Wittgenstein. . Armin Kohlberger aus Niederlaasphe hat über 120 Gebäude in Wittgenstein katalogisiert. Die Ergebnisse möchte er bald als Buch veröffentlichen.
Es ist 20 Jahre her, dass Werner Schmidt, Banfer Heimatforscher und langjähriger Leiter des Museum Banfetal, in der Westfalenpost in einer 33 Folgen langen Serie über die „Backhäuser in Wittgenstein“ berichtet hat. Schon damals interessierte sich Armin Kohlberger, gebürtiger Niederlaaspher und langjähriger Medientechniker bei der Kreisverwaltung, für diese Sparte der lokalen Historie. „Ich habe jede Folge ausgeschnitten und archiviert, später dann auch das Büchlein dazu gekauft.“
So etwas ist für den fast 70-jährigen Kohlberger „völlig normal, denn weil ich ein Heimatfreund bin, sichere ich viel Geschichtliches.“ Gleichzeitig trägt er aber mit eigenen Beiträgen sehr viel zum Wesen der Wittgensteiner Spielmannszüge oder der Ortsgeschichte seines Heimatdorfes bei. Mehrere Schränke in seinem Haus in Bad Laasphe sind mit dicken Aktenordnern und einschlägiger Geschichtsliteratur gefüllt. Dennoch: Die Sache mit den Backhäusern hat Kohlberger nicht losgelassen; insbesondere als der Heimatbund Siegen-Wittgenstein im vergangenen Jahr zu einer Bestandsaufnahme der noch vorhandenen Backhäuser aufrief. „Und je mehr ich mich dann mit den Gebäude hier bei uns beschäftigt habe, je mehr wurden es und desto mehr hat mich das Thema gepackt“, gibt der Senior unumwunden zu.
Gespräche mit Kreis und Heimatbund
Während Werner Schmidt in 33 Folgen über Backhäuser schrieb und auf einer Karte des Kreises der Altkreis Wittgenstein in Sachen Backhaus einer Diaspora gleicht, hat Armin Kohlberger – Stand September – insgesamt 125 existierende Backhäuser katalogisiert. „Aber das ist wohl noch nicht das Ende“, glaubt der 69-Jährige, dessen Recherchen weitergehen. Bislang sind in zwei prall gefüllten Ordnern genaue Beschreibungen und Fotos dieser Zeitzeugen einer alten Tradition fein säuberlich abgeheftet und warten auf ihre Veröffentlichung als Buch. „Einen Sponsor dafür hab’ ich schon“, verrät Kohlberger und fährt fort: „Mit dem Kreis und dem Heimatbund werden demnächst noch Gespräche geführt.“
Schon als Kind beim Brotbacken dabei gewesen
Keine hundert Meter neben dem Backhaus in Niederlaasphe ist Armin Kohlberger in seinem Elternhaus geboren und sogar getauft worden. Kein Wunder, dass der Junge vor über 60 Jahren in der Nachbarschaft herumgestromert ist, er hat am Puderbach gespielt und natürlich auch das Geschehen am Backhaus mitbekommen. „Wenn's Feuer an war und der Schornstein rauchte, dann war ich dabei“, erinnert sich der fast 70-Jährige und verrät, wie auch er in die Arbeit rund ums Brotbacken eingebunden worden war: „Mein Vater ließ mich nicht auf den Sportplatz zum Fußballspielen; ich musste mit in den Wald, um das Holz fürs Backhaus zu holen. Und manches Mal fuhr ich mit dem Fahrrad zu Achenbachs Mühle, weil ich dort das Mehl besorgen musste.“
Kohlberger erinnert sich, dass samstags um 12 Uhr vom Backhaus-Vorsteher ausgelost wurde, welche Familie aus der Backhausgenossenschaft Niederlaasphe in der darauf folgenden Woche als erstes backen kann.
Der Niederlaaspher ist seit langem in Bad Laasphe wohnhaft; der Inhalt etlicher Schränke belegt das Hobby des Wittgensteiners.
Mit Herzblut sammelt und verfasst er Schriften für die Chroniken seines Heimatdorfes; hat die Geschichte des Wittgensteiner Spielmannszugwesens geschrieben und so seinen Beruf auf das Hobby übertragen – oder vielleicht auch umgekehrt? Kohlberger hat 43 Jahre bei der Kreisverwaltung Wittgenstein und später in Siegen als Medientechniker gearbeitet und dort bis zur Pensionierung die Bildstelle des Kreises aufgebaut. „Die Vielfältigkeit war für mich immer das Faszinierende“, blickt Kohlberger zurück.
Der Heimatfreund hat herausgefunden, dass Backhäuser „meistens an einem Bach, stets am Wasser“ errichtet worden sind. Vermutlich waren das Voraussetzungen für nahes Löschwasser – im Fall der Fälle. Typisch dafür nennt Kohlberger das Backhaus in Girkhausen, das auf dem Grundstück der Familie Koch seit 1870 nur wenige Meter am Odeborn-Bach liegt. Echt wittgensteinisch ist dort auch die Fachwerk-Fassade und das Schieferdach.
Der Hobby-Forscher unterscheidet drei Bauarten der eigentlich auf den ersten Blick in den Dörfern erkennbaren Häuschen:
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1.
Oft gibt es einen hohen Vorraum – hinten angebaut der Backofen und der Kamin auf dem höheren Gebäudeteil.
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2.
Unter einem Dach liegen Teigraum und dahinter der Backofen; der Schornstein steht mittig.
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3.Teigraum und Backbereich sind im Untergeschoss eines Gebäudes, in dem oben noch Wohnraum vorgehalten wird.
Für die dritte Variante gibt es schöne Beispiele: Im ehemaligen Backhaus auf Hof Dambach hatten es Wandergesellen oberhalb der Backstelle muckelig warm. Das Gebäude ist inzwischen zu einem Ferienhaus umgebaut worden. Quasi eine Fußbodenheizung hatten früher auch die Schulkinder in Fischelbach, wenn im Backhaus das Buchenholz glühte: Oben drüber war nämlich die Dorfschule.
Von Ort zu Ort sehr unterschiedlich
Die Existenz von Backhäusern im Altkreis ist nach den Unterlagen Kohlbergers höchst unterschiedlich: Für Großenbach, mit 50 Einwohnern der kleinste Ort der Stadt Bad Laasphe, sind vier Backhäuser erfasst, Aue (850 Einwohner) hat kein funktionierendes Backhaus und für die Gemarkung Erndtebrück listet Kohlberger bislang die beiden Backhäuser bei Familie Menn in der Rohrbach auf. Nach Stand Mitte September scheinen insgesamt acht Gebäude dem Verfall preisgegeben zu sein.
„Der Erhalt unserer Backhäuser“, sagt Armin Kohlberger, „das ist die eine Sache – Leute finden, die backen können, das ist heutzutage die Kehrseite der Medaille.“ Wie hatte es der Wittgensteiner Heimatpfleger Wolfgang Kreutter (†) im Jahr 1981 formuliert: „Rettet die Backhäuser, und ihr rettet ein Stück von eurem Dorf!“