Bad Berleburg. . Im Haus am Sähling sprechen Betroffene, Angehörige und Pfleger über die degenerative Krankheit und darüber, wie man am besten mit ihr umgeht.

Eigentlich wollte Helga Rohra sich nur die Zähne putzen, als sie im Waschbecken auf einmal sich selbst sah – als kleines Kind mit einem Puppenwagen und ihrer Mutter. Eine von vielen Halluzinationen, welche die Demenz-Aktivi­stin seit einigen Jahren hat. Vor zehn Jahren kam die Schock-Diagnose: Demenz. „Ich war traurig, aber ich wusste auch: Jetzt beginnt ein neues Leben“, sagt die 65-Jährige.

„Ich verarbeite meine Krankheit, indem ich darüber rede.“ Früher habe sie dabei geweint. Als Dolmetscherin arbeitete sie jahrelang unter anderem in der Politik. Neun Sprachen konnte sie, bis eines Tages die Wortfindungsstörung eintrat. „Das ist eine von vielen Phasen in der Demenz“, sagt sie. Phasen, die sie in ihr Ausfall-Tagebuch schreibt. Dazu gehören auch unter anderem Halluzinationen und Orientierungslosigkeit. Aber sie ist nicht allein mit der Krankheit. Bei einer Fachtagung zum Thema im Bad Berleburger „Haus am Sähling“ erfahren Betreuer, Angehörige und Betroffene viel Wichtiges rund um die Krankheit.

Die Zahlen

Formen der Demenz

Es wird unterschieden zwischen altersbedingter und genetisch bedingter Demenz. Auch 30-jährige Menschen können daran erkranken.

Insgesamt gibt es 140 Arten von Demenz. Je nach Form der Erkrankung schreitet sie unterschiedlich schnell voran. Eine Heilung gibt es dabei nicht.

Deutschlandweit sollen derzeit bis zu eineinhalb Millionen Menschen an Demenz erkrankt sein, so die Zahlen der Weltgesundheitsoganisation (WHO). „In Siegen-Wittgenstein leiden in etwa 5876 Menschen an der Krankheit“, sagt Thomas Weber vom Caritasverband Siegen-Wittgenstein. Er beruft sich dabei auf die Untersuchungen von Dr. Horst Bickel. Jedoch seien dies nur Erhebungen. „Eine genaue Zahl lässt sich nicht ausmachen. Wir bewegen uns dabei in einer Grauzone. Viele sprechen nicht darüber oder überspielen ihre Situation“, weiß auch Tanja Baldus, Hospizkoordinatorin beim Diakonischen Werk Wittgenstein. Doch die Zahl der Betroffenen steige immer weiter an.

Betreuungsangebote

Betreuungsmöglichkeiten gibt es einige in Wittgenstein – sowohl ambulant als auch stationär. Jedoch stehen die ambulanten an erster Stelle. „Viele kommen erst spät in stationäre Betreuung. Daher ist es wichtig, dass man dann gezielt auf die Menschen eingeht“, sagt Geronto-Therapeutin Claudia Drastik-Schäfer. Eine dieser auf Demenz spezialisierten Stationen befindet sich in Bad Berleburg: der sogenannte „Rosengarten“. „Außerdem gibt es die Senioren-WG für Menschen mit Demenz in Bad Laasphe, und die Diakonie bietet eine Tagespflege an.

Zudem können Angehörige Tagesbetreuer buchen, die zwei bis drei Stunden auf die Betroffenen aufpassen“, sagt Tanja Baldus. Denn nicht nur die Erkrankten brauchen Hilfe, sondern auch die Angehörigen – und diejenigen, die tagtäglich beruflich mit den Demenz-Kranken arbeiten. „Wir wollen, dass alle drei Gruppen miteinander sprechen – und nicht übereinander“, so Baldus. Gerade für die Angehörigen sei der Alltag mit dem Erkrankten ein langer und schwerer Weg.

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