Erndtebrück. . Das CJD hat ein neues Lernzentrum in der Struthstraße in Erndtebrück. Marvin Jüngst hat bereits gute Erfahrungen mit dem Training gemacht.

„Wenn ich nicht in das Christliche Jugenddorf gekommen wäre, gebe es mich nicht mehr. Oder aber ich hätte bereits einige Vorstrafen“, sagt Marvin Jüngst. Doch der 24-jährige Koch hat es geschafft. Raus aus einer tristen Vergangenheit, rein in eine vielversprechende Zukunft. „Ich hatte keine Bilderbuch-Kindheit. Was folgte war ein Aufenthalt in einer psychiatrischen Einrichtung und dann, zum Glück, kam ich in das CJD nach Birkelbach.“

Von seiner Lese- und Rechtschreibschwäche erfuhr er erst spät. „Ich sollte eine Bewerbung für ein Praktikum schreiben. Ich wollte das aber nicht, weil es mir peinlich war. Weil ich Angst hatte.“ Daher sei es damals zu einer lauten Diskussion gekommen. An diesen Tag erinnert sich auch Andreas Machenheimer, Lerntrainer für Legasthenie und Dyskalkulie, noch genau. „Wir haben danach einige Testungen mit ihm vorgenommen. So konnten wir feststellen, dass Marvin an Legasthenie leidet. Eine Lernschwäche, die nicht vollständig weggeht, aber die man soweit behandeln kann, dass sie den Betroffenen nicht einschränkt“, sagt er.

Förderprogramme im CJD

Im neuen Trainingszentrum in der Struthstraße wird unteranderem ein Lautbewusstheitstraining sowie Lernen mit allen Sinnen und Silbengliederung angeboten. Hinzu kommen Rechtschreibregeln und Training des Zahlen- und Mengenverständnisses.

Zunächst aber wird in einem Testverfahren geklärt, inwieweit eine Störung besteht. Der Trainingsplan erfolge dann ganz individuell.

Daher habe Marvin Jüngst fleißig geübt – sogar am Wochenende. „Herr Machenheimer war in Birkelbach unser Gruppenleiter. Das war natürlich sehr praktisch“, sagt Marvin Jüngst. Dabei habe er immer darauf geachtet, eine angenehme Atmosphäre für beide zu schaffen. Zuerst gemeinsames Kickern, dann erst ging es an die verschiedenen Übungen. „Egal ob Buchstaben, Silben oder ganze Wörter – die Übungen sollen helfen, bestimmte Regeln für den Alltag zu entwickeln“, sagt Andreas Machenheimer, der seid Kurzem mit seinem Team in der Struthstraße ein Trainingszentrum betreut.

Beim Aktionstag „Legasthenie und Dyskalkulie“ hat er gemeinsam mit seinen Kollegen und Marvin Jüngst Aufklärung über die Rechen-und Rechtschreibschwäche angeboten. „Wir wollen den Eltern klar machen, dass sie sich für die Lernschwäche ihrer Kinder nicht schämen brauchen. Die Kinder sind nicht dumm. Einige von ihnen sind sogar hochbegabt“, sagt Andreas Machenheimer.

Tests verschaffen Gewissheit

Neben Elterngesprächen und Trainingsangeboten werden im neuen Zentrum für Legasthenie und Dyskalkulie auch in Zukunft Testungen angeboten. „So haben die Eltern, aber auch die Kinder Gewissheit“, so Machenheimer. Zudem sei ein enger Kontakt zu den Schulen wichtig. „Denn im Klassenzimmer gibt es keinen Datenschutz. Da weiß jeder, wer welche Noten geschrieben hat. Und dann fangen sie an zu tuscheln und zu lachen. Und das ist für Betroffene schlimm“, sagt er.

Auch Marvin Jüngst hatte lange Zeit Angst vor anderen zu lesen oder zu schreiben. Doch er hat es geschafft. „Ich habe meine Kochprüfung bestanden. Das hätte ich ohne die Hilfe vom CJD niemals geschafft“, sagt er und lächelt. Insgesamt elf Kinder und Jugendliche konnte das CJD nach erfolgreicher Therapie entlassen – und das in ein Leben ohne Scharm vor Rechtschreibfehler.

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