Wittgenstein.. Mitarbeiter der Kreis-Beratungsstelle in Bad Berleburg helfen dabei, Schwierigkeiten und Probleme im Familienleben der Wittgensteiner zu lösen.

„Das kommt in den besten Familien vor...“ heißt eine Redensart, die Mitarbeiter der Kreis-Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche Am Breitenbach in Bad Berleburg sicher bestätigen können. Sie helfen durch Gespräche, Tipps und konkrete Maßnahmen. Lange Jahre hat dort im „Kleinen Kreishaus“ Diplom Psychologe Bernd Schneider gearbeitet; als seine Nachfolgerin hat jetzt Psychologin Candida Polko (26) die Stelle übernommen. Beide stehen hier Rede und Antwort.

Wer kann sich an Sie wenden?

Bernd Schneider: Die Beratungsstelle ist für alle Bürger von Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück zuständig, die sich um die Erziehung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen kümmern. Sie kann kostenfrei in Anspruch genommen werden, da sie vom Kreis Siegen-Wittgenstein aus eigenen und Landesmitteln, also aus dem Steueraufkommen aller Bürger, getragen wird.

Diplom-Psychologe Bernd Schneider (links) mit seiner Nachfolgerin Candida Polke und Fachbereichsleiter Gerold Wagener in der Kreis-Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Bad Berleburg. Die 26-Jährige wurde im Sommer 1991 geboren -- als Bernd Schneider seinen Dienst begann.
Diplom-Psychologe Bernd Schneider (links) mit seiner Nachfolgerin Candida Polke und Fachbereichsleiter Gerold Wagener in der Kreis-Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Bad Berleburg. Die 26-Jährige wurde im Sommer 1991 geboren -- als Bernd Schneider seinen Dienst begann. © Unbekannt | WP

Im Vergleich zum Siegerland: Gibt es in Wittgenstein Probleme der besonderen Art, besteht spezifischer Beratungsbedarf?

Schneider: Die Beratungsstelle besteht seit etwa 40 Jahren, hatte im Lauf dieser Zeit bisher sechs hauptamtliche, männliche wie weibliche Mitarbeiter, und es haben sich bis heute mehr als 2500 Wittgensteiner Familien an die Einrichtung gewandt. Im Vergleich zur Siegener Hauptstelle wenden sich etwas weniger Bürger mit Migrationshintergrund an die Berleburger Niederlassung. Während es früher eine „einheitliche“ Beratungsstelle gab, ist seit einigen Jahren die Bearbeitung von eher schulbezogenen Fragestellungen in der jetzt eigenständigen Regionalen Schulberatungsstelle (RSB) angesiedelt.

Die Zusammenarbeit ist doch sicher fruchtbar?

Die Betreuung älterer Menschen, oftmals Eltern/Großeltern, können besondere Probleme für junge Familien darstellen. Wie können Sie denen helfen?

Candida Polko: In unserer ländlichen Region hat das teilweise noch engere Zusammenleben der Generationen zur Folge, dass es einerseits einige Unterstützung in der Kinderbetreuung durch die Großeltern geben kann. Andererseits können daraus aber auch Probleme aufgrund unterschiedlicher Wertvorstellungen und Haltungen in Erziehungsfragen resultieren, sowie manchmal durch allgemein zwischenmenschliche Spannungen zwischen Elternteilen und z.B. Großeltern.

Null-Prozent-Finanzierung an jeder Ecke. Da schnappt schnell mal die Schuldenfalle zu? Was raten Sie Ihren Klienten?

Polko: Materielle Probleme spielen in der Familienberatung insofern eine gewisse Rolle, als viele Alleinerziehende zu den Klienten gehören, deren finanzielle Spielräume in der Regel recht begrenzt sind und wo die Kinder also im Vergleich zu anderen Familien oft finanzielle Einschränkungen erfahren müssen. Ein anderes wiederkehrendes Problem ist, dass nach Trennungen oder Scheidungen junger Familien mit Kindern gelegentlich ein gerade erst erworbenes gemeinschaftliches Haus nicht gehalten werden kann und (manchmal mit Verlust) wieder verkauft werden muss.

Wann hört Ihre Schweigepflicht auf? Haben Sie schon einmal Strafanzeigen gestellt oder dazu geraten?

Polko/Schneider: Grundsätzlich ist die Sicherung von Vertraulichkeit und Datenschutz eine wichtige Voraussetzung für die Beratungsarbeit, damit sich die Klienten offen und vertrauensvoll mit ihren ja meist sehr persönlichen Anliegen an ihre Berater und Beraterinnen wenden können. Wenn für die Berater erkennbar ist, dass Wohl und Wehe von Kindern in familiären Krisensituationen nicht mehr als gesichert erscheinen, wird versucht - in fast allen Fällen letztlich doch mit Einverständnis der Klienten – einen Kontakt zu den MitarbeiterInnen des Regionalen Sozialdiensts für Jugend- und Familienhilfe (RSD) herzustellen, wo weitere familienunterstützende Möglichkeiten zur Verfügung stehen.

Erinnern Sie sich an einen „Fall“, der für alle Beteiligten glücklich ausgegangen ist?

Schneider: Im Bereich von Beratung, Sozialwesen und Psychotherapie werden Erfahrungswerte berichtet, dass etwa 70 bis 90 Prozent der Hilfesuchenden im Anschluss an die Betreuung eine deutliche Besserung ihrer Situation empfinden. Wenn, wie bei den meisten Einrichtungen, hierzu keine systematischen Erhebungen durchgeführt werden können, ist man auf Einzelinformationen und -rückkoppelungen angewiesen. Aus solchen Berichten weiß ich u.a., dass z.B. ein von uns im Grundschulalter wegen Angstzuständen betreutes Kind heute als Pilot arbeitet. Jugendliche, die wir in massiven Pubertätskonfliktsituationen kennenlernten, sind heute selbst schon Eltern, die nun ihre eigenen Kinder meist sehr liebevoll betreuen. Gerade Menschen in oder kurz nach aktuellen Trennungs- bzw. Scheidungssituationen berichten oft, sich in den Beratungsgesprächen erstmals seit längerem wieder von jemand „Außenstehendem“ verstanden gefühlt zu haben. Das freut einen dann.