Bad Laasphe. . Teilnehmer der „MUT-Tour“ per Tandem überbringen deutschlandweit ihre Botschaft. „Team 2“ macht Station am „Pluspunkt KÖ“ in Bad Laasphe.

Dienstagmorgen, die fünfköpfige Gruppe bricht ihre Zelte für die Nacht bei Niederlaasphe ab – und radelt mit drei Tandems in die Bad Laaspher Altstadt. Der „Pluspunkt KÖ“, das Begegnungscafé des Sozialwerks St. Georg an der Königstraße, ist heute die erste Station. Hier überbringen die Teilnehmer der „MUT-Tour“, die derzeit durch ganz Deutschland läuft, ihre Botschaft: Depression als psychische Krankheit – das darf einfach kein Tabu mehr sein.

„Sie ist behandelbar – und man führt trotzdem ein normales Leben“, sagt Mia aus Hannover. Und die 28-Jährige weiß, wovon sie spricht. In der Tour-Gruppe hat sie nun die Chance, mit anderen Betroffenen Erfahrungen auszutauschen. Das hat auch Senior Heiner dazu bewogen mitzumachen – als Angehöriger einer Betroffenen. „Ich habe sie oft nicht verstanden, mich gefragt: Was ist denn jetzt wieder los? Auf dieser Tour möchte ich besser verstehen, was Depression bedeutet.“ Caroline (33) aus Frankfurt ist zum ersten Mal dabei, macht „im Abenteuer-Modus“ tolle neue Erfahrungen in der Natur – und in den Gesprächen mit den anderen Team-Mitgliedern.

Kurzer Boxen-Stopp in Wittgenstein

Bundesweites Aktionsprogramm seit 2012

Die Fahrt des Tour-T­eams 2 am Dienstag auf Tandems durch Wittgenstein und Siegerland war Teil einer Etappe von Marburg nach Siegen. Pro Tag legt die Gruppe im Durchschnitt 65 Kilometer zurück, über­nachtet dabei vorwiegend im Zelt.

Insgesamt sind auf der „MUT-Tour“, die am 16. Juni in Hildesheim startete und am 2. September in Münster endet, rund 60 Teilnehmer dabei – in zwei Tandem-Teams, aber auch in Zweier-Kajaks und in Wander-Gruppen.

Die „MUT-Tour“ ist ein Aktionsprogramm, das sich seit 2012 durch Deutschland bewegt und einen Beitrag leistet, die Depression als Erkrankung aus der Tabu-Zone zu holen. Veranstalter ist die Deutsche Depressions-Liga als bundesweit agierender Verband Betroffener plus einer ganzen Reihe Aktionspartner.

Für ihren „kurzen Boxen-Stopp“ – übrigens erstmals in der Region Wittgenstein – werden die Tandem-Fahrer von Dr. Dirk Spornhauer begrüßt. Der evangelische Pfarrer aus Raumland gehört zum Wittgensteiner Psychosozialen Forum (WIPS) – ein lockerer, aber für die Region wichtiger Zusammenschluss verschiedener sozialer Träger wie dem Sozialwerk St. Georg, der Diakonie oder der AWO. Im guten, wertschätzenden Miteinander mit Betroffenen und Angehörigen tausche man sich über den Stand der Arbeit im psychosozialen Bereich aus, erklärt Spornhauer den Gästen. Außerdem kooperiere man bei Veranstaltungen.

Die Mischung aus Betroffenen und Nicht-Betroffenen – das mache die Sache mit der MUT-Tour „so entspannend“, zieht Mia aus dem Tandem-Team ihr Fazit. Und hier liege auch eine sehr große Nähe zum Konzept des WIPS-Forums, des „Pluspunkts KÖ“ als Begegnungsstätte, hakt Spornhauer ein. Er fährt später auf der Strecke hinüber nach Erndtebrück selbst ein Stück der Tour mit.

Nur Mut im unverkrampften Umgang

Monika Zipro, Sozialwerk St. Georg: Mit dem Begegnungscafé „Pluspunkt KÖ“ in der Bad Laaspher Altstadt „sind wir mittendrin – und wir geben auch etwas zurück.“
Monika Zipro, Sozialwerk St. Georg: Mit dem Begegnungscafé „Pluspunkt KÖ“ in der Bad Laaspher Altstadt „sind wir mittendrin – und wir geben auch etwas zurück.“ © Eberhard Demtröder

So nehme man als „Pluspunkt“ bewusst an Laaspher Festen teil, berichtet Monika Zipro vom Sozialwerk, veranstalte Ausstellungen. So sei man „mittendrin – und wir geben auch etwas zurück“. Mit den Nachbarn in der Königstraße verstehe man sich sowieso gut.

Übrigens: „Das hier ist keine Therapie-Fahrt“, betont Mia aus dem Team – „es ist ein Öffentlichkeitsprojekt“. Und die Botschaft dabei ist klar geworden: Nur Mut im unverkrampften Umgang der Gesellschaft mit der Depression.

In der Region fehlen die Therapeuten

Kritisch merkt Hans-Jürgen Zampich vom Wittgensteiner Psychosozialen Forum an, dass es mit der Behandlung der Depression in einem ländlichen Raum wie hier in Wittgenstein nicht immer einfach sei. So fehle es zum Beispiel schlicht an ausreichend Therapeuten, aber daran arbeite man.

Auch Heike Schäfer-Dünhaupt vom Sozialwerk St. Georg hört von den fehlenden Therapeuten, macht sie zum Thema: Sie bietet gemeinsam mit den Sozialdiensten Diakonie in Bad Laasphe und bald auch in Bad Berleburg Gesprächskreise an – als „Einstieg in die Hilfe zur Selbsthilfe und zur Information“.

Erster Kontakt: Sozialpsychiatrischer Dienst

Wer als Betroffener oder dessen Angehöriger einen ersten Kontakt in der Region Wittgenstein sucht, ist bei Petra Balge-Birkelbach vom Sozialpsychiatrischen Dienst Wittgenstein genau richtig.

Kontakte: Sozialpsychiatrischer Dienst Wittgenstein, Petra Balge-Birkelbach, Tel. 02751/9263-181 – Gesprächskreise Heike Schäfer-Dünhaupt, Tel. 0175/4397796 – „MUT-Tour“ im Internet: www.mut-tour.de

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