Elsoff. . Der neue Pfarrer Joachim G. Cierpka setzt in der Lukas-Kirchengemeinde neue Maßstäbe – und knüpft eifrig gute Kontakte. Auch mit den Katholiken.
Seit fast fünf Monaten ist er Pfarrer der Lukas-Kirchengemeinde im Elsoff- und Edertal: Joachim G. Cierpka. Und im Moment knüpft er in allen sieben Dörfern Kontakte, stößt Aktionen an. Außerdem spricht er im Interview mit unserer Zeitung über gesteckte Nahziele. und – „Berührungspunkte“ zur Arbeit seiner Frau, der Pfarrerin Silke van Doorn.
Eine Frage gleich vorweg: Haben Sie und Ihre Frau mittlerweile ein gemeinsames Domizil in der Kirchengemeinde gefunden? Oder wohnen Sie noch zur Miete in Bad Laasphe, Königstraße? Wie würden Sie beide denn „Ihre gemeinsame Vorstellung von einem offenen Pfarrhaus alter Prägung“ umsetzen?
Gemeinsam wohnen wir ja schon in der Königstraße. Unterdessen entwickeln wir ein Konzept für generationsübergreifendes Wohnen in einem der Dörfer der Lukasgemeinde, das auch die Pfarrdienst-Wohnung beinhalten soll. Denn unabhängig von der Rechtslage möchte ich ja auch gern in der Gemeinde wohnen. In einer größeren Wohnung und vor Ort kann dann auch manches im Pfarrhaus geschehen, was jetzt nicht geht.
Neuruppin auch als Wirtschaftsförderer erlebt
Pfarrer Joachim Gerhard Cierpka ist gebürtiger Berliner. Er ist seit Dezember 2017 in zweiter Ehe verheiratet mit der gebürtigen Bochumerin Silke van Doorn, die seit 1995 im Siegerland lebt und für die Kirchenkreise Siegen und Wittgenstein als Schulreferentin arbeitet. Der 57-Jährige ist Vater dreier erwachsener Töchter (27, 25, 24).
In den 80er Jahren studierte er Theologie und Philosophie in Berlin und Cambridge, begann 1987 ein Vikariat in der evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Rudow (Bezirk Neukölln). 1988 war Cierpka Vikar im Rundfunkdienst, unter anderem bei Radio Schleswig-Holstein (R.SH) und der BBC in London.
Als Pfarrer war Cierpka unter anderem in den Berliner Stadtteilen Kreuzberg und Friedrichsfelde aktiv, aber auch im brandenburgischen Lübben sowie in der deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde in Belgien, Pfarrbezirk Brüssel.
Im brandenburgischen Neuruppin war Cierpka zwar ebenfalls als Pfarrer im Einsatz, übernahm dort aber auch für drei Jahre eine leitende Stabsstelle bei der Stadt Neuruppin, spezielle Zuständigkeit für Stadt- und Wirtschaftsentwicklung. Dabei war er federführend beim länderübergreifenden „Fontane-Jahr 1998“ und begleitete die Verwaltungsreform der Stadt.
2011 und 2012 ließ sich Cierpka zum Coach für Predigt und Gottesdienst ausbilden. Außerdem übernahm er 2013 Lehraufträge an der Evangelischen Hochschule Berlin im Studiengang Bachelor of Nursing (Akademische Pflegedienst-Ausbildung) für Ethik und Selbstreflektion sowie Wirtschaftsethik in diakonischen Unternehmen.
Ferner ist der neue Pfarrer der Lukas-Kirchengemeinde, seit Mai im Amt, ausgebildeter Kirchenmusiker. Er hat eine kaufmännische Grundausbildung.
Wird die Residenz-Pflicht für einen Pfarrer in seiner Kirchengemeinde von der evangelischen Kirche wirklich streng gesehen? Oder gibt es da Spielräume?
Grundsätzlich hat ein Pfarrer oder eine Pfarrerin die Residenzpflicht zu erfüllen. Nur: „Wo nichts ist, hat der Kaiser sein Recht verloren.“ Wir sind aber dabei, Wege aufzuzeigen und ein Konzept zu entwickeln, das nachhaltig und auch wirtschaftlich sinnvoll ist.
Offiziell sind Sie seit dem 1. Mai Pfarrer der Lukas-Gemeinde. Wie erleben Sie den Alltag? Was hat sich inzwischen Wichtiges getan?
Ich habe vor allem inzwischen viele Menschen kennengelernt mit ihren Wünschen, Sorgen, Nöten, Hoffnungen und Erwartungen und finde mich in die Notwendigkeiten und Möglichkeiten ein. Es gelingt, wieder eine Regelmäßigkeit des Katechumenen-Unterrichts und vieler anderer Veranstaltungen zu gewährleisten. Das Miteinander wächst. Und wir können Pläne schmieden und weitere Projekte miteinander entwickeln.
Wie begegnen Ihnen die Menschen in der Kirchengemeinde? Wie begegnen Sie ihnen?
