Bad Laasphe. . Ängste vieler Wittgensteiner Hausbesitzer: Die Sanierung maroder Anliegerstraßen. 120 Bürger mit Politikern über KAG-Gebühren und Beiträge.

„Wie sollen wir das bezahlen?“ – Samir Schneider (33) spricht die Ängste vieler Wittgensteiner Hausbesitzer an, wenn es um die Sanierung maroder Anliegerstraßen geht. Hintergrund sind die jüngsten Erfahrungen in den drei Wittgensteiner Kommunen, die zu Existenzängsten der Anlieger führen: Das Problem ist die Abrechnung nach dem Kommunalen Abgabengesetz, kurz KAG. Das lässt den Kommunen kaum Spielraum.

Der Vorsitzende des Bad Laaspher SPD-Stadtverbandes hat Betroffene und Interessierte zu einer Informationsveranstaltung in das Bad Laaspher Haus des Gastes eingeladen. Gut 120 Menschen – mehrheitlich aus Erndtebrück und Bad Laasphe – waren gekommen, und machten ihren Ängsten und Hoffnungen Luft.

Politische Mehrheit

Schneider will bereits an der Basis eine politische Mehrheit schmieden, um anschließend in Düsseldorf eine Wende zu erreichen. Schneider setzt sich seit 2015 für eine Wahlmöglichkeit zwischen zwei Finanzierungssystemen ein: Dem KAG-Prinzip oder dem System der Wiederkehrenden Beiträge. Letzteres gibt es unter anderem schon in den Bundesländern Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Bayern.

Wir haben als Anlieger alle Angst und können die Kosten nicht einschätzen. Meine 95-jährige Mutter wohnt allein im Haus.“

Fünfstellige Ausbaubeiträge

Sie ist Anliegerin in der Talstraße. Gücker weist auf ein großes Problem hin, dass gerade ältere Menschen und Rentner die oft fünfstelligen Ausbaubeiträge nicht finanzieren können und auch wegen ihres Alters kaum einen Kredit bekommen. Die fürchten dann, dass sie ihre Häuser verlieren.

ZWir sind im Moment sehr verzweifelt, weil wirtschaftliche Interessen gesiegt haben. Wir haben eine Bürgerinitiative gegen den Ausbau nach KAG gegründet. In unserem Wohngebiet sind viele Rentner betroffen und junge Familien, die gerade erst gebaut haben.“

Anliegerin der Straße Am Sasselberg

Anliegerin der Straße Am Sasselberg regt sich vor allem darüber auf, dass sich weder der Bauausschuss noch der Rat der Stadt Bad Laasphe für eine Zurückstellung der Baumaßnahme ausgesprochen hätten. Die Quadratmeterpreise von 12 bis 18 Euro seien einfach zu hoch.

Probleme bei KAG

1. Der Gebührenschlüssel: Die Gebühren werden nach Schlüsseln wie 60:40 oder 80:20 abgerechnet. Dabei zahlen die direkten Anlieger den größeren Anteil, die Gemeinde, sprich alle anderen Einwohner, den kleineren Teil. Kommunen, die zu geringe Beiträge berechnen, werden von der Kommunalaufsicht angewiesen, diese zu erhöhen.

2. Die Zahlung: Sie erfolgt dann nach Abrechnung der Maßnahme als Gesamtbetrag. Sie kann aber auch gestundet, also verschoben werden. Dann aber ist ein im KAG gesetzlich vorgeschriebener Zinssatz von 6 Prozent fällig, den auch die Kommune nicht verändern darf.

