Bad Berleburg. Was Martin Endres über die Bewerberzahlen in für Pflegeberufe sagt und wie er sich in Wittgenstein eingelebt hat, berichtet er im Interview.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will den Pflegenotstand bekämpfen. Ein Grund mehr beim Klinikbetreiber Helios nachzufragen. In Bad Berleburg aber scheint sich die Lage zu wandeln. „Aktuell kann ich glücklicherweise sagen, dass wir im Pflegebereich personell gut aufgestellt sind“, sagt Martin Endres. Wir haben mit dem noch relativ neuen Pflegedirektor der Helios-Akutklinik auch über seinen Weg nach Wittgenstein und das „Erbe“ gesprochen, das er von Christine Wick übernommen hat, die Jahrzehnte lang die Geschicke der Pflege in Berleburg mitbestimmt hat.

Herr Endres, Sie sind jetzt seit zwei Jahren Pflegedirektor in der Helios-Akutklinik. Was genau ist ihre Aufgabe?

Martin Endres: Als Pflegedirektor bilde ich zusammen mit der Klinikgeschäftsführerin Sabine Braun und dem Ärztlichen Direktor Dr. Frank Melz die Klinikleitung, in der wir gemeinsam alle strategischen Entscheidungen für die Klinik treffen. Personell bin ich verantwortlich für die Mitarbeiter des Pflegedienstes, des Funktionsdienstes (z.B. OP/Kreißsaal) und des Medizinisch-Technischen-Dienstes (z.B. Diagnostik). Eine meiner Kernaufgaben ist es, die Strukturen und Prozesse sämtlicher Abteilungen in enger Zusammenarbeit mit den Stations- und Abteilungsleitungen kontinuierlich weiterzuentwickeln. Neben der Einstellung und der Zuordnung des Personals auf die Bereiche bin ich dafür zuständig, dass Nachwuchskräfte aus- sowie erfahrene Pflegekräfte fort- und weitergebildet werden.

Martin Endres  ist der Pflegedirektor der Bad Berleburger Helios Akutklinik.
Martin Endres ist der Pflegedirektor der Bad Berleburger Helios Akutklinik. © Antje Gröpl-Horchler/Helios

Wer oder was hat Sie in den vergangenen zwei Jahren am meisten überrascht und warum?

Vor allem die konstruktive Zusammenarbeit und das gute Betriebsklima – in einem Krankenhaus sind die Strukturen oft hierarchisch und das spiegelt sich in der Stimmung wider. Das haben wir hier in den letzten Jahren gemeinsam sehr verändert. Dazu haben gerade die Stations- und Abteilungsleitungen beigetragen, denen ich an dieser Stelle gerne danken möchte: Sie machen Ihre Arbeit richtig gut und ich arbeite ausgesprochen gerne mit Ihnen zusammen!

Dazu zählt für mich auch die respekt- und vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Klinikleitung, mit dem Betriebsrat und der gesamten Verwaltung.

Vor meiner Anstellung in der Klinik hätte ich zugegebenermaßen nicht gedacht, dass ich mich mal so wohl fühlen werde, wie ich es heute tue. Ich genieße die landschaftlichen Qualitäten der Region, spiele Fußball im Verein und habe mir ein soziales Umfeld aufgebaut, das ich nicht missen möchtete.

Als Sie Ende August 2016 in die Fußstapfen von Christine Wick getreten sind, waren Sie neu in einem Umfeld, das mit ihrer Vorgängerin über Jahrzehnte zusammengewachsen war. Wie haben Sie einen Fuß in die Tür bekommen?

Tatsächlich war das für alle Beteiligten eine Herausforderung, Christine Wick hat wirklich gute Arbeit in der Klinik geleistet. Nachdem wir aber in der Pflege die gegenseitigen Erwartungshaltungen abgesteckt und uns besser kennengelernt hatten, wurde die Zusammenarbeit immer besser. Natürlich braucht so etwas Zeit, aber die Entwicklung spricht für sich. Wir haben unseren Rhythmus gefunden, setzen uns regelmäßig zusammen und pflegen einen konstruktiven Austausch. Kürzlich waren die Stationsleitungen und ich anlässlich meines zweijährigen Jubiläums gemeinsam essen. Bei einem gemütlichen Bier entstehen manchmal die besten Ideen.

Sie kommen aus Schweinfurt, haben in Würzburg studiert und sind Wahl-Frankfurter. Was reizt Sie an ihrem Job auf dem Land?

Ich habe zwar viele Freunde in Frankfurt, die ich auch regelmäßig besuche, wohne allerdings nicht dort. Als Franke genieße ich die Besuche in meiner Heimat, mit der ich mich weiterhin sehr verbunden fühle. Ansonsten verbringe ich die Wochenenden mit meiner Freundin, die aktuell im Rahmen ihrer Promotion in Tübingen lebt, mich aber gerne in Bad Berleburg besucht, um bevorzugt ausgiebig wandern zu gehen. Wir machen viel Outdoor-Sport, wofür sich die Region natürlich mehr als eignet. Nachdem ich einige Jahre in größeren Städten unterwegs war, schätze ich das etwas ruhigere Leben mittlerweile sehr.

Egal ob Stadt oder Land, es wird schwer ausreichend qualifiziertes Personal zu finden. Auch die Berleburger Kliniken haben offene Stellen. Wo finden Sie das Personal, um diese Lücken zu füllen?

Aktuell kann ich glücklicherweise sagen, dass wir im Pflegebereich personell gut aufgestellt sind. Das hängt in erster Linie damit zusammen, dass wir selbst ausbilden und die Absolventen nach Möglichkeit auch übernehmen. Die Fluktuation ist gering und wir investieren viel, um als potenzieller Arbeitgeber auf uns aufmerksam zu machen und für junge Leute interessant zu sein. Neben einer Kooperation mit der Realschule nehmen wir zum Beispiel an diversen Ausbildungsmessen teil und geben allen Interessierten die Möglichkeit, im Rahmen eines Praktikums in das Berufsfeld Pflege zu schnuppern. Das Ergebnis dieser Bemühungen ist gut: Derzeit haben wir eine sehr gute Bewerbersituation! Perspektivisch wollen und müssen wir weitere Konzepte zur Personalakquise und zur Personalbindung entwickeln, um als Arbeitgeber interessant zu bleiben. Welche Auswirkungen die sich verändernde generalistische Ausbildung und die politischen Entwicklungen haben werden, bleibt abzuwarten.

Sie haben selbst Krankenpfleger gelernt, bevor Sie studiert haben. Wenn Sie heute Menschen für Ihren Beruf begeistern wollen, was sagen Sie Jugendlichen, die vor einer Berufswahl stehen?

Ich sage ihnen, dass das ein wichtiger und toller Beruf ist, weil uns die Menschen, die wir versorgen, viel Dankbarkeit und Wertschätzung entgegenbringen. Außerdem gibt es zahlreiche Entwicklungsmöglichkeiten für Pflegekräfte: Sie können im OP arbeiten oder auf der Station, in Krankenhäusern, Ämtern oder Schulen und als Stationsleitungen oder natürlich als Pflegedirektoren. Vielleicht müssen noch einige Rahmenbedingen angepasst werden, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Pflege eine erfüllende Tätigkeit ist, bei der man Verantwortung tragen darf, Menschen helfen und die medizinische Versorgung mitgestalten kann.