Wittgenstein. . Die vorläufigen Zahlen für das Gemeindefinanzierungsgesetz rechnen die Kommunen reicher. Dafür werden aber zumeist die Landeszuweisungen gekürzt.
Die Konjunktur brummt in Wittgenstein. Es herrscht Vollbeschäftigung und auch die Steuereinnahmen fließen deshalb so gut wie lange nicht mehr. Diese Situation wirkt sich finanziell auch auf die drei Wittgensteiner Kommunen aus – allerdings nicht unbedingt positiv. Die NRW-Landesregierung hat jetzt die vorläufigen Grundlagen des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2019 (GFG) veröffentlicht.
Tatsächliche Gebührensätze spielen keine Rolle
Dass die Hebesätze für die Gewerbesteuer und die Grundsteuer B in Bad Berleburg und Bad Laasphe bei 495 Punkten liegen, spielt bei der vom Land angenommenen Steuerstärke der Kommunen übrigens keine Rolle, wie Bad Berleburgs Kämmerer Gerd Schneider erklärt.
Das Land hat eigene fiktive Hebesätze für alle Kommunen angesetzt. Die lägen bei der Gewerbesteuer bei 418 Punkten und bei der Grundsteuer B bei 443 Punkten.
Darin geregelt ist der finanzielle Ausgleich, den reiche Kommunen den ärmeren zahlen. Das ist sozusagen der Länderfinanzausgleich im Kleinen. Und im Grundsatz heißt das: Wer bei der Steuerkraft zulegt, bekommt weniger Landeszuschüsse aus Düsseldorf.
Prognose
Bad Laasphe hat den größten Sprung bei der Steuerkraft gemacht und muss als Folge im kommenden Jahr auf fast 2 Millionen Euro Landeszuweisungen verzichten. In Bad Berleburg sind es gut 1,2 Millionen Euro weniger. Einzig Erndtebrück schafft den Spagat, legt bei der Steuerkraft deutlich zu und kann trotzdem noch ein Plus bei den Zuweisungen erwarten. Diese Prognosen und Zahlen gehen jetzt in die Haushaltsplanungen für 2019 in den Rathäusern ein.
Erndtebrück
Erndtebrücks Kämmerer Thomas Müsse sieht die Gemeinde nicht als Gewinner, auch wenn diese keine Abstriche verbucht: „Auch wenn die Steuerkraft gestiegen ist, erreicht sie allerdings nicht das Niveau des GFG 2017 in Höhe von 10,5 Millionen Euro. Die Haushaltslage Erndtebrücks bleibt angespannt.“
Müsse erklärt auch, woher das Plus bei den Zuweisungen kommt: „Positiv wird die Einführung einer steuerkraftunabhängigen Aufwands- und Unterhaltungspauschale in Höhe von 148 000 Euro als einen ersten Schritt beurteilt. Das Land will damit offensichtlich dem enormen Finanzbedarf für den Abbau des Unterhaltungsstaus in der kommunalen Infrastruktur Rechnung tragen. Jede Kommune steht vor dieser Herausforderung. Dass die Aufwands- und Unterhaltungspauschale steuerkraftunabhängig gezahlt werden soll, ist besonders zu begrüßen.“
Bad Laasphe
„Wir müssen jetzt schauen, wo wir das Geld einsparen“, bringt Bad Laasphes Bürgermeister Dr. Torsten Spillmann die Lage seiner Kommune auf den Punkt. Glücklich ist der Verwaltungschef mit dieser Entwicklung nicht. Auch das Plus von einem Fünftel bei der Steuerkraft sieht er skeptisch: „Wenn diese Prognose auch einträfe, dann würden wir uns freuen...“
Aber Spillmann benennt auch das Problem: Diese Steuerschätzungen basieren auf Mittelwerten aus der Vergangenheit. Dabei wird eine Entwicklung zu einem Stichtag für die Zukunft fortgeschrieben.
Bad Berleburg
Auch Bad Berleburgs Kämmerer Gerd Schneider betrachtet das Zahlenwerk mit gemischten Gefühlen. Natürlich freut ihn die generell positive Tendenz des Wachstums, aber auch Bad Berleburg muss mit geringeren Landesgeldern leben: „Das tut deutlich weh und wir müssen jetzt schauen, wie wir in der Haushaltsplanung damit umgehen“, sagt Schneider.
„Wir haben aber noch ein paar Tage Zeit, bis wir im Dezember unseren Haushalt verabschieden.“ Schneider weiß aber auch, dass neben den Mindereinnahmen aus Düsseldorf noch die großen Ausgabenposten Kreisumlage und LWL-Umlage in das Zahlenwerk eingearbeitet werden müssen.
Steuerkraftmesszahl
Die für das GFG 2019 ermittelte Steuerkraftmesszahl bezieht sich auf die Referenzperiode vom 1. Juli 2017 bis 30. Juni 2018, erläutert die Gemeindeverwaltung Erndtebrück: Hierfür werden die tatsächlichen Einnahmen einer Kommune an Gewerbesteuer, den Grundsteuern A und B, den Gemeindeanteilen an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer sowie der Abrechnungsbetrag nach dem Einheitslastenabrechnungsgesetz abzüglich der Gewerbesteuerumlagen in dieser Referenzperiode berücksichtigt.
Auswirkungen
Das Problem der Festlegung auf einen Stichtag oder eine Referenzperiode in der Vergangenheit liegt wie immer in der ungewissen Zukunft oder eben darin, dass sich ein Mittelwert oder eine Momentaufnahme später ganz anders entwickeln können. Wenn die vorab angenommene Steuerkraft einer Kommune im Jahresverlauf sinkt.
Wenn z.B. ein Unternehmen in Konkurs geht und Arbeitslosigkeit zunimmt, sorgt das für Ausfälle bei Gewerbesteuer, Einkommensteuer und letztlich auch über die sinkende Kaufkraft bei der Umsatzsteuer. „Dann kann es mit den gleichzeitig geringeren Zuweisungen zu einer doppelten Abwärtsspirale kommen“, erläutert Berleburgs Kämmerer Gerd Schneider. Natürlich sind aber auch positive Effekte möglich. Die kommen dann aber in der Regel um ein Jahr zeitversetzt, wie Dr. Spillmann erklärt.