Ich erlebe eine große Offenheit und ein schönes Miteinander. Es macht Freude. Ich erhalte viele Anfragen zu Veranstaltungen oder gemeinsamen Unternehmungen und Projekten, ob es nun um Friedhofsfragen geht oder das Sichern der Über-Mittag-Betreuung, Seniorenfahrten oder Gottesdienste und vieles mehr. Das hat mir beim Ankommen sehr geholfen. Es gibt auch immer wieder sehr gute Gesprächsebenen mit der Stadt Bad Berleburg.
Haben Sie eigentlich Kontakt zu Ihrem Vorgänger, Dr. Ralf Kötter? Knüpfen Sie womöglich an Ideen aus seiner Amtszeit an?
Ja, sicher – und auch wenn sich Dinge verändern, knüpfen wir an das an, was er entwickelt hat. Manches muss natürlich auch neu oder anders gestaltet werden. Gemeinde und Rahmenbedingungen verändern sich ja ständig und müssen angepasst werden. Und aus dem bisher Gewachsenen entwickelt sich auch manch Neues und Eigenes wie zum Beispiel das Projekt des generationsübergreifenden Wohnens. Auch sind wir dabei, ein ökologisches Konzept für die Gemeinde zu erarbeiten. Angedacht sind hier Strom-Tankstellen für Elektro-Fahrräder und -Autos oder auch insektenfreundliche Grünflächen auf Friedhöfen.
Was sind Ihre wichtigsten Nahziele zur weiteren Entwicklung der Lukas-Gemeinde – zum Beispiel auch mit Blick auf die laufende Kulturinitiative „Gemeinsam 2020 - Sieben auf einen Streich“?
Hier gilt es, die Kooperation noch weiter zu entwickeln. Wir sind ja in einem gemeinsamen Lernprozess, erleben, was gut geht und was eher nicht; wo wir nachjustieren müssen.
Derzeit sind wir dabei, ein großes neues Musikprojekt zu beantragen. Anderes ist noch im Prozess der Gespräche und Partnersuche. Ziel ist es aber weiter, die Attraktivität des Lebens auf dem Lande weiter zu erhöhen und damit die Lebensqualität noch spürbarer zu machen.
Schaut man in Ihren Lebenslauf, haben Sie im Rathaus der brandenburgischen Stadt Neuruppin Erfahrung unter anderem in Stadt- und Wirtschaftsentwicklung gesammelt – das war in den 90ern, Stichwort „Fontane-Jahr“. Hilft Ihnen das jetzt hier in Wittgenstein?
Ja, durchaus. Strukturell sind mir die Netzwerk-Partner vertraut, persönlich lerne ich sie nach und nach kennen. Es gibt ja durchaus Vergleichbarkeiten.
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Seit Januar 2017 gibt es nun die neu gebildete Lukas-Kirchengemeinde im Elsoff- und Edertal, die frühere Kirchengemeinde Wunderthausen/Diedenshausen inklusive. Sehen Sie eine Perspektive, alle Interessen gut unter einen Hut zu kriegen?
Wir sind dabei. Aber alles wird nie unter „einen Hut“ passen, jedenfalls nicht im Sinne von Gleichförmigkeit. Es gilt auch Unterschiede, diverse Identitäten in den Dörfern zu bewahren und miteinander in Vielfalt zu leben. Wichtig ist vor allem, immer wieder Gesprächsebenen zu finden, nicht nur im kirchlichen Rahmen. Und ich denke, das gelingt schon ganz gut, etwa beim Katechumenen-Unterricht.
Sie und Ihre Frau sind nun beide beruflich für den Kirchenkreis Wittgenstein im Einsatz. Inwiefern kann es da eine engere Zusammenarbeit geben? Oder bleibt die Nähe zueinander ganz privat? Wie hatten Sie beiden sich doch gleich kennengelernt?
Es gibt durchaus Zusammenarbeit und Berührungspunkte, etwa in schulischen Fragen, Bildungsarbeit. Da war unser Kennenlernen ganz programmatisch: Das war in Haus Villigst, dem Fortbildungsort der EKvW, bei einer Tagung.
Die Kirche als Faktor im Leben der Wittgensteiner – welche Rolle wird sie in Zukunft aus Ihrer beider Sicht spielen, Herr Cierpka, Frau van Doorn?
Wir sind ein Partner bei den notwendigen Entwicklungen und Anpassungen, die „Leben auf dem Lande“ durchlaufen muss und wird. Und wir sind in jedem Dorf präsent, hoffentlich dicht an den Menschen. Damit können wir auch ein Sprachrohr und ein Impulsgeber sein.
Zugleich haben wir aber einen einzigartigen seelsorgerischen und geistlichen Auftrag, möglichst im ökumenischen Miteinander, das mir auch schon in meiner Brandenburger Zeit wichtig war. Der Bedarf dafür ist groß und wird wohl eher wachsen – mit sich auch hier verändernden Sozialstrukturen. Mit Pfarrer Bernhard Lerch vom katholischen Pastoralverbund Wittgenstein bin ich bereits im Gespräch. So wird es Mitte November eine ökumenischen Hubertusmesse in Elsoff geben. In der Arbeit mit Kindern passiert Ökumene teils auch schon.
Wir können Beheimatung geben, Gemeinschaft stiften und Impulse setzen. Und ich glaube schon, dass genau das derzeit durchaus wahrgenommen und geschätzt wird und auch in Zukunft wichtig ist.
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