Bad Berleburg. . „Atempause Wittgenstein“ setzt sich seit Jahren für Pflegebedürftige und deren Angehörige ein. Viele nehmen Entlastungsleistungen nicht wahr.

Abschalten, zur Ruhe kommen, einen Moment Abstand vom Alltag bekommen – dafür setzt sich der Verein „Atempause Wittgenstein“ ein. Der Helferkreis für pflegende Angehörige ist seit mittlerweile zehn Jahren aktiv, „vielleicht einer der jüngsten Vereine in Wittgenstein“, meint der Vorsitzende Josef Strauß. Aber ein Verein, der das Familienleben in Zeiten von Erkrankung und Demenz stark prägt.

Die Ziele

„Die Menschen, die auf fremde Hilfe angewiesen sind, sollen möglichst in ihrem häuslichen Bereich betreut werden. Ihnen soll eine individuelle Lebensgestaltung ermöglicht werden“, sagt Josef Strauß. Die Arbeit des Vereins zielt vor allem auf die Pflege und die Betreuung von Menschen mit Demenz ab – mit der Konsequenz, dass auch die pflegenden Angehörigen eine Atempause verschafft bekommen.

Die Entwicklung

Ein Koffer für Demenzkranke. Der Inhalt des Koffers soll die Menschen an deren früheres Leben erinnern.
Ein Koffer für Demenzkranke. Der Inhalt des Koffers soll die Menschen an deren früheres Leben erinnern. © Bastian Grebe

„Die Anzahl der Einsätze hat sich innerhalb von vier Jahren, von Ende 2013 bis Ende 2017 um 87 Prozent gesteigert“, erklärt Strauß. Konkrete Zahlen möchte der Verein nicht nennen, aber: „Wir betreuen derzeit zwischen 50 und 200 Personen“, so Strauß. Parallel zur Betreuungsgruppe für ältere Menschen, die sich immer dienstags im Haus des Gastes in Bad Laasphe trifft, organisiert der Verein auch ein monatliches Treffen für Angehörige.

Die Qualität

„Die Helferinnen haben eine Qualifizierung mit dem Schwerpunkt ‘Demenz’, übernehmen aber auch kleinere Aufgaben aus dem Bereich der Hauswirtschaft“, erklärt Kathrin Kuhly, Einsatzleiterin bei „Atempause“. Insgesamt 40 Stunden wird jede Helferin für ihre Tätigkeit vorbereitet, allein 25 Stunden davon entfallen auf eine Hospitanz in einer Einrichtung mit Demenzkranken. Es sei eine verantwortungsvolle und emotional fordernde Aufgabe, die Helferinnen müssten dafür persönlich gefestigt sein, ergänzt Rainer Wunderlich.

Die Organisation

Betreuungsgruppen für Menschen mit Demenz

In den Betreuungsgruppen sollen die Menschen mit Demenz eine sensible und geschützte Umgebung erfahren.

Dabei geht es um aktivieren, begleiten und entlasten: Sei es in Form eines Kaffeetrinkens, bei gemeinsamen Ausflügen oder zusammen zu erzählen.

Die Betreuungsgruppe trifft sich immer dienstags, 15 bis 18 Uhr, im Haus des Gastes.

„Die Chemie zwischen Helferin und der zu betreuenden Person muss stimmen. Wenn nicht, muss auch mal gewechselt werden“, sagt Manuela Afflerbach. Im Vorfeld stellt die Einsatzleiterin beim ersten Hausbesuch den Dienst vor, lernt die familiäre Situation kennen, informiert und berät über das Angebot. Bei einem zweiten Hausbesuch wird die Helferin vorgestellt, mit der individuelle Vereinbarungen abgesprochen werden. „Uns ist wichtig, dass wir auch flexibel reagieren können“, meint Kathrin Kuhly.

Manchmal sei es nur ein begleiteter Arztbesuch, einige Betroffene werden aber auch regelmäßig, ein bis zwei Mal die Woche betreut. Oft haben die Helferinnen selbst Erfahrungen mit Demenz in ihrem eigenen familiären Umfeld gemacht und möchten mit ihrer bezahlten ehrenamtlichen Tätigkeit etwas zurückgeben.

Die Kosten

„Vielen betroffenen Familien ist immer noch nicht bekannt, dass sie Anspruch auf Entlastungsleistungen haben“, sagt Josef Strauß. Häufig sei auch die Hemmschwelle groß, sich zusätzlich Hilfe zu holen. Dabei stünden jedem Pflegebedürftigen ein monatlicher Entlastungsbetrag von 125 Euro zu – unabhängig vom Pflegegeld und der jeweiligen Pflegestufe.

Der Ausblick

„Letztendlich geht es darum, ein Bewusstsein für Demenz zu schaffen; dass das Thema nicht länger mit Scham behaftet ist“, so Sofia Herberz. Gerade Wittgenstein mit seiner hohen Altersstruktur sei eine Region, die in Zukunft stark von dem Thema Demenz betroffen sein werde.