Wittgenstein. . Antibiotika-resistente Keime überfordern auch die Filter-Technik in Wittgenstein. Massentier-Haltungen und Krankenhäuser stehen im Fokus.
Multiresistente Keime, gegen die fast kein Antibiotikum mehr hilft – sie hatten Gesundheitsexperten kürzlich bei Überprüfungen in niedersächsischen Flüssen und Badeseen entdeckt. Ihre Warnung: Auch Kläranlagen in NRW könnten nicht darauf eingerichtet sein, sie effektiv aus dem Abwasser zu filtern.
Bislang kein Anlass für besondere Vorsicht
Bislang bestand laut Angaben der Stadt zumindest in Bad Berleburg „kein Anlass für besondere Verhaltens- oder Vorsichtsmaßnahmen an Bächen oder Flüssen“.
Bei außergewöhnlichen Belastungen der Gewässer würden aber „sowohl die Kommunen als auch der Kreis Siegen-
Wittgenstein als zuständiges
Umweltamt entsprechende Empfehlungen vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW oder der Bezirksregierung Arnsberg erhalten –
und dann natürlich umgehend
an die Bevölkerung weitergeben“.
Sorgen machen die Keime in der Massentier-Haltung, aber auch in Krankenhäusern. Dennoch kein Grund zur Panik, sagen Kläranlagen-Betreiber im Raum Wittgenstein.
Die Kläranlagen-Technik
„Bislang existieren keine gesonderten Reinigungsschritte zur Eliminierung möglicher multiresistenter Keime“, so die Stadt Bad Berleburg mit Blick auf ihre Kläranlagen. Allerdings gebe es dafür bislang auch „weder gesetzliche Grundlagen noch verlässliche Untersuchungsverfahren“. Zum jetzigen Zeitpunkt seien „weder die Erndtebrücker Kläranlage noch andere im Einzugsgebiet des Vorfluters Eder gelegene Kläranlagen in der Lage, Antibiotika-resistente Keime aus dem Abwasserstrom zurückzuhalten“, heißt es aus dem Rathaus Erndtebrück.
Die Untersuchung auf Keime
Abwässer aus Bad Laasphe werden im hessischen Wallau geklärt. Sie speziell auf multiresistente Keime zu untersuchen, sei eine „Sache, die von übergeordneten Behörden angeordnet werden“ müsse, sagt Gernot Wege, Geschäftsführer des Abwasserverbandes Perfgebiet-Bad Laasphe. Der Regierungspräsident in Gießen müsste also den Betreiber der Kläranlage Wallau dazu veranlassen.
Wege erinnert sich an den Legionellen-Ausbruch im Sommer 2015 in Warstein, ausgelöst von mangelnder Hygiene in den Systemen der Brauerei vor Ort. Damals seien daraufhin in ganz NRW die Kläranlagen untersucht worden – und „auch wir hier in Hessen haben das mitgemacht“, so Wege – „freiwillig“. Am Ende allerdings, ohne akute Gefahren festzustellen.
In den Bad Berleburger Anlagen wird die Belastung mit Legionellen regelmäßig überprüft. Und die Ergebnisse zeigten, so die Stadt, dass alle Anlagen „im unteren Drittel des Überwachungsbereichs befinden, also gute Werte aufweisen“. In Erndtebrück „wird das eingeleitete Abwasser nicht auf Antibiotika-resistente Keime hin untersucht“.
Mögliche Optimierungen
Technisch könnten die Anlagen „mit einer vierten Reinigungsstufe nachgerüstet werden“, so die Stadt. Dabei seien „verschiedene Verfahren“ anwendbar, „wie zum Beispiel die UV-Bestrahlung des Wassers“. Allerdings biete keines „eine hundertprozentige Problemlösung“.
Eine nachgerüstete zusätzliche Klärstufe allein, wie das Umweltbundesamt sie nach dem Befund in norddeutschen Gewässern fordert, hält man in Wallau für nicht sinnvoll – eher schon eine betriebsinterne Anlage für eine Klinik, die mit solchen Keimen zu kämpfen habe.
In Erndtebrück sind „keine Maßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt geplant, weil der Altkreis bisher nicht akut betroffen ist“.
Problematische Einleiter
Die Kläranlagen Bad Berleburg reinigen nach Angaben der Stadt „fast ausschließlich häusliches Abwasser“. Als Problem-Einleiter würden dagegen Versuchslabore gelten. Zur Kontrolle führen die Kläranlagen ein sogenanntes Indirekteinleiter-Kataster.
Beim Abwasserverband in Wallau sieht man das Übel mit den resistenten Keimen im intensiven Einsatz von Antibiotika etwa in der Massentier-Haltung, aber auch von Gülle auf den Ackerflächen. Beides sei jedoch im hessischen Hinterland zumindest nicht das große Risiko für eine Kanalisation im Alltagsbetrieb, meint Geschäftsführer Gernot Wege.
Was die Belastung der Gewässer angehe, so die Gemeinde Erndtebrück, unterscheide sich die Intensität der Landwirtschaft mit Klärschlamm- und Gülle-Ausbringung zur Düngung in Norddeutschland „grundsätzlich von den hiesigen Verhältnissen, so dass der Umgang mit heimischen Wasser-Vorkommen nach wie vor als unbedenklich angesehen wird“.