Wir haben als Verwaltung sehr geringe Spielräume und suchen schon nach Stellschrauben, um die Ausbaubeiträge möglichst niedrig zu halten.“

Wir haben 100 Kilometer Straßen. 50 Prozent davon haben eine schlechte Schulnote. Wir müssen also etwas machen. Das ist Gesetz. Ich hoffe jetzt auf ein neues Gesetz und eine Grundlage, wie es umgesetzt werden wird. Außerdem müssen wir die Frage nach Fördermöglichkeiten stellen.“

ärgert sich darüber, dass Bad Laasphe genauso groß ist wie Dortmund. Dort aber wird das Mehr an Einwohnern in die Waagschale geworfen und macht die Straßensanierung trotz Gebühren für die Anlieger günstiger.

Das KAG muss geändert werden. Da es ein Landesgesetz ist, kann das nur der Landtag. Das Problem liegt also in Düsseldorf.“

Die Gesetze sind für die Menschen da, nicht der Mensch für die Gesetze. Wir leben in einer Demokratie, dann müssen auch demokratische Mehrheiten im Landtag her.“

wehrt sich auch gegen die pauschalen Vorwürfe vieler Bürger gegen die Politiker: „Alle Kommunalpolitiker, die ich kenne, versuchen den Menschen zu helfen“, sagt Weinhold über Parteigrenzen hinweg.

Suche nach Alternativen

Der Laaspher Samir Schneider wirbt für ein großes Bündnis: „Wir müssen die Parteipolitik mal außen vor lassen.“ Er selbst hat mit den Wiederkehrenden Beiträgen ein System für sich entdeckt, dass die CDU in NRW einführen wollte, als sie 2017 noch in der Opposition war. Jetzt, in der CDU-FDP-Landesregierung sieht der SPD-Mann eine Chance für die Veränderung. „Die Dinge liegen bereits in Düsseldorf parat.“ Allerdings gibt es aus der Bürgerschaft an diesem Nachmittag auch weitere Stimmen:

Ich kann nicht verstehen, warum so viel Geld ausgegeben wird, dabei zahlen wir doch schon Kfz-Steuer, Mineralölsteuer und Solidarzuschlag. Im Osten haben sie goldene Straßen, jetzt ist der Westen mal dran.“

Für den Bad Berleburger CDU-Ratsvertreter Uwe Weinhold ist das ein klassisches Problem, denn bei diesen Steuern handelt es sich um Bundessteuern, die ohnehin anders ausgegeben werden.

Es gibt bei der Gebührenfinanzierung auch noch Unterschiede zwischen Haupterschließungsstraßen und Anliegerstraßen. Das finde ich ungerecht.“

Ich wohne direkt an der Bundesstraße 62. Bislang werde ich von Straßenausbaugebühren nicht belastet. Wenn aber die Wiederkehrenden Beiträge kommen, dann sehe ich mich als benachteiligt.“

Die Ausbaukosten sind extrem. Wenn die Anlieger selbst ausschreiben, kann es erheblich billiger werden.“

Das Problem ist nur, und das machen die Bürgermeister und Samir Schneider Afflerbach deutlich: Die Kommunen sind Straßenbaulastträger und auch in der Haftung.

Wenn die Grundsteuer in den Kommunen bliebe, bräuchten wir vielleicht keine Gebühren.“

Das sind Verteilungskämpfe. Die auszufechten, wird schwer.“

betont, dass alle Steuern in den Haushalten bereits für bestimmte Dinge herangezogen werden. So ist die Grundsteuer im Grunde die einzige direkte Steuer der Kommunen und die wird in Teilen durch die Kreisumlage wieder weitergegeben.

Wiederkehrende Beiträge

1. Gebührenermittlung: In einem Abrechnungsgebiet wird die Gesamtfläche der Grundstücke ermittelt. Durch diese Grundfläche werden die Anliegeranteile der Straßensanierung (auch hier gilt der 60:40- oder 80:20-Schlüssel) geteilt. Das heißt, die Kosten werden auf mehrere Schultern verteilt. Am Ende steht dann ein Jahresbeitrag, der nur fällig wird, wenn in dem Abrechnungszeitraum auch Straßen saniert werden.

2. Die Zahlung erfolgt als Gesamtbetrag oder aber als Monatsbetrag.