Dotzlar. . Projekt „LebenRetten – kinderleicht“: Notärztin Dr. Claudia Lach zeigt den Schülern in Dotzlar, wie sie im Ernstfall richtig reagieren.

Was haben „We will rock you“ von Queen, Helene Fischers „Atemlos“, ABBAs „Dancing Queen“ oder gar Biene Majas Erkennungslied mit einem Notfall zu tun? Keine Ahnung, werden Sie sagen. Hoffentlich ist das nicht auch Ihre Antwort, wenn Sie einen Menschen finden, der bewusstlos ist und nicht mehr atmet. Denn dann zählt jede Sekunde und es hilft vielleicht der Rhythmus eines dieser Lieder.

Wieso das so ist, erfuhr kürzlich auch die 4. Klasse der Grundschule Dotzlar. Bis nach einem Anruf unter ‘112’ ein Rettungswagen kommt, vergehen Minuten. Diese Zeit können Ersthelfer nutzen. Vor allem, wenn ein Mensch bewusstlos ist und nicht mehr atmet. Denn bereits nach drei Minuten – und das wissen die wenigsten – sterben Gehirnzellen ab.

Dr. Claudia Lach aus Bad Berleburg weiß das natürlich und sie weiß auch, dass bereits junge Menschen helfen können. Deshalb engagiert sich die Notärztin bei dem Projekt „LebenRetten – kinderleicht“, das von Dr. Theresa Kaminski, Notärztin aus Eschweiler, initiiert wurde. Claudia Lach hat es bei ihren Einsätzen in Wittgenstein leider schon öfter erleben müssen: Wenn bis zum Eintreffen des Rettungswagens aufgrund eines Herzstillstands eine Herzdruckmassage durchgeführt worden wäre, könnten einige Menschen noch leben. Und das können auch schon Zehnjährige.

Theorie-Teil

Zeitfenster von fünf Minuten, um zu handeln

Der plötzliche Herztod gilt in Deutschland als häufigste Todesursache. Er kann jeden treffen, zu jeder Zeit.

Wird nach einem Herzstillstand nicht innerhalb von fünf Minuten eine Herzdruckmassage durchgeführt, ist ein Überleben unwahrscheinlich.

Die sofortige Herzdruckmassage verdoppelt bis verdreifacht die Überlebenschance.

Seit vier Jahren besucht Claudia Lach daher Wittgensteiner Grundschulen und gibt ihr Wissen weiter. Der zweitägige Kurs beinhaltet einen theoretischen Teil, in dem anschaulich und mit kindgerechten Beispielen u.a. Organe und Körperfunktionen besprochen werden. „Was macht ihr, wenn ihr eine bewusstlose Person findet?“ Damit die Kinder verstehen, warum und was sie in solch einem Fall tun können, macht die Ärztin Beispiele mit einer Wasserflasche und einem Schwamm deutlich. Vergleiche wie „Das Gehirn ist eine Prinzessin. Sie will immer das Beste. Bekommt sie das nicht, ist sie beleidigt, zickig – und fällt um“ oder „Der gleichmäßige Herzschlag wie ein Schützenumzug im Gleichschritt“ verstehen Kinder und bleiben haften.

Einsatz an Anna

Was tags zuvor in zwei Stunden besprochen wurde, wird am Folgetag praktisch durchgeführt und einzeln oder in Kleingruppen umgesetzt:

  • bewusstlose Person ansprechen

  • Atmung prüfen
  • Notruf absetzen
  • mit der Herzdruckmassage beginnen.

Hilfreich waren dabei „Anna“, lebensgroße Übungspuppe des Bad Berleburger DLRG, und kleine Übungspuppen. „Ihr seid richtig gut!“, lobt die Ärztin. Sie selbst drückt im Takt zu „We will rock you“. Welches Lied wollt ihr?

Die 4. Klasse der Grundschule Dotzlar nehmen teil an dem Projekt
Die 4. Klasse der Grundschule Dotzlar nehmen teil an dem Projekt "LebenRetten - kinderleicht", ein zweitägiger Erste-Hilfe-Kurs. © Ute Schlapbach

Die Viertklässler lassen sich von Biene Maja und Helene Fischer helfen, den richtigen Rhythmus zu finden. „Da merkt man erst, wie lange zwei Minuten sind“, nickt auch Lehrerin Tanja Lauber. „Wechselt euch ab“, rät die Kursleiterin, „ihr müsst drücken, bis Hilfe kommt.“

Übung am Defibrillator

Auch der Umgang mit einem Defibrillator wurde während der gespielten Ernstfälle geübt. „Der sagt einem genau, was man machen muss“, wissen inzwischen die jungen Teilnehmer, während sie die Elektroden auf die Übungspuppe kleben, damit unter Umständen ein notwendiger Elektroschock abgegeben werden kann.

„Im Vergleich zu vielen Erwachsenen haben die meisten Kinder keine Vorbehalte bei einem Notfall“, weiß die Notärztin aus Erfahrung. Viele Erwachsene hätten Angst, etwas falsch zu machen. „Mit Rippen, die ich beim Drücken angebrochen habe, überlebt ein Mensch. Das Einzige, was ihr falsch machen könnt, ist NICHTS zu tun.“ Da sollen sich Kinder ruhig gegen Erwachsene, die lieber dann abwarten wollen, durchsetzen.

Zum Abschluss tauschten die Jungen und Mädchen aus der Grundschule Dotzlar ihre ‘Hausaufgabe’, ein Bild oder eine Geschichte zum Thema „112“, gegen eine Urkunde, auf der ihnen die Teilnahme am Kurs „LebenRetten – kinderleicht“ bescheinigt wird.