittgenstein (Laasphe) und Wittgenstein-Berleburg (Berleburg) geteilten Grafschaften zwischen die Mühlsteine eines Krieges. Die Landesherrn beider Grafschaften versuchen neutral zu bleiben. Doch Schutz ist eine Sache des Geldes und auf Dauer zu teuer.

1622 ist es mit der Neutralität vorbei: Graf Johann VIII. zu Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein tritt in Brandenburgische Dienste.

Graf Georg zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (1565-1631), Schloss Berleburg
Graf Georg zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (1565-1631), Schloss Berleburg © Lars-Peter Dickel(Scan)

1623 ist der fünf Jahre zuvor in Böhmen ausgebrochene Krieg auch in Wittgenstein angekommen. Kaiserliche Truppen besetzen Berleburg. Die Truppen versorgen sich – wie üblich – aus den Vorratskammern und Geldbeuteln der Bevölkerung. Ein Berleburger Chronist schreibt in Band 1 des Wittgensteiner Heimatbuchs von „gottlosem krigsvolke welches alle umbliegenden lande überfiel [...] und die armen leuth zu großen unerträglichen Unkosten genötiget, geschlagen und gestoßen“ habe. Der Berleburger Landesherr muss tatenlos zusehen. Auf die Klagen seiner Untertanen antwortet er: „Ich wölt gern helffen, kan nit helffen. Sie seind itzt Herr im Land.“

1624 lagern die katholischen Kaiserlichen auch in Laasphe. Ab 1627 pressen sie Bauern in ihren Dienst.

1630 Brandenburgische und niederländische Heere befreien Wittgenstein vom katholisch-kaiserlichen Joch. In den 1630er Jahren erreicht der Krieg seinen Höhepunkt. Die Wittgensteiner Grafen wollen sich wehren. Sie tauschen mit den Ämtern Hilchenbach und Hallenberg Nachrichten über umherziehende Truppen aus.

1632 beschließen die Wittgensteiner Grafen Georg und Johann gemeinsam mit dem Wetterauer Grafenkollegium Truppen aufzustellen. Es sind keine Berufssoldaten oder Söldner, sondern Bauern. Die Truppen werden an Eder, Lahn und Odeborn einquartiert. Aus Weilburg kommen 163 Mann nach Fischelbach. Aus Usingen werden 104 Mann und 15 Pferde nach Laasphe geschickt. In Weidenhausen und Sassenhausen lagern 107 Soldaten aus Hanau. Die Isenburger Kompanie wird in Berleburg untergebracht. 1220 Solmser sind in Banfe einquartiert, marschieren dann weiter nach Laasphe.

1633 kommen weitere Truppen. 585 Mann aus Stolberg ziehen in Laasphe ein und 405 weitere Soldaten rücken nach Berleburg ein. Der fragwürdige Schutz einer 2585 Mann zählenden Truppe aus schlecht ausgebildeten und mangelhaft ausgerüsteten Bauern hat seinen Preis. Die Wittgensteiner Grafen beschweren sich über die Kosten. „Sie mussten nun 843 statt wie bisher 343 Reichstaler monatlich aufbringen“ schreibt der Historiker Dr. Gunnar Teske in seinem 1997 in Münster erschienen Buch „Bürger, Bauern, Söldner und Gesandte.

1634 fallen Berleburg und Laasphe. Der kaiserliche Oberst Moritz von Haxthausen erobert Berleburg. Gleichzeitig fallen 6000 Kaiserliche aus dem Sauerland und Hallenberg in Laasphe ein. Sie verwüsten das Schloss und plündern Stadt und Kirche.

1637 flüchten Graf Johann VIII zu Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein und Graf Ludwig Casimir zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg nach Dillenburg. Vier Jahre bleiben beide im Exil.

1643 wird Graf Ludwig-Casimir erschossen. Er ist auf dem Weg nach Marburg, um Hilfe zu erbitten, als er bei Wetter von marodierenden Soldaten getötet wird.

1645 plündert der katholische kölnische Heerführer Jan van Werth Laasphe.

1646 wird Feudingen verwüstet. Schwedische Dragoner überfallen an einem Sonntagmorgen das Dorf, während die meisten Menschen gerade in der Kirche sind. Schwer bewaffnete Landsknechte sperren die Dorfbevölkerung kurzerhand in der Kirche ein und haben leichtes Spiel.

Die Auflistung des Schadens ist noch vorhanden: 114 Kühe, 69 Rinder, 20 Pferde, 472 Schafe und 28 Schweine werden weggetrieben, schreibt Gustav Bauer im Wittgensteiner Heimatbuch. Außerdem wird Hausrat für 92 Taler, Kleidung im Wert von 1181 Talern und 114 Stück Tuch für 112 Taler gestohlen. Insgesmat 2823 Reichstaler beträgt der Schaden.

Landesherr Graf Johann VIII zu Sayn-Wittgenstein erfährt bei den Friedensverhandlungen in Münster von der Plünderung durch Verbündete und ist außer sich. Der schwedische Gesandte entschuldigt sich für die Räuber und verspricht eine Untersuchung. Der Schwedische Feldmarschall Wrangel erklärt aber, er wisse von nichts.