Birkelbach. . Das Christliche Jugenddorf in Birkelbach steht Besuchern einen Tag lang offen. Livemusik, Spielspaß und viele Emotionen sind mit dabei.

Ihre Stimme klingt zittrig, nachdem Wolfgang Langenohl, Einrichtungsleiter des Christlichen Jugenddorfes (CJD), sie zu sich nach vorne bat. Helen Wagener lächelt als sie sich auf den Hocker neben ihm setzt und fängt an zu erzählen: Nicht irgendein Schwank von einer Klassenfahrt, sondern von ihrem Weg nach Birkelbach. Gespannt hören die Besucher am Tag der offenen Tür, den das CJD veranstaltet, zu.

Ein langer Weg ins Glück

„Ich habe geweint. Der Taxifahrer sagte zwar etwas, aber ich verstand ihn ja nicht“, sagt Helen Wagener, die sich noch genau an den Tag im Jahr 1991 zurückerinnert. Damals sei sie 16 Jahre alt gewesen und aus ihrer Heimat Äthiopien geflohen. Von Frankfurt aus führte ihr Weg mit dem Taxi nach Wittgenstein. „Bei uns fährt man vielleicht fünf Kilometer mit dem Taxi, aber dieser Weg war anders. Er war weit und ich verstand die Sprache noch nicht“, sagt sie, während sie durch den Raum schaut.

In Wittgenstein selbst sei sie von der Landschaft überrascht gewesen. „Ich sah die Kühe auf den Feldern und dachte: Die haben mich verkauft. Jetzt werde ich Bäuerin.“ Doch sie kam ins CJD und begann ihre Ausbildung dort. „Als ich mein Zimmer sah und die anderen Jugendlichen, die ausschauten wie ich, wusste ich, dass es hier nicht so schlimm sein wird.“

Heute ist Helen Wagener Küchenleiterin. „Ohne das CJD hätte ich das nicht geschafft. Jetzt ist es meine Heimat. Birkelbach gehört zu mir und ich fühle mich wohl“, sagt sie mit strahlenden Augen. „Helen ist eine wahre Bereicherung. Sie schafft es immer wieder mich und die anderen Kollegen mit ihrem Lachen zu begeistern“, sagt Wolfgang Langenohl.

Damit den Jugendlichen heutzutage ebenfalls geholfen werde, appelliert sie an die Politiker im Saal: „Bitte, bitte liebe Politiker macht schnell. Bei mir hat es damals drei Jahre gedauert. Mit wem soll ich mich integrieren, wenn meine Nachbarin sich verloren fühlt? Wir sind alle Eins!“ Applaus im ganzen Raum.

Chancen für alle schaffen

Auch Wolfgang Langenohl bestätigt: „Flüchtlingsarbeit gibt es nicht nur heute, sondern gab es schon immer. Wir müssen es annehmen und handeln.“

Aus diesem Grund bietet das Jugenddorf auch weiterhin jungen Menschen aus anderen Ländern eine Unterkunft und Chancen. Chancen, die laut Henning Gronau, Bürgermeister in Erndtebrück, alle Jugendliche haben sollten. „Was kann es Schöneres geben, als anderen eben diese Möglichkeiten zu geben? Und das macht Ihr hier im Jugenddorf.“ Ein Teil des Teams sei früher selbst im Dorf gewesen.

Große Vertrauensbasis

Doch die Situation im Bereich Pflege sei auch im Christlichen Jugenddorf nicht gerade die beste, wie Leiter Langenohl und seine Mitarbeiter im Beisein des Bürgermeisters und anderen Vertretern der Politik betonen. „Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen, damit wir mehr Mitarbeiter für uns gewinnen können“, so der Leiter der Einrichtung. Gerade im ländlichen Bereich sei es schwierig, langfristig Mitarbeiter zu finden. „Oftmals gibt es lukrativere Angebote den Städten, wo sie am Abend Feierabend haben. Hier im CJD sind wir rund um die Uhr für die Kinder und Jugendlichen da“, sagt Langenohl.

Christliches Jugenddorf Siegen-Wittgenstein

Es ist einer von insgesamt 456 Standorten in Deutschland und zählt rund 90 Mitarbeiter.

Das CJD hat 5 stationäre Wohngruppen sowie die ambulante Jugendhilfe.

Schwerpunkte sind die Kinder- und Jugendhilfe sowie Maßnahmen im Auftrag der Agentur für Arbeit und des örtlichen Jobcenters.

Denn im Jugenddorf gehe es nicht nur um Betreuung im Allgemeinen, sondern auch um Vertrauen. „Wir haben ein sogenanntes Drei-Säulen-Prinzip. Das besteht aus der freiwilligen Arbeit der Jugendlichen, der Schweigepflicht und dem systematischen Arbeiten“, sagt Ulf Hacker. Der Berleburger arbeitet nebenberuflich in dem Jugenddorf als Schulsozialarbeiter. „Die Vertrauensbasis hier ist besonders hoch. Das liegt vielleicht daran, dass wir keinen Rotstift in der Hand haben und die Jugendlichen bewerten“, sagt er.

Nach der feierlichen Eröffnung geht es in kleinen Gruppen oder alleine durch die einzelnen Wohn- und Schulgebäude, die zum Teil noch nach frisch gestrichenen Wänden riechen. „Wir haben in der letzten Zeit viel Zeit und Geld in die Räume gesteckt“, sagt Langenohl. Rund 80 000 Euro habe das CJD in Renovierungsarbeiten investiert.

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